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Kohärenz 02 - Hide*Out

Kohärenz 02 - Hide*Out

Titel: Kohärenz 02 - Hide*Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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etwas über eventuelle Polizeieinsätze zu erfahren. »Ist okay, oder?«, fragte er, an Christopher gewandt.
    Christopher nickte nur. Musik, warum nicht? Ob er die Gespräche der anderen hörte oder das Geräusch des fahrenden Autos oder Musik, was machte das schon für einen Unterschied?
    Oh – und was für einen Unterschied das machte! Musik war etwas, das einem reinfahren konnte. Musik konnte Gefühle aufwühlen. Musik konnte einen packen, aufregen, nerven. Das hatte Christopher bloß noch nie zuvor so deutlich, so körperlich gespürt wie jetzt.
    So fuhren sie und fuhren und die Musik dudelte und dudelte, fraß sich in Christophers Hirnwindungen, ätzte sich in seine Gedanken, trieb ihn langsam, aber sicher in den Wahnsinn. Doch er war nicht mehr imstande, etwas zu sagen, konnte nur noch dasitzen, die Stirn gegen das kühle Glas des Seitenfensters gelehnt, es über sich ergehen lassen und einfach nur hoffen, dass er lange genug durchhielt.

34 | Jemand musste nach Patricia sehen. Das hatte sich Neal Lundkvist den ganzen Weg über immer wieder gesagt. Und es war ihm richtig vorgekommen, der richtige Anlass. Sie hatten das Camp aufgelöst, hatten sich in alle Himmelsrichtungen verstreut, um sich drei Tage später an einem bestimmten Punkt wieder zu treffen. Er musste die Zwischenzeit sowieso überbrücken, warum sollte er also nicht solange seine Tochter besuchen?
    Doch als er schließlich auf die Schotterpiste abbog, die zu Patricias Haus führte, musste er den Wagen an den Straßenrand lenken, den Motor abstellen und, die Arme über dem Lenkrad zusammengelegt, noch einmal gründlich nachdenken.
    Es dämmerte schon. Der Himmel über dem einsamen Tal war von gläsernem Dunkelblau, ein paar Sterne glänzten daran wie festgepinnt. Die Bäume hoben sich nur noch als schwarze Scherenschnitte ab.
    War das wirklich eine gute Idee? Was sollte er Patricia denn anbieten? Jeremiah hatte seine Exfrau ins Camp mitgenommen, um sie in Sicherheit zu bringen. Das konnte er mit Patricia nicht machen. Dass es gerade kein Camp gab, wäre nur vorübergehend ein Problem gewesen. Aber da war eben Eric, der an einer nicht unproblematischen Form von Diabetes litt. Neal Lundkvist ließ sich alles, was er über die Krankheitsgeschichte seines Enkels wusste, durch den Kopf gehen. Natürlich, er war Arzt und kein schlechter, in aller Bescheidenheit: Zweifellos hätte er sich genauso gut um Eric kümmern können wie der Arzt vor Ort.
    Das Problem waren die Medikamente. Sie waren verschreibungspflichtig und sie waren teuer. Zwei echte Hindernisse, wenn man auf der Flucht vor dem FBI in den Wäldern lebte und selber kaum noch Geld hatte.
    Was also erhoffte er sich von seinem Besuch hier? Sich zu vergewissern, dass es Patricia gut ging, war nur ein vorgeschobener Grund. In Wirklichkeit trieb ihn der verzweifelte Wunsch, das Zerwürfnis zwischen ihm und seiner Tochter zu überwinden. Sie war alles, was er noch an Familie hatte. Das musste sie doch verstehen!
    Aber warum sollte es ihm ausgerechnet jetzt gelingen, sich mit Patricia auszusöhnen? Er hatte es schon so oft vergeblich versucht. In den letzten Jahren hatte sie ihn manchmal schon mit Vorwürfen und Wehklagen überhäuft, ehe er zur Tür herein war, und einmal hatte es ihn so getroffen, dass er auf dem Absatz kehrtgemacht hatte und wütend wieder davongefahren war. Wieso sollte es ihm diesmal anders ergehen?
    Vielleicht, sagte er sich, weil diesmal er es war, der Hilfe brauchte. Er war auf der Flucht, und wenn ihm seine leibliche Tochter keinen Unterschlupf gewährte, dann würde er drei Nächte in seinem Wagen schlafen müssen.
    Vielleicht machte das einen Unterschied. Dr. Neal Lundkvist griff nach dem Zündschlüssel und ließ den Motor wieder an. Er würde es auf jeden Fall versuchen.
    Das Haus war ein anheimelnder Anblick, wenn man aus der anbrechenden Nacht darauf zufuhr. Aus dem Küchenfenster fiel Licht und unter dem Vordach über der Haustür leuchtete eine Lampe, die den Vorplatz in sanften Schimmer tauchte.
    Es war eine magische Stunde, hierher zu kommen. Man fühlte sich ganz der Welt entrückt. Aber dass sie so einsam leben konnte!
    Dass sie überhaupt so einsam lebte…
    Erinnerungen überwältigten ihn für einen Moment. Patricia war ein lebhaftes Kind gewesen, immer mit Freunden zusammen, immer fröhlich und ausgelassen. Kaum zu glauben, dass sie sich zu so einer verbitterten, verhärmten Frau entwickelt hatte. Wie war das nur gekommen?
    Lundkvist wusste es nicht. In seiner

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