Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kolibri

Kolibri

Titel: Kolibri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Benvenuti
Vom Netzwerk:
lang dauern.“ Er hoffte, es würde verdammt lang dauern, aber er kannte die Mediengeilheit der Menschen, und, bei Gott, es würde nicht lang dauern, oh nein.
    â€žWas meinen Sie?“, fragte Dolores Hightower und wandte sich an den Umweltstadtrat, der in seinem fleckigen, verschwitzten T-Shirt, die Haare mittlerweile offen, auf einem der Berichterstattertische saß und mit seinem roten Haargummi spielte.
    â€žIch finde die Idee toll“, sagte er und dehnte das Gummiband zwischen Zeigefinger und Daumen.
    â€žUnd Sie?“, fragte Berger Qualtinger in der Hoffnung, der Verbindungsoffizier würde den Plan, der nicht von seiner Organisation stammte, allein schon deswegen ablehnen.
    â€žGefällt mir, die Idee“, sagte Qualtinger und nickte anerkennend. „Hätte ich auch nicht besser hinbekommen.“
    Na toll, dachte Patrick Berger, als er in die einmütig grinsenden Gesichter schaute. Zumindest waren die Fronten klar. Er zuckte mit den Schultern und sagte: „Von mir aus, fangen Sie an mit Ihrem großartigen Plan.“
    â€žVielen Dank für Ihre nicht benötigte Erlaubnis“, sagte der Umweltstadtrat und dehnte seinen Gummi so weit, dass er ihm vom Finger schnippte, ein paar Meter durch die Luft segelte und knapp neben Patrick Berger zu Boden fiel. „Entschuldigung“, sagte der Umweltstadtrat in einem Tonfall, der die Aussage Lügen strafte. Berger schob den Gummi mit seiner Schuhspitze zur Seite und dachte nach, während der Bürgermeister sein Handy zückte, eine Nummer einstanzte und von der Person am anderen Ende verlangte, einen Bootsbauer aufzutreiben und diesen mit ihm, dem Bürgermeister, zu verbinden, und zwar pronto. Und während der Bürgermeister sein Gespräch führte, kam Berger plötzlich ebenfalls eine Idee, in ihrer Schlichtheit und Funktionalität der von Hightower ebenbürtig, und mit einem triumphierenden Lächeln auf den Lippen holte er sein Handy aus dem Sakko und rief Bernhard Schrempf an, um ihm diese mitzuteilen.
    Bernhard Schrempf trank einen Schluck Wein, direkt aus der Flasche, ein Glas hatte er im dünnen Strahl der Taschenlampe nicht gefunden und das Deckenlicht einzuschalten hatte er sich bei seinem Ausflug über den Gang, hinüber in die Kühlkammern, wo er den Wein entdeckt hatte, nicht getraut, und lehnte sich mit dem Rücken an den Kühlschrank. Er trank fast nie, nur wenn er aufgeregt war oder wenn er Angst hatte. Aufgeregt war er ganz bestimmt und Angst hatte er auch, nur ein bisschen zwar, aber doch. Also trank er und grübelte vor sich hin. Hier bin ich wieder, dachte er, erneut im Labor, da, wo alles angefangen hat. Er hatte das Gefühl zu kochen, seine Haut schien zu glühen, er musste seine Hand nicht einmal mehr auf seine Stirn legen, um das zu wissen, sein Gesicht strahlte die Hitze in regelrechten Wellen ab. Du hast Fieber, sagte er sich und fragte sich im selben Moment, wieso er sich etwas, daser bereits wusste, auch noch mitteilte. Führte er bereits Selbstgespräche oder dachte er nur? Leise oder schon laut?
    Er nahm noch einen Schluck Wein, wobei es ihm ziemlich schwer fiel, die Flasche, die in den letzten paar Minuten plötzlich einiges an Gewicht zugelegt zu haben schien, in Mundhöhe zu heben. Kühle Flüssigkeit rann an seinem Kinn entlang, tropfte auf sein schon beinahe trockenes Hemd und schwappte in einer großen Welle bis in seinen Schoß. Es war ihm egal. Er saß hier unten, in einem dunklen Labor, in dreckigen, feuchten Klamotten, hatte Fieber und wartete auf einen Anruf von seinem Chef, der nicht kam, nicht kommen konnte, weil hier unten kein Empfang herrschte. Er überlegte, ob er es schon wagen könnte, wieder nach oben, Richtung Büro, zu gehen und zu erkunden, ob Baumgartner und die Journalistin dieses vielleicht bereits, und sei es nur vorübergehend, verlassen hätten, dann den Behälter schnappen, zurück durchs Abflussrohr, und damit Ende der Geschichte, aber während er noch überlegte, die Weinflasche lag in seinem Schoß, von seiner linken Hand schwach gestützt, spürte Bernhard Schrempf, wie ihm die Augen immer schwerer wurden, die Lider senkten sich tiefer und tiefer, und genau in dem Moment, in dem er dachte, steh auf und sieh oben nach, genau in dem Moment sackte sein Kopf zur Seite und er fiel in einen komaähnlichen Schlaf.
    â€žHast du nicht auch manchmal Angst?“, fragte Karl, der

Weitere Kostenlose Bücher