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Kokoschanskys Freitag

Kokoschanskys Freitag

Titel: Kokoschanskys Freitag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günther Zäuner
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unterbrochen.
    „Knalleffekt nach dem Banküberfall in Wien-Floridsdorf. Nachdem gestern eine Bankfiliale im einundzwanzigsten Bezirk von einem besonde rs brutalen Bankräuber überfallen wurde, bei dem zwei Personen schwer verletzt worden sind, wurde der Täter Franz Erdenberger aus Hollabrunn von dem zufällig vorbeikommenden Wiener Polizisten Erkan Kaytan erschossen. Wie soeben bekannt wurde, fand heute Nachmittag der Hund einer Spaziergängerin den Polizisten tot in einem Waldstück in der Nähe des Lusthauses in der Prater Hauptallee. Ob natürlicher Tod, Selbstmord oder Fremdverschulden die Todesursache ist, steht derzeit noch nicht fest, da sich sowohl Polizei wie auch Innenministerium äußerst bedeckt halten und keine weiteren Informationen veröffentlichen.“
    Es gibt nur wenige Momente, bei denen es Kokoschansky die Sprache verschlägt. In letzter Sekunde verreißt er das Auto, um nicht in die Leit­planke zu krachen, was sein Hintermann augenblicklich durch hektisches Blinken mit der Lichthupe quittiert und im Rückspiegel sieht Koko, wie ihm der Fahrer wild gestikulierend den Vogel zeigt. Lena hält sich vornehm zurück und langsam bekommt ihr Gesicht wieder Farbe.
    „Das ist vielleicht eine Scheiße!“, flucht Kokoschansky. „Das gibt es doch gar nicht! Glaubst du an Zufälle, Lena? Ich schon lange nicht mehr. Da wurde nachgeholfen. Darauf wette ich alles.“
    „Vorerst bring uns mal sicher und gesund nach Hause.“
    „Ja, ja, schon gut. Sorry!“, kommt es leicht unwirsch retour . „Doch mit einem kleinen Umweg.“
    „Darauf hätte ich jetzt wetten können“, gibt Lena sich seufzend geschlagen.
    Kokoschansky bleibt die Antwort schuldig und tritt aufs Gaspedal.
    ***
    Im Hinterzimmer des kleinen Cafés in der Baumgasse im dritten Wiener Bezirk hängen die Rauchschwaden wie dichter Nebel unter der Decke. Se it Jahren ist den Anrainern dieses übel beleumdete Lokal ein gewaltiger Dorn im Auge.
    Sämtliche Interventionen bei den zuständigen Behörden und Magistrats­ eingaben, dieses Kaffeehaus endlich zu schließen, scheiterten oder verliefen im Sande. Selbstverständlich ist das JoJo der Polizei bestens bekannt. Dieses miese Lokal wird gemieden und bleibt unangetastet. Kein Mensch weiß, warum?
    Auch für Journalisten ist dieses Kaffeehaus unantastbar heilig. Niemand will sich daran die Finger verbrennen. Wer in dieser Gegend wohnt, hat Angst. Selbst die mutigsten Bewohner haben inzwischen klein beigegeben und ihre Beschwerden eingestellt. Es geht zu sehr ins Geld, wenn kontinuierlich die Autoreifen zerstochen werden, Rückspiegel demoliert oder der Lack zerkratzt wird. Auch passierte es schon, dass Steine durch Wohnungs­fenster geflogen sind. Wird trotzdem Anzeige wegen Sachbeschädigung gegen unbekannt erstattet, ist es so sicher wie das Amen im Gebet, dass nichts dagegen unternommen wird. Sollte es tatsächlich eine bis zum Staatsanwalt schaffen, wird das Ermittlungsverfahren entweder eingestellt oder zuunterst in einen Aktenberg versteckt bis es verjährt ist.
    Seit Jahren sind in der Umgebung des JoJos ständig Gerüchte im Umlauf. Hinter vorgehaltener Hand wird gemunkelt, in diesem Lokal ist alles zu haben, was laut Strafgesetzbuch verboten ist. Es sei einer der Stütz­ punkte organisierter Kriminalität, heißt es. Mit den richtigen Kontakten lässt sich über dieses Café alles beschaffen. Die Leute in der Gegend wechseln lieber die Straßenseite, ziehen die Köpfe ein und blicken weder links noch rechts wenn es sich nicht vermeiden lässt, am JoJo vorbeizugehen.
    Im Hinterzimmer geht es in der rauchgeschwängerten Atmosphäre hoch her. Dicht gedrängt haben sich Männer aller Altersstufen um einen Spieltisch versammelt und beobachten die finsteren Gestalten, die sich lautstark dem Barbut, einem verbotenen türkischen Würfelspiel, widmen. Stapel von Euro -Scheinen in allen Größen liegen in der Tischmitte und immer neue kom­men hinzu. Die Einrichtung ist karg. Einfache Stühle, abgewetzte Tische, über die schon längere Zeit mit keinem feuchten Tuch gewischt wurde. An einer Wand hängen zwei gerahmte Bilder und zeigen die Porträts von Bamir Topi, dem albanischen Staatspräsidenten und Sali Berisha, dem Regierungschef. Darüber ist die Nationalfahne drapiert. An der gegenüber­liegenden Wand hängt die Flagge der UÇK, der Ushtria Çlirimtare e Kosovës, Befreiungs­armee des Kosovo, einer ehemaligen paramilitärischen Orga­nisation.
    In einer Ecke stehen Kushtrim und Shukumbin

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