Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Kohärenz 01 - Black*Out

Titel: Kohärenz 01 - Black*Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
Vom Netzwerk:
vergessen konnte. Schließlich bekam sie einen seiner Freunde an den Apparat, der erzählte, Kyle sei weggefahren, niemand wisse, wohin.
    Was vermutlich hieß: zu Dad.
    Kyle war zweiundzwanzig und zu Hause ausgezogen, als er aufs College gegangen war. Heute studierte er etwas, das mit Umweltschutz zu tun hatte und ihn nicht sonderlich zu begeistern schien; jedenfalls verbrachte er die meiste Zeit als Hilfssanitäter beim Roten Kreuz. Auch fast alle seine Freunde hatte er dort gefunden; sie waren regelmäßig bei Konzerten, Sportveranstaltungen und dergleichen im Einsatz.
    Anders als Serenity hatte Kyle einige Jahre, nachdem Mom mit ihnen fortgezogen war, wieder den Kontakt zu Dad gesucht. Er hatte ihn ab und zu besucht und die Sommerferien bei ihm und seinen Leuten verbracht.
    Serenity hatte es genügt, dass Dad zu Besuch gekommen war. War es nicht normal, dass nach einer Trennung die Tochter zur Mutter hielt und der Sohn zum Vater? Erst später begriff sie, dass sie Angst davor gehabt hatte, es könne zu sehr wehtun, das alte Haus wiederzusehen, den Wald, den See … das ganze Leben, das sie verloren hatte.
    Und heute? Serenity hatte ihren Vater seit fast einem Jahr nicht mehr gesehen. Und nach dem, was geschehen war, hatte sie fast Angst, ihm zu begegnen; Angst, die guten Erinnerungen einzubüßen, die sie mit ihrem Vater verband.
    So abrupt, wie sie angefangen hatte, endete die Anschlagsserie auch wieder. Der Name Jeremiah Jones verschwand von den Titelseiten. Serenity hörte auf, nachts zu träumen, ihr Vater ziehe mit schwarzer Skimaske und schweren Waffen durch ein unbekanntes Land.
    »Das sieht sicher schlimmer aus, als es ist«, meinte Mom, als sie ihr von ihrer verpatzten Arbeit erzählte und was sie aus ihrem Notenschnitt machen würde. »Bestimmt findet sich eine andere Möglichkeit, an ein Stipendium zu kommen.«
    Mom konnte gnadenlos optimistisch sein; meistens dann, wenn man es am wenigsten ertrug.
    Eine andere Möglichkeit? Serenity brütete über ihrer Notenliste, rechnete nach und kam immer wieder auf dasselbe Ergebnis: Um den notwendigen Durchschnitt zu erreichen, musste sie jede Menge A in anderen Fächern schaffen.
    In Fächern, in denen sie noch nie im Leben ein A geschafft hatte.
    Vielleicht, überlegte sie, war das zu schaffen, wenn sie einfach lernte wie noch nie. Büffelte wie wahnsinnig. In jeder freien Minute Stoff in ihr Hirn prügelte.
    War das ein verzweifelter Plan? Aber hallo. Der Springbreak stand bevor, zwei Wochen Frühlingsferien, und sie dachte allen Ernstes darüber nach, in dieser Zeit zu lernen!
    Und draußen lockte die Sonne.
    Wenn sie schon dabei war, irrwitzige Pläne zu schmieden, dann konnte sie wenigstens versuchen, beides miteinander zu kombinieren!
    Also schnappte sich Serenity ihre Badetasche, warf das Physikbuch hinein und machte sich auf den Weg zum Strand.
    Aber das erwies sich als blöde Idee. Wenn man mehr auszog als die Jeans, fror man in dem kühlen Nordwestwind. Wenn man das Shirt anließ, wusste man nicht, wovon man eher schläfrig werden sollte – von der Sonne, dem sanften Rauschen des Pazifiks oder dem Buch. So lag Serenity auf dem Bauch, blätterte lustlos in den Seiten und schaffte es nicht, sich auf irgendein Kapitel zu konzentrieren.
    Bis ein Schatten auf sie fiel.
    Sie sah auf. Ein blasser Junge hatte sich vor ihrer Matte aufgebaut. Er mochte ungefähr so alt sein wie sie selber.
    »Du stehst mir in der Sonne«, sagte sie unfreundlich.
    Okay, er konnte nicht wissen, dass er den denkbar ungünstigsten Zeitpunkt erwischt hatte, sie anzubaggern. Aber warum sollte nur sie Pech haben?
    Er ließ sich nicht vertreiben. Er setzte sich einfach vor sie in den Sand und sagte: »Ich muss deinen Vater sprechen.«
    Serenity schnappte nach Luft. »Meinen Vater? Wieso das denn?«
    Der blasse Junge sah sie ausdruckslos an. »Weil ich ihm helfen kann. Und er mir.«

 
    14 | Serenity setzte sich ruckartig auf. »Helfen? Wieso willst du meinem Vater helfen? Und wie stellst du dir das überhaupt vor?«
    »Das muss ich ihm selber erklären.«
    Ein Spinner. Auch das noch. Sie blickte sich um. Das hatte sie nun davon, dass sie sich einen so abgeschiedenen Platz gesucht hatte. Um diese Zeit des Jahres war dieser Teil des Strandes oft menschenleer. Nur ein kleines Mädchen mit einem Hund war zu sehen und draußen in den Wellen die obligatorischen Surfer.
    Also musste sie selber zusehen, wie sie den Kerl wieder loswurde.
    Sie klappte ihr Buch zu und legte es beiseite. »Ich

Weitere Kostenlose Bücher