Kohärenz 01 - Black*Out
wieder.«
Mom öffnete den Kühlschrank und holte ein paar Packungen heraus. »Meistens kommt der Strom nach zehn Minuten wieder. Wenn nicht, mach ich uns einen Salat und Sandwiches.«
Der Garten war nicht so groß, dass man viel Auswahl gehabt hätte. An der Hecke zum Nachbargrundstück standen ein paar Plastikstühle und ein Tisch mit einem Sonnenschirm.
»Und du meinst, hier werden wir nicht belauscht?«, fragte Kyle skeptisch, während er mit der Hand Blätter und Staub von seinem Stuhl wischte. Er musterte die Hecke. »Da könnte einer drinsitzen. Oder dahinter.«
»Du meinst Mr Simmons?«, sagte Serenity amüsiert. »Der ist inzwischen bettlägerig. Selbst wenn ihn jemand in den Garten gekarrt hätte, würden wir ihn hören; er schnauft wie ein Walross.«
»Schon gut«, meinte Kyle und setzte sich. »Ich weiß eh nicht, wo Dad ist. Also werden sie es von mir auch nicht erfahren.«
Serenity stutzte. »Ich denke, du warst bei ihm.«
»Ja. Ich weiß, wo er war. Aber sie ziehen jetzt ständig weiter. Die Siedlung bei unserem alten Haus haben sie gleich nach den Nachrichten über den Bombenanschlag aufgegeben, gerade noch rechtzeitig. Alle, die das FBI auf der Fahndungsliste hat, sind bei Dad geblieben, die anderen hat er fortgeschickt.« Kyle hob die Schultern. »Sie haben Zelte und Wohnwagen organisiert und ziehen jetzt herum, von einem Versteck ins nächste, alle paar Tage woandershin.«
Irgendwie beruhigte es Serenity, das zu hören. »Wie geht es Dad?«
Kyle strich sich eine dicke Strähne aus der Stirn. »Tja, wie soll ich sagen …? Er versucht, sich nichts anmerken zu lassen, aber tatsächlich ist er stinkwütend, dass man ihm diese Anschläge in die Schuhe schieben will. Vor allem, weil er keine Ahnung hat, wieso eigentlich.«
»Und was will er dagegen machen?«
»Das ist die große Preisfrage. Bis jetzt waren sie damit beschäftigt, dieses Leben im Untergrund auf die Reihe zu kriegen – sich alle möglichen Geheimhaltungsmaßnahmen auszudenken, Sicherheitsvorkehrungen und so weiter. Aber niemand weiß, wie lange das noch gut geht. Dad befürchtet, dass sie anfangen werden, per Satellit nach ihnen zu suchen. Dagegen kann man schwer etwas machen.«
»Es reicht also nicht, wenn ein Hacker sich in die Computer beim FBI einhacken und Dad aus der Fahndungsliste löschen würde, oder?«
Kyle musste lachen. »Nein, natürlich nicht. Wie kommst du auf die Idee?«
Das war endlich die Gelegenheit, ihm von Christopher zu erzählen, von ihrer Begegnung am Strand und seinem Angebot. Das mit den Kerlen im Auto ließ sie weg, dafür berichtete sie, was Christopher im Schulcomputer angerichtet hatte. »Ich hab keine Ahnung, was ich jetzt tun soll. Ich meine, das wird doch so aussehen, als hätte ich ihn dazu angestiftet, oder? Und ich kann mir nicht vorstellen, dass Mr Odgen nicht merkt, dass jemand an seinen Daten herumgepfuscht hat …« Sie musterte Kyle, dessen Blick glasig geworden war. »Hörst du mir überhaupt zu?«
»Sag das noch mal«, bat Kyle. »Wie hieß der Knabe?«
»Christopher«, sagte Serenity. »Christopher Kidd. Glaube ich.«
Kyle musterte sie mit einem seltsamen Gesichtsausdruck. So, als wisse er nicht, ob er seinen Ohren trauen konnte. »Sagt dir der Name nichts?«
Serenity schüttelte den Kopf. »Nein. Wieso?«
»Weil ein gewisser Christopher Kidd bei den Leuten in Silicon Valley als bester Hacker der Welt gilt, als Mozart der Bits und Bytes. Muss ein echtes Ausnahmetalent sein, denn eigentlich haben sie es in der Computerszene nicht so damit, andere zu loben.«
Serenity blinzelte. »Du meinst, er hat mir einen falschen Namen genannt? Um mich zu beeindrucken?«
»Nicht unbedingt. Er könnte es auch tatsächlich gewesen sein.«
»Nee!« Wieder schüttelte Serenity den Kopf. »Ich hab doch gesagt, der war in meinem Alter, höchstens ein Jahr älter.«
Kyle fuhr sich mit den Fingern durch das zusammengebundene Haar. »Das würde passen. Der Christopher Kidd, den ich meine, ist so jung.« Er musterte sie nachdenklich. »Du warst damals ungefähr dreizehn, aber du musst dich doch erinnern. Die Medien nannten ihn seinerzeit nur Computer Kid.«
Serenity starrte ihn an. Jetzt klingelte es endlich bei ihr. Aber nein … das konnte doch unmöglich sein …
»Computer Kid?«, wiederholte sie verdutzt. »Du meinst doch nicht den Computer Kid?«
Kyle nickte. »Na doch. Der, der uns mal eine Woche lang alle zu Milliardären gemacht hat.«
19 | Sie erinnerte sich. Wer erinnerte sich
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