Königsklingen (First Law - Band 3)
Staub schlucken.
Noch unangenehmer wurde der Ritt dadurch, dass Bayaz fest entschlossen war, weiter über jene Themen zu schwadronieren, mit denen er Jezal bereits den ganzen Weg bis zum Ende der Welt und wieder zurück gelangweilt hatte.
»... für einen König ist es von entscheidender Wichtigkeit, dass seine Untertanen eine gute Meinung von ihm haben. Und das ist gar nicht so schwer zu erreichen. Die niederen Stände haben nur kleine Ziele und sind mit kleinen Geschenken zufrieden. Sie brauchen keine faire Behandlung. Sie müssen nur das Gefühl haben, sie bekämen sie ...«
Jezal stellte nach einer Weile fest, dass er das Dröhnen der Stimme des Alten tatsächlich überhören konnte, ganz ähnlich, wie man beispielsweise das Kläffen eines alten Hundes irgendwann nicht mehr wahrnimmt, wenn er die ganze Zeit über bellt. Er sackte ein wenig im Sattel zusammen und ließ die Gedanken schweifen. Und wohin schweiften sie wohl, wenn nicht zu Ardee.
Er hatte sich in eine ganz schöne Zwickmühle hineinmanövriert. Draußen auf der Ebene hatte alles so einfach ausgesehen. Nach Hause fahren, sie heiraten und bis ans Lebensende glücklich sein. Jetzt, da er wieder in Adua im Kreise der Mächtigen war und seine alten Gewohnheiten aufgenommen hatte, schien das Leben mit jedem Tag komplizierter zu werden. Die Tatsache, dass seinem Ruf und seinen Aussichten erheblicher Schaden entstehen könnte, war nicht so einfach vom Tisch zu wischen. Er war Oberst der Königstreuen, und das bedeutete, dass er bestimmten Erwartungen entsprechen musste.
»... Harod der Große hatte stets Respekt vor dem gemeinen Mann. Mehr als einmal war dies das Geheimnis hinter seinen Siegen über seine Weggefährten ...«
Auch war Ardee im wahren Leben wesentlich komplizierter, als sie es in seiner Erinnerung gewesen war. Zu neun Teilen war sie schlagfertig, klug, furchtlos und ungemein anziehend. Zu einem Teil war sie eine gehässige, zerstörerische Trinkerin. Jeder Augenblick an ihrer Seite war reinstes Glücksspiel, und vielleicht war es genau dieses Gefühl von Gefahr, das die Funken zum Sprühen brachte, wenn sie sich berührten, das seine Haut kribbeln und seinen Mund trocken werden ließ ... seine Haut kribbelte auch jetzt, wenn er nur daran dachte. Nie zuvor hatte er so für eine Frau empfunden, noch nie. Das war ganz sicher Liebe. Es musste Liebe sein. Aber war Liebe auch genug? Wie lange würde sie halten? Die Ehe war schließlich für die Ewigkeit, und die Ewigkeit war eine ziemlich lange Zeit.
Ihm wäre es am liebsten gewesen, wenn sich ihre derzeitige nicht ganz so heimliche Romanze endlos so hätte weiterführen lassen, aber diese Möglichkeit hatte ihm der verdammte Glokta mit einem Tritt seines verkrüppelten Fußes zunichte gemacht. Ambosse, Säcke und Kanäle. Jezal erinnerte sich noch gut daran, wie dieses weiße Ungeheuer einem Gefangenen auf offener Straße einen Sack über den Kopf gezogen hatte, und er erschauerte bei dem Gedanken. Aber er musste zugeben, dass der Krüppel recht hatte. Jezals Besuche waren nicht gut für den Ruf der jungen Frau. Man sollte andere so behandeln, wie man selbst behandelt werden wollte, dachte er, ganz, wie Neunfinger einmal zu ihm gesagt hatte. Aber dieser Grundsatz war verdammt noch mal wirklich höchst lästig.
»... hören Sie überhaupt zu, mein Junge?«
»Was? Äh ... ja, natürlich. Harod der Große und so weiter. Der große Respekt, den er für das gemeine Volk hatte.«
»Den er scheinbar hatte«, knurrte Bayaz. »Und er wusste auch, wie er eine Lektion lernen musste.«
Sie näherten sich nun Adua, und die Felder wichen eng beieinander stehenden Hütten, hastig zusammengezimmerten Unterkünften, billigen Gasthöfen und noch billigeren Bordellen, die sich vor den Toren entlang der Straße angesiedelt hatten, beinahe wie eine eigene Stadt. Sie reichten bis hin zum langen Schatten des Kasamirwalls, der äußersten Verteidigungslinie Aduas. Ein schlecht gelaunter Wachposten stand auf jeder Seite des hohen Torbogens, und die Tore selbst, die mit der Goldenen Sonne der Union verziert waren, standen offen. Sie ritten kurz durch den dunklen Gang und kamen wieder ins Licht. Jezal blinzelte.
Eine nicht unbeträchtliche Zahl von Menschen hatte sich in dem gepflasterten Bereich dahinter versammelt und drängte von beiden Seiten zur Straße; Soldaten der Stadtwache hielten sie zurück. Die Leute brachen in fröhliche Beifallsrufe aus, als sie sahen, dass Jezal durch das Tor ritt. Er fragte sich
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