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Kokoschanskys Freitag

Kokoschanskys Freitag

Titel: Kokoschanskys Freitag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günther Zäuner
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meine Probleme. Abgesehen davon, dass er seine eigene Tochter bestohlen hat, um seiner Spielsucht weiter nachgehen zu können, war seine plötzliche Waffenleidenschaft ein weiterer wichtiger Grund sich endgültig von ihm zu trennen. Seine Gewaltausbrüche und noch dazu Waffen, d as war nicht mehr erträglich. Die Zeitungen sind voll von Familien­tragödien und ich hatte keine Lust eines Tages eine weitere tote Haupt­darstellerin zu sein. Irgendein Wandel hatte sich in ihm vollzogen. Plötzlich wurde er extrem rechtsradikal, schimpfte auf alle Ausländer und begann alles über das Dritte Reich zu lesen, was er in die Finger bekam. Sicherlich hatte es etwas mit dem Umfeld zu tun, mit dem er sich seit rund eineinhalb Jahren umgeben hatte und seinem Umgang. Täglich war er mit so Typen aus der Hooliganszene und diesen Neonazis zusammen.“
    „Skinheads?“, bohrt Kokoschansky.
    „Sie meinen diese Glatzköpfe? Nein, zumindest habe ich ihn nie mit ihnen zusammen gesehen. Anfänglich wollte er diese Leute auch mit nach Hause bringen. Doch da habe ich einen Riegel vorgeschoben, obwohl ich deswegen immer neue Prügel einstecken musste. Die, mit denen ich ihn zusammen gesehen hatte, sahen aus wie Sie und ich. Es war nur alles imme r sehr geheimniskrämerisch. Wenn er telefonierte, fielen öfters die Zahlen eins, acht, neunzehn, acht. Sprach ich ihn darauf an, rastete er sofort aus und brüllte, ich solle das gefälligst vergessen und mein Maul halten.“
    „Eins, acht, neunzehn, acht“, wiederholt Kokoschansky, kann sich aber keinen Reim darauf machen. „Ist dir das ein Begriff, Lena?“ Aber auch sie muss passen. „Waren das vielleicht seine Spielschulden?“ Koko weiß, eine blöde Frage. Doch im Augenblick fällt ihm nichts Klügeres ein.
    „Wenn Sie so wollen, ein Bruchteil davon“, antwortet Irmgard Kubela, steht auf und zieht die Schublade einer Kommode auf. „Ich bin mir absolut sicher, diese ominöse Zahl hat eine andere Bedeutung. Sonst wäre er niema ls so durchgedreht, wenn ich diese Zahl erwähnte.“
    „Ich tippe auf eine rechtsradikale Gruppe neueren Ursprungs“, rätselt Kokoschansky weiter. „Wenn das stimmt, muss die sehr gut organisiert sein, bisher ist diese Bezeichnung nirgendwo aufgetaucht. Dann handelt es sich sich erlich bei eins, acht, neunzehn, acht um einen Code.“
    Irmgard Kubela reicht Kokoschansky einen kleinen Zettel, den sie zuvor aus der Schublade genommen hat. „Da, das ist mir gerade eingefallen. Als wir noch zusammenlebten, fand ich es beim Waschen in einer seiner Hosen.“
    Kokoschansky und Lena sehen nur zwei Großbuchstaben: X und E . Darunter ist Dringend anrufen! zu lesen.
    „Was hat das nun wieder zu bedeuten?“, fragt Lena.
    Irmgard Kubela zuckt nur mit den Achseln. „Ich weiß es nicht.“
    „Sind diese beiden Kürzel während der Scheidungsverhandlung zur Sprache gekommen?“, erkundigt sich Kokoschansky.
    „Dass ich diesen Zettel gefunden hatte, wusste er nicht. Kurz vor Betreten des Gerichtssaales raunte er mir zu, wenn ich auch nur ein Sterbenswörtchen über seine Waffe und seine Freunde verlieren sollte, würde es mir nicht gut bekommen.“
    ***
    Auf dem Nachhauseweg von Favoriten denken Lena und Kokoschansky angestrengt über die Bedeutung der mysteriösen Zahl und die Buchstaben nach und kommen zu keinem schlüssigen Ergebnis. Einig sind sie sich, Franz Erdenberger war ein Mistkerl und seine Ex-Frau sagte die Wahrheit. Anfänglich schien sie zwar über den unangemeldeten Besuch nicht beso nders erbaut, schließlich war sie aber wohl froh, sich endlich ihren ganzen Kummer von der Seele reden zu können.
    Lena meint, X und E seien Initialen. Das ist Kokoschansky zu einfach und außerdem argumentiert er, dann hätte Erdenberger hinter jedem Buchstaben, wie allgemein üblich, einen Punkt gesetzt. Doch diesmal widerspricht Lena. Nur weil Kokoschansky es so handhabt, müssen es ihm nicht alle anderen gleichtun.
    Nach dem ausführlichen Gespräch mit Irmgard Kubela ist Koko felsen­f est überzeugt, Petranko weiß mehr als er zuzugeben bereit ist. Immer wieder spukt ihm dieser Satz des Kriminalbeamten im Kopf herum: „Manch­m al bedeutet zu viel Wissen Kopfschmerzen.“
    Der Verkehr auf der Südosttangente, der Wiener Stadtautobahn, ist dicht, aber es geht ohne Stau voran. Kokoschansky schert auf die Überholspur aus um einen LKW zu überholen. Plötzlich wird die angeregte Diskussion zwischen ihm und Lena durch den Nachrichtensprecher auf Ö 3

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