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Kohärenz 03 - Time*Out

Titel: Kohärenz 03 - Time*Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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dem draußen herrschenden Licht ausgeleuchtet wurden. Guy war deutlich zu erkennen.
    »Bingo«, sagte Christopher.
    Guy ächzte. »Unglaublich.«
    »Und jetzt?«, fragte Serenity.
    »Schauen wir uns die Bildschirme an«, sagte Christopher. »Ob wir etwas darauf erkennen.«
    Auf einem Monitor weit links, der weniger als eine Sekunde lang zu sehen war, wurden sie fündig. Genau ein einziges Bild davon war scharf genug, um den Bildschirminhalt lesen zu können. Abgebildet war ein Stück Programmcode, eine Routine, die so kurz war, dass sie komplett auf den Schirm passte.
    Die Überschrift lautete: CORE DISTRIBUTION LOOP
    Darunter stand: ** CONFIDENTIAL **
    Christopher starrte darauf, überflog den Programmtext.
    »Das muss es sein«, sagte er.
    »Bist du sicher?«
    »Ja.«
    »Und was bedeutet das?«, fragte Serenity.
    Christopher sog heftig Luft durch die Zähne ein. »Keine Ahnung.«

73

    »Machst du dir Sorgen wegen Dads Prozess?«, fragte seine Mutter.
    »Nein«, sagte Brad.
    Sie lächelte erleichtert. »Musst du auch nicht, weißt du? Diese Sache ... das wird im Sand verlaufen, da bin ich mir sicher. Jetzt machen sie großes Geschrei und schicken einander böse Briefe, aber das ist das, was sie immer tun; das ist ihr Beruf. Letzten Ende hackt ein Anwalt dem anderen kein Auge aus. Hab ich jedenfalls noch nie erlebt.«
    Brad nickte nur. Er machte sich keine Sorgen wegen Dads Prozess. Tatsächlich dachte er so gut wie nie daran.
    Er hatte ganz andere Dinge, um die er sich Sorgen machen konnte.
    »Ich wollte dir das nur sagen«, meinte seine Mutter. »Weil du in letzter Zeit so nachdenklich bist. So kenne ich dich gar nicht.«
    Nachdenklich? Wenn es das nur gewesen wäre! Tatsächlich hatte er immer mehr und immer längere Phasen, in denen er gar nichts dachte, an die er sich nachher nicht einmal mehr erinnern konnte.
    Tiffany war die Erste, der er das anvertraute, als er sie besuchte.
    »Ich frage mich, ob es vielleicht eine Krankheit ist«, gestand er, nachdem er ihr alles erzählt hatte. »Aber ich trau mich nicht, meinen Eltern was zu sagen.«
    Sie saßen in der verglasten Veranda, die von dem schweren, fast betäubenden Duft der Orchideen erfüllt war, die Tiffanys Mutter züchtete. Die Sonne stand am Himmel. Hinter einem offenen Fenster klapperte eine Tastatur: Das war Tiffanys großer Bruder, der an einer Studienarbeit schrieb.
    Tiffany starrte ins Leere. »Mir geht es genauso. Ich hab das Gefühl, ich löse mich auf. Verliere mich.« Sie seufzte schwer. »Ich glaube, dass es mit dem Lifehook zu tun hat.«
    »Meinst du? Daran hab ich auch schon gedacht. Ob ich ihn vielleicht nicht vertrage.«
    »Ich hab sogar schon überlegt, ihn wieder rausmachen zu lassen«, gestand sie.
    Brad war erleichtert, dass sie das gesagt hatte. Er hatte das ebenfalls erwogen, aber die Sorge, damit Tiffany zu verlieren, hatte ihn davor zurückschrecken lassen.
    »Und?«
    »Ich kann mich nicht entscheiden«, sagte sie. »Da gibt es so viele Gründe dafür und dagegen, ich komme zu keinem Ende.« Kläglich fügte sie hinzu: »Ich fühle mich wie gelähmt!«
    Brad nahm ihre Hand. Im nächsten Moment stand die Sonne ganz woanders und Tiffanys Mutter vor ihnen.
    »Hier sitzt ihr, still und brav«, stellte sie verwundert fest. »Ich hab mich vorhin, als ich nach Hause gekommen bin, schon gefragt, wieso es so ruhig ist... Geht's euch gut? Wollt ihr was zu trinken?«
    »Danke«, antworteten sie im Chor. »Es ist alles in Ordnung.«

Ernstfall

74

    Christopher fuhr auf, mit wild pochendem Herzen, saß keuchend da, schaute sich um. Dämmerlicht. Die Matratze. Die Schlafkabine über dem Fahrerhaus. Serenity, die schlief.
    Es war nur ein Traum gewesen. Nur ein Traum.
    Er fuhr sich mit beiden Händen durch das Gesicht, spürte sein Herz immer noch trommeln. Er war wieder bei seiner Großmutter im Atelier gewesen, in ihrem Wintergarten, diesem lichtdurchfluteten Dschungel aus Grünpflanzen. Sie hatte wieder gemalt, wieder diese riesigen Gemälde mit den Gittern, auf deren Kreuzungspunkten Gehirne saßen.
    Nur hatte er sich diesmal nicht geborgen gefühlt. Er war unruhig zwischen den Bildern umhergeirrt wie durch ein Labyrinth ...
    Christopher holte tief Luft. Nur ein Traum. Was für eine Erleichterung!
    Er war einem Geräusch nachgegangen, einem Stöhnen irgendwo hinten im Wintergarten. Bleib hier, hatte seine Großmutter gesagt. Schau dir meine Bilder an. Aber er folgte den Lauten, und als er einen großen Farnwedel zur Seite drückte, sah er

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