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Kohlenstaub (German Edition)

Kohlenstaub (German Edition)

Titel: Kohlenstaub (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne-Kathrin Koppetsch
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kann mir das nicht vorstellen.«
    »Stille Wasser
sind meist tief.« Luschinski schritt kräftig aus.
    »Und weshalb
sollte er den Jungen entführen?«
    »Wer weiß?
Vielleicht hat der Junge etwas beobachtet, was ihn entlarven würde. In dem
Moment, wo der Verdacht auf Mannis Vater fällt, wird Manni Kaminski nicht mehr
schützen. Da hilft auch der Respekt vor dem Lehrer nicht.«
    Diese Überlegung
hatte etwas für sich. Während ich noch darüber nachdachte, fuhr Luschinski
fort: »Meist ist die naheliegende Lösung dann doch die richtige. Ich tippe auf Jankewicz.
Wenn die Familie tatsächlich so gut zusammenhält, wie Trudi behauptet.
Vielleicht steckt die Tochter mit drin? Sie könnte die anonymen Briefe
geschrieben haben. Sie arbeitet doch im Büro, oder? Das wäre die perfekte
Tarnung für den Vater.«
    »Sie meinen
Fräulein Kreuter?«
    »Heißt sie so?
Nach dem Krieg hätte man sie Veronika Dankeschön genannt.«
    »Veronika
Dankeschön? Warum das?«
    »Abkürzung V.D. Anderes Wort für Veneral Disease.Geschlechtskrankheit.«
    Ich räusperte mich
laut und vernehmlich.
    »Verzeihung,
Fräulein Pastor! War nicht böse gemeint!« Er zwinkerte.
    »So, da wären
wir.«
    Luschinski wies
auf ein zweistöckiges graues Gebäude am Rand des Parks. Es wirkte massiv,
entsprach aber nicht meiner Vorstellung von einem Bunker. Außerdem hatte es
Fenster.
    Natürlich hatte
ich das Haus vorher schon gesehen, jedoch es nicht mit seiner früheren Funktion
in Verbindung gebracht. »Hier?«, fragte ich erstaunt. »Ich dachte, bei Bunkern
handelt es sich um unterirdische Anlagen.«
    »Die gab’s auch.
Dieser hier lag über der Erde, und dann wurde er auch noch umgebaut.«
    »Museum« war auf
einem Schild zu lesen, doch die Tür war verschlossen. »Das sieht mir nicht nach
einem guten Versteck aus. Da sind doch ständig Leute unterwegs.«
    »Es gibt sicher
Kellerräume«, meinte Luschinski wenig überzeugt. »Aber ich glaube auch, dass es
das nicht ist. Früher haben die Kinder hier gespielt. Vielleicht hat Trudi
daran gedacht?« Er drehte sich um. »So langsam kriege ich Hunger.«
    »Wir können ja mal
schauen, was es im Gemeindehaus gibt. Hoffentlich muss ich nicht doch noch
Schnittchen schmieren. Damit hat mich der Kommissar beauftragt.«
    Luschinski
zwinkerte. »Das werden die Diakonissen schon erledigt haben.«

FÜNFZEHN
    »Schichtwechsel!«,
stellte Luschinski fest, als wir in den Gemeindesaal kamen. Tatsächlich befanden
sich genauso viele Menschen dort wie am Morgen. Allerdings andere.
    »Schwester
Gerlach!« Superintendent van Diecken hatte das Gebäude kurz nach uns betreten.
»Wie ich sehe, haben Sie bereits Anschluss gefunden.« Lag da ein Hauch von
Missbilligung in seiner Stimme? Befürchtete er, eine seiner Pastorinnen durch
Eheschließung zu verlieren? Es hieß, van Dieckens Frau habe ebenfalls Theologie
studiert. Nun kümmerte sie sich um die Familie und hielt Frauenhilfsstunden in
der Gemeinde.
    Ein kräftiger
junger Mann stand auf und zerquetschte mir beinahe die Hand. »Ich bin der
Jürgen«, sagte er, »Mannis Trainer.« Er biss in ein mit Schinken belegtes Brot.
Schwester Tabea schenkte Saft und Kaffee aus.
    »Wann haben Sie
ihn zuletzt gesehen?«, fragte ich automatisch.
    »Vorgestern. –
Nein, am Dienstag«, verbesserte er.
    Neben ihm saß
Kaminski. »Guten Tag, Fräulein Gerlach«, grüßte er höflich und erhob sich.
    »Ist die Schule
schon aus?«, erkundigte ich mich.
    »Wir haben heute
früher geschlossen. Alle helfen suchen.«
    »Und wo sind dann
Ihre Schüler?« Ich sah mich um.
    »Unterwegs. Ein
paar suchen das Schulgelände ab. Einige haben sich aufgemacht und schauen bei
den Schrebergärten und in den Lauben nach.«
    »Aha. Und wo sucht
Detlef?«
    »Detlef sucht
nicht. Er sagte, er muss nach Hause, nach der Mutter sehen. Die Schwester kommt
heute erst am späten Abend.«
    »Glauben Sie ihm
das etwa? So ein Früchtchen.«
    Kaminski kaute an
seinem Wurstbrot und erwiderte nichts.
    »Wo ist eigentlich
der Junge, der immer mit Manni und Detlef herumlief? Der Große, etwas Ältere?«
    Jürgen schaltete
sich ein. »Giovanni. Früher war er in der Mannschaft. Jetzt nicht mehr. Ein
Einzelgänger.«
    »Hat ihn in
letzter Zeit jemand gesehen? Vielleicht hat er etwas mit Mannis Verschwinden zu
tun?«
    »So ein Unsinn!«,
widersprach Kaminski energisch und nahm sich das nächste Brot. »Dann hätten wir
ihn sicher schon gefunden. Giovanni ist nicht besonders helle. Er hätte fast
seinen Abschluss nicht

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