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Kohärenz 03 - Time*Out

Titel: Kohärenz 03 - Time*Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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sagt auch niemand was.«
    »Ehrlich, manchmal verstehe ich meinen Dad nicht.« Serenity schüttelte den Kopf. »Auf der einen Seite sagt er immer, du wärst die letzte Hoffnung der Menschheit. Und jetzt fragt er dich nicht mal nach deiner Meinung?«
    Christopher zuckte nur mit den Schultern, schaute eine Weile ins Leere und meinte dann leise: »Bist du sicher, dass er irgendjemanden nach seiner Meinung fragt?«
    Nein. Da war sich Serenity alles andere als sicher.
    Sie nahm sich vor, Kyle zu fragen. Sie erwischte ihren Bruder, als er gerade von einer dieser Ausfahrten zurückkam, und bedrängte ihn, ihr zu verraten, was los war.
    »Ach, nichts Aufregendes«, sagte Kyle. »Ich weiß nicht, wieso Dad so geheimnisvoll tut. Wir sammeln Zeitungsmeldungen und Zeitschriftenartikel, hören uns um, was die Leute so reden, surfen im Internet ... Das ist alles.«
    Mom nervte täglich, was ihre Heimunterrichtskurse machten, wie weit sie sei und so fort. Was in Serenitys Augen ziemlich sinnlos war, denn: Wozu sollte sie sich noch anstrengen? In ein paar Tagen waren die Abschlussprüfungen, und sie würde nicht daran teilnehmen. Trotzdem zuckte sie jedes Mal zusammen, wenn sie auf dem Kalender den fünfzehnten und sechzehnten Juni erblickte. So lange hatte sie auf dieses Datum hin gelebt, dass es tief in ihr Gedächtnis eingegraben war.
    Genau wie der siebzehnte Juni – der Tag der Abschlussfeier.
    Wenigstens brauchte sie sich nicht mehr den Kopf zu zerbrechen, welcher Junge sie dorthin begleiten würde.
    Dann sagte ihre Mutter zwei Tage später: »Hast du schon gehört? Du kriegst heute Besuch.«
    »Besuch? Von wem denn?« Doch im selben Moment wusste sie, dass es nur Madonna Two Eagles sein konnte.
    Serenity kam gerade rechtzeitig in die Halle, um ihre Freundin ankommen zu sehen. Madonna trug eine riesige Sonnenbrille, extrem lässige neue Klamotten, und ihre ohnehin schon wunderschönen, langen schwarzen Haare glänzten noch unwirklicher und umwehten sie noch eleganter, als Serenity das in Erinnerung hatte: Sie war jeder Zoll ein Popstar, wie sie da aus dem Wagen stieg. Und ihr Bruder George, der auf der anderen Seite ausstieg und finster dreinblickte, wirkte wie ihr Leibwächter.
    Was er ja, wenn man es genau bedachte, auch war.
    Serenity blieb unwillkürlich am Fuß der Treppe stehen. Es versetzte ihr einen Stich, ihre Freundin so zu sehen – so unnahbar wirkend, dass man sich kaum näher zu kommen traute. Zu allem Überfluss war Christopher auch da, starrte Madonna an ... Sein Gesicht war unbewegt wie fast immer. Serenity konnte nichts darin lesen. Lag Sehnsucht in seinem Blick, Verliebtheit, Hoffnung? Unmöglich zu sagen.
    Der Erste, den Madonna begrüßte, war ihr Vater. John Two Eagles hatte reglos wie sein eigenes Standbild dagestanden, ein riesiger Mann, in dessen Armen sie, als die beiden sich umarmten, regelrecht verschwand. Und irgendein Zauber schien in diesen kurzen Augenblicken zu geschehen, denn als seine Pranken sie freigaben, wirkte Madonna wieder wie ein ganz normales, siebzehnjähriges Mädchen. Der Popstar war verschwunden, hatte sich aufgelöst, und Madonna, Serenitys Freundin, war zurück.
    »Serenity!«, rief Madonna. Dann rannten die beiden aufeinander zu und fielen sich um den Hals.
    Madonna hatte ein neues Parfüm und vibrierte vor Aufregung. Doch ansonsten war sie noch ganz die Alte.
    »Was machst du hier?«, wollte Serenity wissen. »Ich dachte, du arbeitest an deinem Album?«
    »Ja, eigentlich schon«, sagte Madonna. »Aber Zack meinte, ich bräuchte mal ein Time-out. Auszeit. Ich würde anfangen, mich zu verkrampfen.« Sie winkte ab. »Ehrlich gesagt glaube ich, dass vor allem er eine Auszeit braucht. So, wie der hinter dem Mischpult rumturnt, muss der richtig fertig sein.« Sie musterte Serenity neugierig. »Wie geht's dir? Du hast gar nicht auf meine E-Mail geantwortet... «
    Serenity nickte beklommen. »Hätte ich gern«, sagte sie und spürte wieder einmal, wie es sie bedrückte, in Hide-Out eingeschlossen zu sein. »Aber du weißt ja, wie es hier aussieht: hundert Meilen, bis man im Internet ist. Und sie lassen mich nicht raus.«
    »Echt nicht?«
    »Nicht mal mit einkaufen darf ich fahren. Zu gefährlich, meint mein Dad.«
    »Das klingt gar nicht gut«, meinte Madonna und musterte sie besorgt. »Das klingt fast nach Höhlenkoller. Vielleicht solltest du einfach mitkommen, wenn wir zurück nach Nashville fahren.«
    Serenity sank in sich zusammen. Das würden ihre Eltern nie erlauben, da

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