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Kohärenz 03 - Time*Out

Titel: Kohärenz 03 - Time*Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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kannst?«
    »Nein.«
    Sie schwiegen. Christopher starrte den Programmtext an, aber er konnte nicht wirklich darüber nachdenken. Jetzt, da Serenity neben ihm saß, bekam er diese Traumbilder einfach nicht aus dem Kopf, wie sie da auf dem Boden gelegen hatte, ganz nackt, Guy über ihr ...
    Blödsinn! Er atmete scharf ein, schüttelte den Kopf, um die Erinnerung zu vertreiben.
    »Weißt du, was?«, meinte Serenity. »Hier drinnen stinkt's morgens immer grässlich. Wir sollten alle Fenster aufreißen.«
    »Nachher.«
    Das schien ihr nicht zu gefallen. »Dann geh ich erst mal raus«, entschied sie und stand auf. »Ich brauch frische Luft.«
    Er sah ihr nach und wusste nicht, was er tun sollte. Es war nur ein Traum, mahnte er sich. Vielleicht half es, wenn er sich das oft genug in Erinnerung rief.
    Er hörte, wie Guy draußen etwas zu Serenity sagte. Er bekam nicht mit, was, aber Serenity lachte hell auf.
    Es schnitt ihm ins Herz.

75

    Wenn er sich nur hätte konzentrieren können! Wenn er nur imstande gewesen wäre nachzudenken! Christopher starrte auf den Bildschirm, starrte den Quellcode des Programms an, aber eigentlich sah er weder das eine noch das andere, weil der Tumult in seinem Inneren alles überlagerte.
    Konzentration! Das war doch immer seine große Stärke gewesen, verdammt noch mal!
    Okay. Da, dieser Datenbankzugriff, der da gemacht wurde – der war irgendwie seltsam. Sehr speziell. Die Art und Weise erinnerte ihn an etwas, das ihm etwas hätte sagen müssen. Es war zum Greifen nahe, doch er bekam es nicht zu fassen, kam einfach nicht drauf, was –
    Und wieder musste er aufspringen und nachsehen, was Serenity und der PentaByte-Man taten. Am Fenster hinter dem Spülbecken hing eine Gardine, die es ihm erlaubte, die beiden zu bespitzeln, ohne dass sie ihn bemerkten. Christopher kam sich erbärmlich dabei vor, aber er konnte einfach nicht anders.
    Nichts. Sie taten nichts. Seit dem Mittagessen saßen sie im Schatten des Wohnmobils und redeten. Guy rauchte seine affigen Zigarillos und erzählte Anekdoten von früheren Dreharbeiten, bei denen er als Komparse mitgewirkt hatte. Gab an, welche berühmten Schauspieler und Regisseure er auf diese Weise kennengelernt hatte. Mit wem er ein Bier getrunken hatte, wer eingebildet war und wer umgänglich und so weiter.
    »Lass uns einen Tag Pause machen«, hatte Guy heute Morgen gesagt. Aber wahrscheinlich hatte er einfach die Nase voll. Glaubte nicht mehr, dass ihre Suche was bringen würde. »Ein Tag Pause wird uns guttun.« Ja doch.
    Christopher setzte sich zurück an den Rechner, peinlich berührt, dass er sie schon wieder beobachtet hatte, anstatt über das Programm nachzudenken. Was diese Datenbank sollte. Das war doch die Frage.
    Er war einfach durcheinander. Wegen eines blöden Traums, das musste man sich mal vorstellen! Aber andererseits ...
    Er betrachtete seine Hände. Die Fingernägel. Die Tasten. Ein paar der Buchstaben waren abgewetzt. Das E zum Beispiel. Das I auch.
    Lohnte sich das? Die Liebe? Das war eine viel dringendere Frage. Wenn solche Ängste der Preis dafür waren. Als er noch allein gewesen war, okay, da war er allein gewesen. Hatte sich manchmal einsam gefühlt. Aber er hatte keine derartigen Ängste ausstehen müssen. Einsamkeit, das war ein leises, kühles Gefühl. Es brannte einem keine Löcher ins Herz. Man konnte sich daran gewöhnen, es war nicht mal schwer.
    Serenity kam herein. »Christopher«, sagte sie, nicht zum ersten Mal heute. »Du kannst doch nicht den ganzen Tag hier drinnen sitzen!«
    »Ist eine meiner leichtesten Übungen«, erwiderte er. Wieso? Wieso war er so abweisend? Wo er ihr am liebsten zu Füßen gefallen wäre und sie angefleht hätte, ihn nicht zu verlassen, niemals, nie.
    »Kommst du wenigstens weiter?«, fragte sie.
    Christopher holte tief Luft, sehr tief, wollte etwas ganz anderes sagen, etwas Beruhigendes, Zuversichtliches – stattdessen brach zischend und bebend etwas aus ihm heraus, das ihm im selben Moment, in dem er es aussprach, völlig idiotisch vorkam: »Musst du eigentlich die ganze Zeit mit ihm da draußen herumflirten?«
    Serenitys Blick wurde hart. »Sag mal, spinnst du jetzt?«
    »Die ganze Zeit kicherst du mit ihm herum, lachst über seine plumpen Anmachsprüche...« Es gab kein Halten mehr. Er wollte sich bremsen, aber er konnte es nicht.
    »Jetzt hör auf. Ich bin froh, dass endlich mal einer mit mir redet, weiter nichts.«
    »Es macht mich wahnsinnig.«
    Sie beugte sich zu ihm herunter.

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