Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kolibri

Kolibri

Titel: Kolibri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Benvenuti
Vom Netzwerk:
mitgebracht?“
    Kollaritz saugte an seinem linken Daumen und hob die Hand. „Stopp. Kein Wort über den Bauernhof.“
    â€žIch hab den Bauernhof gar nicht erwähnt.“
    â€žUmso besser. Ich muss geistig umnachtet gewesen sein, als ich ihn gekauft habe, im Delirium, nicht zurechnungsfähig.“
    â€žMir gefällt er“, sagte Karl.
    â€žPah“, sagte Kollaritz. „Du warst genau einmal draußen und damals hast du Kuhfladen für deine Orchideen eingesammelt. Ich sage dir, auf diesem Hof liegt ein Fluch.“
    Karl verschränkte die Beine und lehnte sich vor. „Was ist diesmal passiert?“
    â€žDu solltest die Beine parallel halten“, sagte Kollaritz, „sonst bekommst du Krampfadern.“
    â€žIch bin jung, da bekommt man noch keine Krampfadern. Was ist jetzt mit dem Bauernhof?“
    Kollaritz seufzte, trank seinen Wein aus und gab der Kellnerin ein Zeichen. „Das Dach“, sagte er und zeigte Karl seinen linken Daumen. Er war blau-gelb verfärbt und geschwollen.
    â€žLass mich raten“, sagte Karl. „Du hast dich, gegen meinen Rat, entschieden, die Schindeln selbst zu befestigen.“
    â€žIch bin Arzt“, sagte Kollaritz, „ich habe sieben Jahre Medizin studiert, ich führe eine Praxis, ich sollte wohl in der Lage sein, ein paar Schindeln auf einem Dach zu befestigen.“
    â€žWieviel Quadratmeter hast du gedeckt?“, fragte Karl lächelnd und leerte seine Frucade. „Zwei?“
    Die Kellnerin erschien, stellte zwei Achtel Weißwein auf den Tisch, nahm das leere Glas und die Flasche mit und ging wieder.
    â€žMehr“, sagte Kollaritz, „viel mehr.“
    â€žUnd wie viele Schindeln sind zu Bruch gegangen?“
    â€žMit dir kann man über solche Dinge einfach nicht vernünftig reden“, sagte Kollaritz und widmete sich die nächsten paar Minuten dem Film. Karl kratzte sich am Hals und dachte an die Szenein Bergers Büro. Berger hatte ihn behandelt wie einen Schulbuben und ihm gleichzeitig das Gefühl gegeben, dass ihm, Karl, eine Art Gnade zuteil werde, eine Art Lektion fürs Leben. Beim Gedanken an Berger spürte er einen harten, kompakten Klumpen in seinem Magen, der in unregelmäßigen Abständen Schmerzwellen ausstrahlte.
    â€žWeißt du“, sagte Kollaritz schließlich, während er sich wieder umdrehte und nach seinem Glas griff, „ich liebe die Vorstellung von einem Leben im Grünen, aber ich hasse den Weg dorthin.“ Er trank einen Schluck Wein und starrte sinnend auf die Lüftungsrohre, die unter der Decke verliefen.
    â€žNimm dir ein paar Handwerker“, sagte Karl, „und lass sie zumindest die gröbsten Arbeiten erledigen.“
    â€žNein. Ich werde vor so einem dämlichen Haus nicht in die Knie gehen. Außerdem weißt du doch, wie Handwerker sind. Wenn man sie nicht peinlichst genau überwacht, hängen sie nur herum und saufen, machen, falls sie überhaupt etwas tun, alles nur auf die schlampigste Weise, und dann stellen sie unverschämt hohe Rechnungen.“
    Karl nahm einen Schluck Wein, spielte mit dem Glas und stellte es wieder auf den Tisch. „Hol dir ein paar Pfuscher. Frühmorgens vor dem Arbeitsamt stehen sie sich die Beine in den Bauch.“
    â€žKommt nicht in Frage. Ich werde mich nicht dazu hergeben, ein Unterstützer von Schwarzarbeit zu werden. Qualifizierte Fachkräfte kann und will ich mir nicht leisten, deshalb nehme ich die Sache selbst in die Hand.“
    â€žDas sehe ich“, sagte Karl und lachte.
    â€žIch weiß, für dich ist das altmodischer Unsinn, aber für mich gibt es eben nur eine Art, etwas zu tun, nämlich die richtige.“
    â€žAmen“, sagte Karl und trank noch ein wenig Wein.
    â€žHast du eigentlich nie ein schlechtes Gewissen wegen Maria?“, fragte Kollaritz.
    â€žReden wir jetzt von der Orchidee oder von der Frau?“
    Kollaritz machte eine wegwerfende Handbewegung. „Von der Blume natürlich.“
    â€žNein“, sagte Karl, „ich habe kein schlechtes Gewissen. Warum sollte ich?“
    â€žWeil du die Orchidee gestohlen hast, deshalb.“
    â€žIch hab sie nicht gestohlen“, sagte Karl und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich hab vergessen, sie beim Zoll zu deklarieren, das ist alles.“
    â€žDeklarieren, ha, red nicht so geschwollen. Es ist verboten, wildwachsende Orchideen aus Costa Rica

Weitere Kostenlose Bücher