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Kohärenz 03 - Time*Out

Titel: Kohärenz 03 - Time*Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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den Himmel erklomm, der inzwischen die Farbe dunkelblauen Glases angenommen hatte. In Richtung Norden. In Richtung England.
    »Das sind sie, oder?«, murmelte Guy.
    Serenity verfolgte den schimmernden Punkt, entließ ihn nicht aus ihrem Blick. Das konnte alles nicht wahr sein. Etwas wie eine Blase aus Schmerz stieg in ihr auf.
    »Ich sehe Christopher nie wieder«, stieß sie tonlos hervor. Sie wunderte sich noch, dass ihr das als Erstes einfiel, dann kamen die Tränen, kamen und kamen, hörten gar nicht mehr auf.
    »Hey«, sagte Guy nach einer Weile unbehaglich. »Lass gut sein. Ich kann das nicht haben.«
    »Du verstehst nicht«, schluchzte Serenity. »So ist Christopher: Wenn es nicht so läuft, wie er sich das vorstellt, dann geht er einfach und zieht sein Ding alleine durch.« Endlich hatte sie ein Taschentuch gefunden. »Nur deswegen sind wir doch hier!«
    Guy schüttelte unwillig den Kopf. »Das glaub ich nicht. Der kommt schon wieder.«
    »Und wenn nicht?« Auf einmal versiegten die Tränen doch. Als hätten sie rausgespült, was rausmusste, damit die Gedanken wieder Platz hatten. »Was soll ich denn jetzt machen?«
    Hinter ihnen hupte es. Guy fuhr das Wohnmobil ein Stück weiter vor an den Straßenrand, sodass der Wagen sie passieren konnte. »Wir folgen ihm«, erklärte er dann. »Ganz einfach.«
    »Ihm folgen? Wie denn?«
    Guy deutete auf den Punkt am Himmel, der inzwischen nur noch zu erahnen war. »Flugzeuge sind leicht zu verfolgen. Jeder Flug muss bei Eurocontrol angemeldet sein. Auf deren Website werden alle Informationen zu jedem Flug veröffentlicht. Die können wir uns ansehen, völlig legal zur Abwechslung. Außerdem wissen wir ja, wo Christopher hinwill – nach London, ins Emergent Building. Und wir wissen, wie man sich ins Londoner CCTV einhackt. Das sollte reichen, um ihn aufzuspüren.«
    »Und nach England? Wie kommen wir dorthin?«
    Guy grinste verschmitzt. »Mit dem Schiff. Da hat mich Marie draufgebracht – die Kleine mit den Plastikmöpsen, du erinnerst dich?«
    »Ja«, sagte Serenity säuerlich.
    »Also. Von Roscoff geht eine Fährverbindung nach Plymouth. Die Überfahrt dauert etwa fünf Stunden. Und Roscoff ist von hier nur ein Katzensprung.«

82

    Als das Flugzeug abhob, gab Christopher die Hoffnung auf. Die Upgrader hatten ihm bis jetzt keine Chance gelassen zu entkommen; sie würden ihm auch weiterhin keine lassen.
    Er lehnte sich zurück und schloss die Augen. Das Leder des Sitzes war weich und roch angenehm. Christopher lauschte dem Dröhnen der Triebwerke, spürte, wie die Kraft der beiden Strahlturbinen sie vorwärtstrieb, in den Himmel hinauf und der Kohärenz entgegen. All die Mühen, all die Kämpfe, all die Entbehrungen, die er auf sich genommen hatte: vergebens. Er würde in die Kohärenz zurückkehren. Womöglich ... womöglich würde es ihm sogar gefallen. Gefallen, aufzugehen in dem weltumspannenden Geist. Gefallen, überall zugleich zu sein, alles zu sehen, alles zu wissen, sich in den Computernetzen zu bewegen wie ein Fisch im Wasser. Es würde eine andere Art Glück sein als das mit Serenity, ein Glück ohne Schmerz, eine Rose ohne Dornen ...
    Christopher schlug die Augen wieder auf. Serenity vergessen? Er sah aus dem Fenster, sah die Landschaft unter ihnen verschwinden, ein Muster aus Gelb, Braun und Grün, wie Spielzeug die Häuser und Straßen, sah schon den Ärmelkanal auftauchen. Nein, er würde Serenity nicht vergessen können. Sein ganzer Körper erinnerte sich an sie.
    Er beobachtete die Upgrader, die auf den anderen Plätzen angeschnallt saßen. Es war gespenstisch zu sehen, wie sie Hand in Hand arbeiteten, ohne ein Wort miteinander wechseln zu müssen. Auf der Fahrt von Locmézeau zum Flughafen hatte niemand etwas gesagt. Schweigend hatten sie – während Terence die Startformalitäten erledigte – Christopher ins Flugzeug gebracht, ihn schweigend mit Kabelbindern an seinen Sitz gefesselt.
    Bryson saß ganz vorne, mit dem Rücken zu ihm. Aber es war schließlich gleichgültig, mit welchem der Upgrader er sprach, er würde immer mit der Kohärenz sprechen. Also wandte sich Christopher an den Mann neben ihm und fragte: »War das ein Trick? Das mit den Lifehook-Trägern, die sich plötzlich nicht mehr rühren?«
    Der Mann, ein schlanker irisch aussehender Typ mit roten Locken, blickte ihn mit hochgezogenen Brauen an. »Nur um dich zu fangen? Da überschätzt du dich und deine Bedeutung aber ziemlich.«
    Tat er das? Nein. Es beruhigte ihn eher, dass er

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