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Kohärenz 03 - Time*Out

Titel: Kohärenz 03 - Time*Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Videofreak – schon immer gewesen. Ich kann stundenlang über Filme reden, wenn man mich lässt.«
    »Aber ist das nicht riskant?«, fragte Christopher. Serenity nickte unwillkürlich, weil ihr genau derselbe Gedanke gekommen war. »Ich meine – Filmaufnahmen! Das heißt, überall Kameras. Journalisten. Zuschauer. Hast du nicht Angst, dass man uns dort entdeckt?«
    Der PentaByte-Man schüttelte entschieden den Kopf. »Im Gegenteil, das ist die ideale Tarnung. Habt ihr eine Vorstellung davon, was los ist, wenn Filmleute über so einen Ort herfallen? Die stellen alles auf den Kopf. Vor allem, wenn ein historischer Film gedreht wird. Da muss der ganze Verkehr umgeleitet werden, zum Beispiel. Da wird jede Menge umgebaut. Zurzeit montieren sie die Straßenlaternen in der Hauptstraße ab, die Verkehrsschilder, die Leuchtreklamen der Geschäfte und so weiter – alle Dinge, die es früher nicht gegeben hat. Man sieht ständig Leute in historischen Kostümen herumlaufen ... ach, überhaupt ist alles voller Menschen. Die Filmtechniker und Schauspieler belagern die Bars und Cafés, alles geht drunter und drüber. Und jede Menge Schaulustige, die versuchen, an Autogramme zu kommen ... Ihr werdet sehen: Alle Aufmerksamkeit richtet sich auf die Dreharbeiten. Uns bemerkt kein Mensch!«
    Das klang einleuchtend, aber Serenity hätte gewettet, dass das in Wirklichkeit nicht der ausschlaggebende Grund gewesen war, sich diesen Ort auszusuchen. Guy war ein Filmfreak, und es interessierte ihn einfach. Das war der Grund.
    Sie starrte geradeaus, auf die Straße, die zwischen gelb blühenden Ginsterbüschen und seltsam verkrüppelten Bäumen dem Horizont entgegenstrebte. Ihr war auf einmal mulmig zumute. Sie hatten den PentaByte-Man gefunden, okay – aber er schien sich der Gefahr, in der sie schwebten, nicht wirklich bewusst zu sein.

64

    Dies war der erste Sommer ohne Nachhilfe, seit Brad zur Schule ging, und das war ungewohnt. Machte einen faul. Er hatte Tiffany seit Mittwoch nicht mehr gesehen – nicht, weil sie sich gestritten hätten oder so, sondern einfach, weil er sich nicht aufraffen konnte. Tiffany ging es ähnlich. Sie waren ja über den Lifehook in Kontakt, also war es irgendwie okay.
    Vielleicht war zu Hause auch nur gerade zu viel los. Die Sache mit den gestohlenen Unterlagen zog immer weitere Kreise. Dad kam jeden Abend entnervt nach Hause und berichtete von den neuesten Entwicklungen in dem Fall, von Verhören, Klageschriften und davon, dass die Gegenseite darauf beharrte, die Erfindung selber gemacht zu haben. Die Befragung der Praktikantin, die Dad und sein Partner im Verdacht hatten, hatte nichts erbracht. Die Polizei hielt das Mädchen für unschuldig. Brad glaubte das auch, obwohl er nicht hätte sagen können, wieso. Aber natürlich hütete er sich, das zu bekennen.
    Mutter wurde ebenfalls täglich nervöser. Inzwischen rief sie Dad fünfmal am Tag wegen irgendwelcher Belanglosigkeiten an und hielt ihn von der Arbeit ab. Sie hatte sämtliche Termine mit ihren Freundinnen und Bekannten abgesagt, den Bridgenachmittag, das Bowling, die Klubsitzung, alles. Stattdessen putzte sie den ganzen Tag, lüftete wie verrückt, räumte in den letzten Winkeln des Hauses auf und nervte Brad mit Fragen wie »Was ist eigentlich mit deinem College? Hast du die Bewerbung endlich abgeschickt?«.
    »Noch nicht«, musste Brad zugeben. Das schob er seit Wochen vor sich her. Tatsächlich steckten die Unterlagen sogar noch in dem Briefumschlag, in dem sie gekommen waren; er hatte die Formulare nicht einmal angeschaut.
    Er konnte sich einfach nicht aufraffen. Das College! Das war alles so weit weg. Es war Sommer, er war mit einem tollen Mädchen zusammen ...
    Das zu treffen er sich ebenfalls nicht aufraffen konnte.
    Am Freitag nach dem Mittagessen fragte seine Mutter wieder nach der Bewerbung, und als Brad erneut zugeben musste, sich noch nicht darum gekümmert zu haben, platzte ihr der Kragen. »Das darf ja wohl nicht wahr sein! Dann gehst du jetzt auf dein Zimmer und kommst erst wieder, wenn du diese verdammten Formulare ausgefüllt hast. Morgen geht dieser Brief raus, haben wir uns verstanden?«
    Wenn seine Mutter anfing, Schimpfwörter zu verwenden, war man gut beraten, jeden Widerstand einzustellen. Also stapfte Brad nach dem Essen gehorsam die Treppe hinauf in sein Zimmer, schloss die Tür hinter sich und ließ sich auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch plumpsen.
    Das Fenster stand offen, ein warmer Hauch zog herein. Draußen hörte

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