Koestlbachers erster Fall

Gerichtsmedizinischen, die haben nämlich mit einem fachmännischen
Blick schnell erkannt, dass sie sich keine langwierigen Gedanken mehr darüber
machen müssen, wie die Leiche ihr Bein verloren hat. Das lange Liegen im Wasser
hat alles zu Beginn etwas verschleiert, weil es das ursprüngliche Aussehen
des Körpers schon gewaltig verändert hatte. Da kannst du quasi vorher schlank
gewesen sein, aber jetzt, mit all den Gasen in dir, da bist du aufgequollen wie
ein Reiskorn nach dem Kochen. Drum war zu allem Anfang auch nicht gleich
klar, was mit dem Bein los war. Inzwischen stand aber eindeutig fest, dass die
Leiche das Bein zu Lebzeiten schon vor Jahren verloren haben muss. Unfall
oder Knochenkrebs, das kann man heute nicht mehr mit Sicherheit
sagen. Auf alle Fälle OP in einer Fachklinik!
    Wegen der in beiden Mordfällen
gleichartigen Einstiche zwischen den Rippen, war sich der Köstlbacher nun fast
sicher, dass es sich um den selben Mörder handeln muss. Nur warum die
Wasserleiche nackt war, dafür hatte der Köstlbacher noch keine Erklärung.

Der
Kreuzhammer
    Kapitel 5

     
    Bei dem 10. Geburtstag der Monika,
da hat der Kreuzhammer die Magda Steingeister nicht zum letzten Mal
gesehen, weil wegen des Internats in Hessen, wo er für die Magda einen Kontakt
herstellen wollte, da war es schon noch ein paar Mal nötig, sich mit der Magda
an einen Tisch zu setzen. Das hat auch der Mann von der Magda, der Peter
Steingeister, so gesehen. Und weil das ›sich
an einen Tisch zusammensetzen‹ so   eine Metapher ist, die eigentlich nur zum Ausdruck bringen
will, dass eine Art Besprechung stattfindet, deshalb haben die beiden das mit
dem Zusammensetzen und dem Tisch auch nicht immer so wörtlich genommen.
    Am Anfang, da ist die Magda ja
noch ein paar Mal zum Kreuzhammer in seine Sprechstunde gegangen, weil Anliegen
ja irgendwie schon dienstlich. Aber bald hat sich herausgestellt, dass der
Kreuzhammer immer wieder die einen oder anderen wichtigen Unterlagen, die sie
beide wegen der Moni und dem Internat noch durchsehen wollten, bei sich zu
Hause in seiner Wohnung liegen gelassen hatte.
    Ich muss schon sagen, der
Kreuzhammer war auch oft nicht so richtig bei der Sache und trotz seiner damals
erst 32 Jahre schon recht vergesslich. Und da brauchst du jetzt gar nicht so
hämisch grinsen, weil du den Kreuzhammer ja gar nicht kennst, zumindest nicht
so, wie er damals gewesen ist. Der hatte seinen Kopf dermaßen voll mit seinem
Schulkram, dass er immer noch in einer Junggesellenbude hauste und bisher nicht
einmal Zeit für eine Freundin gefunden hatte, geschweige denn für eine Frau.
Weil der Kreuzhammer war ehrgeizig! Quasi karrieregeil! Die einzige Art
Geilheit, die ganz von ihm Besitz ergriffen hatte. Zumindest bis ihm die Magda
gezeigt hat, dass das Leben nicht nur aus Karriere besteht.
    Der Kreuzhammer wollte hoch
hinaus: Schulleiter, Seminarleiter und irgendwann auch Schulrat,
vielleicht sogar Posten bei der Regierung! Da musst du schon was dafür
tun, dass du so weit kommst. Nur jeden Tag deinen Unterricht halten, auch wenn
du das perfekt machst, das kannst du vergessen. Ein paar Fachbücher
schreiben oder zumindest dich an so einer Autorengemeinschaft beteiligen, die ein
pädagogisches Fachbuch herausgeben will, das ist so eine Extraarbeit,
die du unbedingt bringen musst. Und dann: Pflicht! Auf 1000 Fortbildungen
rennen, auch wenn sie noch so blöd und inhaltslos sind. Bekommst Scheine dafür!
Ohne Scheine geht gar nichts! Die nächste Stufe ist dann, dass du dir selber
Themen ausdenkst und Fortbildungen dazu anbietest. Wenn dir keine Themen
einfallen, dann kannst du dir von deiner vorgesetzten Behörde auch welche geben
lassen. Müssen auch nicht sinnvoller sein als die, denen du Dank viel Kaffee
ohne einschlafen beigewohnt hast. Weil die Gefahr des Einschlafens
ist fast so groß, wie die am Abend vor dem Fernseher.
    Aber so funktioniert die
berufliche Laufbahn eines Beamten nun mal. Aktionismus ist angesagt!
Angeblich zielorientiert. Wenn das Ziel die Karriere und nicht eine
erfolgreiche Arbeit ist, dann stimmt das sogar.
    Das ist doch auf dem Kommissariat
vom Köstlbacher auch nicht viel anders. Wer es da zu was bringen will, der muss
den anderen erst einmal beweisen, dass sie bisher alles falsch gemacht
haben und er es besser weiß. Und weil man mit diesen Besserwissern auf
Dauer nicht zusammenarbeiten kann, werden sie befördert. Quasi Unruheherde im
Personal beseitigen.
    Und mit dem Kreuzhammer, da war
das eben auch