Kohlenstaub (German Edition)
Versteck.«
Sie müssen sich ja
auskennen in dem Haus, lag mir auf der Zunge. Doch ich hielt mich zurück.
»Aber dort war er
auch nicht. Da war überhaupt nichts.«
Die beiden
entfernten sich.
»Wann wurde das
Haus erbaut?«, fragte ich Luschinski, als sie außer Hörweite waren.
»Um die
Jahrhundertwende.«
»Es ist nicht
zerstört worden im Krieg, oder?«
»Nein.«
»Und seit wann
wird es als Pfarrhaus genutzt?«
»Seit Anfang der
fünfziger Jahre, glaube ich. Rabenau hat es der Kirche vermacht. Der alte Rabenau.«
»Lebt er noch?«
»Nein. Er ist vor
zwei Jahren gestorben. An Krebs.« Luschinski streckte sich und gähnte. »Gehen
wir?«
»Na, was macht die
Mörderjagd?«
»Trudi, hör auf
mit deinen Späßen. Sag lieber, ob du Manni in den letzten Tagen gesehen hast.
Manni Jankewicz.«
»Der ist noch
immer weg, was? Da waren schon zwei hier heute Morgen und haben nachgefragt. Ob
den wohl der Vater versteckt hat? Damit er nicht petzt?«
»Wie, petzt?«,
fragte ich dazwischen.
»Die halten doch
zusammen in der Familie. Die Frau hat auch für den Alten ausgesagt. Obwohl er
auf ihr rumprügelt.«
»Das ist
unlogisch, Trudi«, wandte Luschinski ein. »Wenn sie zusammenhalten, dann petzt
der Junge auch nicht.«
»Stimmt, hast
recht. Trotzdem.«
Luschinski gönnte
sich ein Bier, während ich eine Flasche Brause leerte. Die Getränke dienten als
Vorwand zum Austausch von Klatsch und Tratsch. »Wann hast du Manni denn nun das
letzte Mal gesehen, Trudi?«
»Hömma,
Luschinski. Ich achte doch nicht drauf, wer hier vorbeigeht. Reicht mir, dass
ich die Kundschaft im Blick ha- be.«
»Soso. Gut, dass
fast alle bei dir einkaufen, was?«
Ich stand neben
dem Reporter im Verkaufsraum und lauschte dem Geplänkel. Vor der Bude hingen
die üblichen traurigen Gestalten mit den Flaschen herum.
»Und hast du
vielleicht auch eine Idee, wo er den Jungen versteckt haben könnte?«, nahm
Luschinski den Faden wieder auf.
»Bin ich ein
Orakel, oder wat?«
»So viel, wie du
immer mitkriegst!«
»Ich sach nur: der
Bunker. Da würd ich als Erstes mal nachschauen.«
Luschinski leerte
seine Flasche mit einem Zug und knallte sie auf die Theke. »Danke für den
Hinweis. Na, dann wollen wir mal.«
Ich kramte
Kleingeld aus meiner Börse in der Handtasche, doch Trudi winkte ab. »Nee, lasst
mal. Das geht aufs Haus heute.«
»Interessante
Idee«, meinte der Reporter im Weggehen.
»Das mit dem
Bunker? Wo steht der überhaupt?«
»An der Westseite
vom Westpark. Ritterhausstraße. Direkt am Marktplatz. Haben Sie den noch nie
bemerkt?«
Ich schüttelte den
Kopf. »Und was halten Sie von der Theorie, dass Jankewicz hinter dem
Verschwinden von Manni steckt?«
»Mhm. Möglich wäre
das.«
»Warum beteiligt
er sich dann an der Suche?«
»Wie sähe das aus,
wenn er es nicht täte? Nur mal angenommen, Manni ist tatsächlich entführt
worden. Dann doch wahrscheinlich von jemand aus der Siedlung. Vielleicht
sollten wir darauf achten, wer besonders eifrig dabei ist.«
»Rabenau«, sagte
ich spontan.
»Rabenau? Was
hätte der denn für einen Grund? Seinen Lehrling entführen, einen Kumpel seines
Sohnes?« Luschinski runzelte die Stirn. »Dann schon eher Kaminski. Zumindest
als Mörder von Hanning käme er in Frage.«
»Warum?«
»Hanning ist mit
dafür verantwortlich, dass Kaminski unehelich geblieben ist. Schon mal
überlegt, dass ihn diese Tatsache seinen Anteil vom väterlichen Erbe gekostet
hat? Als Bastard geht er leer aus.«
Ich erwiderte
nachdenklich: »Und was hätte er davon gehabt, seinen Halbbruder umzubringen?
Der Vater ist schließlich tot. Schon seit einiger Zeit. Das Erbe ist längst
aufgeteilt.«
»So lange nun auch
wieder nicht. Kaminski könnte sich noch Chancen ausgerechnet haben. Vielleicht
hat er auch an Hannings Gerechtigkeitssinn appelliert, und dann war die Enttäuschung
umso größer. Die Tat muss gar nicht mal geplant gewesen sein. Totschlag im
Affekt. Er muss ja nur die Tür im Heizkeller zugehalten haben.«
»Und er müsste die
Leiche die Treppe hinaufgeschleift haben. Dieser schmächtige Mann! Außerdem
wollte Hanning sich doch zu ihm bekennen, später!«
»Sagt Kaminski.
Welchen Beweis haben wir dafür?«
Mir fiel ein, dass
der Reporter von Kaminskis Verwandtschaft mit Hanning eigentlich nichts wissen
konnte. »Woher kennen Sie Kaminskis Familiengeschichte? Ich habe sie Ihnen
jedenfalls nicht erzählt.«
Luschinski zuckte
mit den Achseln. »Ich kenne sie halt.«
»Kaminski ist ein
Netter. Ich
Weitere Kostenlose Bücher