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Körper-Haft (German Edition)

Körper-Haft (German Edition)

Titel: Körper-Haft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Romey
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Anweisungen bereits befolgt hatte. Mein persönlicher Gott nickte wissend und zufrieden. Der Schalk sprühte in seinen klaren blauen Augen.
    »… und dann machst Du die Augen auf!«
    Ich tat wie mir geheißen und erschrak bis ins Mark, die Haare stellten sich auf und ein kalter Schauer lief mir über den Rücken. Ich kniete über meinem eigenen Ich, das in John Mc Lays Wunderbett lag und mich ebenfalls erschrocken anstarrte. Gleichzeitig sah ich mein schemenhaftes Ebenbild über mir knien. Meine beiden Ich’s schrien auf, und das über mir kniende Ich plumpste geradezu wieder in meinen Körper hinein.
    Mein Herz raste und eine Stimme in meinem Kopf sagte: »Na also, so schwer war’s doch gar nicht, oder?«
    Der Alarm meines Vitalometers ging an, kurz darauf stürzten die beiden Pfleger Paul und Richard herein. Dieses Mal spritzten Sie kein Beruhigungsmittel, sondern schalteten nur den Alarm ab. » Nr. 5 , äh, Herr Schirmer , Sie haben nur schlecht geträumt”, sagte Paul.
    »Wir geben Ihnen auf Anweisung von Herrn Doktor Gregor kein Beruhigungsmittel mehr. Er sagt, sie würden sich sicherlich nach ein paar Minuten selbst wieder beruhigen. Wir bleiben noch so lange da, bis sich Ihr Puls beruhigt hat. Ansonsten sind alle ihre Werte ok. Sie brauchen sich also keine Sorgen machen.«
    Die beiden Nachtpfleger waren echt ok. Ich versuchte meinen Atem zu beruhigen und meinen Puls wieder in normale Bahnen zu lenken.
    »Wow, das ging ja schnell«, wunderte sich Richard. »Also dann, wir müssen wieder los!«, fügte er hinzu und tätschelte mir den Arm. »Schlafen Sie gut und träumen Sie was Schönes!«

Funktelefon
    Er hatte ja keine Ahnung, wie gerne ich etwas Schönes träumen würde. Ich zweifelte immer mehr an mir selbst. Drehte ich jetzt langsam aber sicher durch? War das der beginnende Wahnsinn? Erst ein persönlicher Gott in Latzhosen, der mir immer wieder in meinen Träumen erschien und jetzt löste ich mich auch noch wie ein Abziehbild von meinem Körper ab! Es war gerade mal ein Jahr ’rum und ich befand mich auf dem besten Weg in die Klapse.
    Ich wagte es nicht, meine Augen zu schließen, denn was würde sein, wenn ich sie danach wieder aufmachte? Was, wenn meine Augenlieder wie ein Schalter waren? Augen zu – alles gut , Augen auf – ich war verrückt und schwebte über meinem Körper. Die Augen, der Spiegel der Seele! Aber was, wenn dieser Spiegel einen Riss bekam? Welche Seite war echt und welche falsch? Welche Seite war gut und welche böse? Und spielte das überhaupt eine Rolle? Wenn man beides im Kreise von Yin und Yang sah, konnte das eine ohne das andere nicht bestehen. Aber wenn das Gute ohne das Böse nicht existierte, dann enthielt das Böse das Gute bereits. Und umgekehrt natürlich ebenfalls. Oder …
    Ich realisierte, dass es allerhöchste Eisenbahn war, mein Gedankenkarussell zu stoppen, aber ich kam nicht gegen die Fliehkräfte meiner emotionalen Verwirrung an.
    War ich jetzt wirklich verrückt oder war das nur der posttraumatische Stress? Ich stand schon wieder vor dem Dilemma, zwischen Realität und Fiktion unterscheiden zu müssen. Waren vielleicht beide Alternativen einfach nur eine andere Daseinsform des Lebens?
    Die letztere Vorstellung machte es auch nicht gerade einfacher, denn wenn ich sie akzeptieren würde, käme das aus wissenschaftlicher Sicht dem Eingeständnis nahe, wahnsinnig zu sein. Aus der Sicht eines Bettlägerigen, der sonst keine absehbaren Alternativen hat, war die Idee zweifellos verlockend – versprach sie doch Abwechslung in der Monotonie des Alltags.
    Ich beschloss einen Versuch zu starten. Angenommen ich war verrückt … dann dürfte es kein Problem sein, mich noch einmal von meinem Körper zu lösen. Wenn ich aber noch halbwegs alle Tassen im Schrank hatte … dann würde mir das nicht gelingen und das Erlebnis von vorhin war als ein Traum meiner überspannten Phantasie enttarnt.
    Sollte ich das wirklich tun? Ich atmete tief ein und versuchte mich in Gedanken umzudrehen. Ich hatte nicht den Eindruck, dass etwas passierte. Also versuchte ich es wieder und wieder, ohne jedoch die Augen zu öffnen. Ich versucht es nochmals und öffnete dann die Augen.
    Ich starrte an die Decke. »Uff, ich bin normal! – Alles war doch nur ein böser Traum!« Dann aber regte sich ein kleines Männchen in meinem Hirn, dem die meisten Menschen den Namen »Zweifel« gegeben hatten. Und »Zweifel« startete seine Fragen immer mit: »Was aber, wenn …« Und das war dieses Mal nicht

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