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Kohärenz 03 - Time*Out

Titel: Kohärenz 03 - Time*Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Eingabetaste gedrückt und die Welt ins Chaos gestürzt.
    Natürlich hatten sie ihn schnell erwischt. Nur konnten sie ihm nichts anhaben; er war erst dreizehn Jahre alt und damit noch nicht strafmündig gewesen. Er stand den IT-Spezialisten tagelang Rede und Antwort und zuletzt blieb den Banken nichts anderes übrig, als aus den Datensicherungen den Zustand vom Tag zuvor wieder herzustellen. Genau das, was Christopher beabsichtigt hatte, denn damit waren auch die Optionskäufe seiner Mutter, die die Familie ins Unglück gestürzt hätten, annulliert.
    »Ich bin erst mal nach Westen, hab in irgendeinem Motel in Colorado übernachtet«, erzählte Clive weiter. »Als ich am nächsten Morgen beim Frühstück sitze, war es schon das Thema im Fernsehen. Alle Banken geschlossen, alle Geldautomaten abgeschaltet, die Geschäfte akzeptierten keine Schecks und keine Kreditkarten mehr, alle Fachleute ratlos, wie es mit einer Welt weitergehen soll, in der jeder Milliardär ist. Irgendjemand hat von der Apokalypse des Finanzsystems gesprochen. Da ist mir Hide-Out wieder eingefallen. Also bin ich kurzerhand hierher zurückgekommen, und da die Welt dann bekanntlich doch nicht untergegangen ist, haben wir die Millionen verwendet, die Anlage nach und nach zu erneuern.«
    Christopher spürte eine Gänsehaut über seinen Rücken laufen. »Wow«, sagte er ehrfürchtig. »Das ist unglaublich.«
    »Ja, nicht wahr?« Clive sah ihn von der Seite an. »Auf jeden Fall«, sagte er, »hast du noch was gut bei mir. Okay?«
    »Okay«, gab Christopher zurück, ratlos, was das nun wieder heißen mochte.

14

    Kurz vor der Stadtgrenze von Los Angeles bog Clive vom Highway ab und machte schließlich an einem Einkaufszentrum halt, das aussah wie alle Einkaufszentren, die Christopher in diesem Land bisher gesehen hatte. Er drehte die Scheibe herunter und bildete sich ein, den Ozean zu riechen, was vermutlich eine Selbsttäuschung war; es mussten noch wenigstens dreißig Kilometer bis zur Küste sein. Los Angeles war ein Koloss von einer Stadt, ähnelte eher einer ansteckenden Krankheit, die Hügel und Täler befiel und deren Ausschlag die Form von Straßen und Häusern annahm.
    Inzwischen war es Nacht geworden. Eine Diskothek und eine Kegelbahn hatten geöffnet, eine Menge Leute standen herum, viele davon telefonierten. Niemand achtete auf sie.
    »Sag, wenn es kein guter Platz ist«, meinte Clive. »Wir können auch woandershin fahren.«
    Direkt vor ihnen standen Plakatwände. Auf allen, ohne Ausnahme, klebte dasselbe Plakat, und zwar genau jenes, von dem Christopher vor ein paar Tagen in Wells nur den ersten Teil gesehen hatte. Internet war gestern verkündete es, und darunter: Am 8. Juni beginnt die Zukunft. Daneben prangte das Gesicht von John Salzman, dem Gründer von FriendWeb. Christopher fragte sich flüchtig, was das wohl sollte. FriendWeb war kürzlich an die Börse gegangen; hatten sie dabei so viel Geld eingesackt, dass sie jetzt nicht wussten, wohin damit?
    »Doch«, sagte er. »Der Platz ist okay.«
    »Okay oder bloß okay?«
    »Der Platz hier ist so gut wie jeder andere.« Eine Menge Leute, die telefonierten, das war gut. Das hielt die Netzknoten beschäftigt und machte die Daten unübersichtlich.
    Wobei ... Für die Kohärenz spielte das keine Rolle.
    »Du bist der Boss«, meinte Clive. »Ich hab keine Ahnung, wie das abläuft mit diesem Feld. Du musst mir sagen, was ich tun soll.«
    »Mich zurückholen«, sagte Christopher. »Aber ich muss erst noch was erledigen.«
    Er drehte sich nach seinem Reisesack um, der auf dem Rücksitz lag, und holte den Laptop heraus. Als er hochgefahren war, startete Christopher ein Programm, das er direkt nach seiner Ankunft in Hide-Out geschrieben hatte.
    Natürlich war es möglich, dass die Kohärenz damit rechnete, dass er genau so ein Programm einsetzen würde. Es war sogar wahrscheinlich. Aber kein Grund, es nicht trotzdem zu versuchen.
    »Du checkst irgendwas«, sagte Clive, als die Zahlenkolonnen über den Schirm rannten.
    »Die Register meiner Chips«, erklärte Christopher. »Ich verbinde mich per Bluetooth mit ihnen, lese die Speicherinhalte aus und vergleiche sie mit den Daten, die ich gesichert habe.«
    »Die Chips in deinem Kopf?«, hakte Clive nach. »Du verbindest dich von diesem Laptop aus ... mit deinem eigenen Schädel?«
    »Ja.«
    »Unglaublich«, sagte der Mann, der selbst so viel Unglaubliches erlebt hatte.
    Der Balken lief auf die hundert Prozent zu. »Ich muss das vorher und nachher

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