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Königsklingen (First Law - Band 3)

Königsklingen (First Law - Band 3)

Titel: Königsklingen (First Law - Band 3) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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Dinge, die wir dir sagen müssen, Ferro ...« »... Geheimnisse ...«
    »Was können wir dir geben?«
    »Wir wissen es ... alles.«
    »Du musst uns nur hineinlassen ...«
    So viele Stimmen. Sie hörte Aruf unter ihnen, ihren alten Lehrer. Sie hörte Susman, den Sklavenhalter. Sie hörte ihre Mutter und ihren Vater. Sie hörte Yulwei und Prinz Uthman. Hunderte von Stimmen. Tausende. Stimmen, die sie kannte und vergessen hatte. Stimmen der Toten und Stimmen der Lebenden. Rufe, Gemurmel, Schreie. Flüstern, direkt in ihr Ohr. Noch näher. Näher als ihre eigenen Gedanken.
    »Du willst Rache?«
    »Wir können dir Rache verschaffen.«
    »Rache, wie du sie dir nie erträumt hast.«
    »Alles, was du willst. Alles, was du brauchst.«
    »Du musst uns nur hineinlassen ...«
    »Diese Leere in dir?«
    »Wir sind das, was dir fehlt!«
    Die Metallringe waren nun weiß überfroren. Ferro kniete am Ende eines schwindelerregenden Tunnels, dessen Wände aus einer dahineilenden, brüllenden, wütenden Materie bestanden, voller Schatten, und sein Ende lag weit hinter dem dunklen Himmel. Das Lachen des Ersten der Magi hallte schwach in ihren Ohren. Die Luft summte vor Macht, verdreht, schimmernd, verschwommen.
    »Du musst nichts tun.«
    »Bayaz.«
    »Er wird es tun.«
    »Narr!«
    »Lügner!«
    »Lass uns herein ...«
    »Er kann es nicht verstehen.«
    »Er benutzt dich!«
    »Aber nicht mehr lange.«
    »Die Tore stehen unter Spannung.«
    »Lass uns herein ...«
    Falls Bayaz die Stimmen hörte, zeigte er es nicht. Ausgehend von seinen Füßen liefen Risse durch das bebende Pflaster, breiteten sich weiter aus, und Splitter flogen in wirbelnden Spiralen um ihn herum auf. Die Eisenringe begannen sich zu verschieben und aufzubäumen. Mit dem Knirschen gequälten Metalls drehten sie sich aus den brechenden Steinen, und die hellen Kanten glänzten.
    »Die Siegel brechen.«
    »Elf Siegel.«
    »Und noch einmal elf Siegel rückwärts.«
    »Die Tore öffnen sich.«
    »Ja«, ertönten die Stimmen im Chor.
    Die Schatten krochen näher an sie heran. Ferro atmete in kurzen, heftigen Stößen, ihre Zähne klapperten, ihre Glieder zitterten, und die Kälte lag direkt auf ihrem Herzen. Sie kniete an einem Abgrund, bodenlos, endlos, voller Schatten, voller Stimmen.
    »Schon bald werden wir bei dir sein.«
    »Schon bald.«
    »Unsere Zeit ist gekommen.«
    »Beide Seiten, einst getrennt, nun wieder vereint.« »So, wie sie sein sollten.«
    »Bevor Euz sein Erstes Gebot sprach.«
    »Lass uns herein ...«
    Sie musste den Samen nur noch ein bisschen länger festhalten. Dann würden die Stimmen dafür sorgen, dass sie ihre Rache nehmen konnte. Bayaz war ein Lügner, das hatte sie von Anfang an gewusst. Sie schuldete ihm gar nichts. Ihre Augenlider flatterten, schlossen sich, ihr Mund stand offen. Das Tosen des Windes wurde schwächer, bis sie nur noch die Stimmen hören konnte.
    Flüsternd, beruhigend, rechtschaffen.
    »Wir werden die Welt einnehmen und in Ordnung bringen.«
    »Zusammen.«
    »Lass uns herein ...«
    »Du wirst uns helfen.«
    »Du wirst uns befreien.«
    »Du kannst uns vertrauen.«
    »Vertraue uns ...«
    Vertrauen? Das war ein Wort, das nur Lügner gebrauchten. Ferro erinnerte sich an die Zerstörung von Aulcus. An die hohlen Ruinen, das verödete Land. Die Geschöpfe der Anderen Seite sind aus Lügen gemacht. Besser, sie behielt diese Leere in sich, als sie mit so etwas zu füllen. Sie klemmte sich die Zunge zwischen die Zähne und biss heftig darauf, bis sie spürte, dass sich ihr Mund mit salzigem Blut füllte. Dann holte sie Luft und zwang sich, die Augen zu öffnen.
    »Vertraue uns ...«
    »Lass uns herein!«
    Sie sah die Kiste des Schöpfers, ihren bebenden, verschwommenen Umriss. Langsam beugte sie sich darüber und tastete sie mit ihren tauben Fingerspitzen ab, während die Luft um sie herum toste. Sie würde niemandes Sklavin sein. Weder die von Bayaz noch die der Geheimnisverräter. Sie würde ihren eigenen Weg finden. Einen dunklen vielleicht, aber ihren eigenen.
    Der Deckel schwang auf.
    »Nein!« Die Stimmen zischten alle zusammen in ihr Ohr.
    »Nein!«
    Ferro biss die blutigen Zähne zusammen und knurrte vor Wut, als sie ihre Finger zwang, sich zu lockern. Die Welt war eine schmerzende, schreiende, formlose Dunkelheit. Allmählich, ganz allmählich öffnete sich ihre tote Hand. Hier war ihre Rache. Rache an den Lügnern, den Dieben und an jenen, die andere ausnutzten. Die Erde bebte, erzitterte, brach, so dünn und zerbrechlich wie eine

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