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Kolibri

Kolibri

Titel: Kolibri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Benvenuti
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…?“
    â€žSo richtig groß“, soufflierte der Techniker.
    â€žGenau“, meinte der Penner, „so richtig groß aufgezogen werden. Ich meine, diese Story muss einschlagen wie eine Splittergranate in einer Säuglingsstation.“
    Mittlerweile waren die beiden Männer beim Verpflegungsstand angelangt. Während der Techniker einen Kaffee bestellte, wühlte der Penner in seinen Taschen nach Kleingeld und förderte schließlich eine Hand voll Münzen zutage. Als er den Kopf hob, sah er Drechsler, der gleichmütig seinen Kaffee trank und durch den Reporter hindurchschaute.
    â€žAh“, sagte der Penner und grinste, „der Herr Polizist.“ Er deutete auf den an seiner lächerlichen Safariweste angeknipsten Presseausweisund fügte hinzu: „Diesmal lass ich mich nicht davonjagen.“
    Drechsler, der gar nicht die Absicht gehabt hatte, den Penner davonzujagen, verspürte jetzt plötzlich diesen Wunsch. Er kämpfte den Drang mannhaft nieder und widmete sich weiterhin seinem unerschöpflichen Kaffee. Widmaier, der mit Kollaritz und Lehner ein paar Meter abseits an einem Stehpult lehnte, warf ihm neugierige Blicke zu. Gibt nix zu sehen, dachte Drechsler, alles ruhig und friedlich.
    â€žIch hätt gern einen Apfelsaft“, sagte der Penner, „wenn’s geht, naturtrüb, das ist gut für’s Gehirn.“
    â€žDem sein Gehirn ist doch von Geburt an naturtrüb“, sagte Drechsler, der den Kampf gegen den Drang soeben verloren hatte, zu Widmaier. „Das Geld kann er sich sparen.“
    Widmaier lachte und zeigte seine großen weißen Zähne. Auch die beiden Ärzte grinsten. Sie schienen keine Fans des Penners zu sein. Vielleicht genossen sie auch einfach nur die Show.
    Der Penner tat so, als habe er nichts gehört, nahm seinen Becher mit naturtrübem Apfelsaft mit gravitätischer Miene in Empfang und raunte dem Techniker im Bühnenflüstern zu: „Ich hab gehört, die WEGA will noch einmal stürmen. Könnte allerhand passieren bei so einer Erstürmung, man denke nur an die arme Geisel.“
    â€žUfo!“, brüllte Widmaier und lachte, denn es war kein Ufo, es war Drechslers Kaffeeschale, die den Kopf des Penners um wenige Zentimeter verfehlte und eine Spur brauner Flüssigkeit hinter sich herzog wie ein leckes unbekanntes Flugobjekt kurz vor dem Absturz.
    Der Penner sprang erschrocken zur Seite, zuckte beim Knall der auf dem Boden zerbrechenden Schale zusammen und rempelte den Techniker an, der seinerseits seinen Kaffee verschüttete und herumhüpfte.
    â€žGeht’s dir jetzt besser?“, fragte Widmaier, der herübergekommen war und dem Penner und dem Techniker bei ihrem Indianertanz zuschaute.
    â€žIch hab mir das Handgelenk verstaucht“, sagte Drechsler und saugte an seinem Knöchel.
    â€žDas wird Konsequenzen haben!“, brüllte der Penner, der, feige wie er war, bereits den Rückzug angetreten hatte.
    Drechsler schenkte ihm ein Grinsen, angelte sich eine Serviette aus dem Inneren des Verpflegungsstandes und legte zwei Euro für die kaputte Schale auf die Theke. Dann bestellte er noch einen Kaffee, winkte Kollaritz herbei und sagte: „Dein Freund Baumgartner und Maria. Läuft da noch was?“
    Seine Haut brannte. In langen, geschwärzten Fetzen löste sie sich von seinen Armen, den Schulterblättern, dem Rücken, verschwand in einem lodernden Flammenwirbel von seinem Bauch, der Brust, den Beinen. Bernhard Schrempf zuckte herum, sein Kopf prallte mehrmals gegen den kleinen Laborkühlschrank, seine Fersen trommelten auf den Boden. Die Weinflasche polterte auf die Fliesen, rollte ein paar Zentimeter zur Seite, wobei sie einen ganz ordentlichen 89er Guiraud verteilte, und kam schließlich vor einem Chemikalienschrank zum Liegen.
    Schrempf wusste, dass er träumte. Er wusste, dass seine brennende Haut nur eine Einbildung war, ein Spuk seines Unterbewusstseins, irgendeine verschüttete Information, in seinem Hinterkopf abgespeichert, die an die Oberfläche drängte. Es war nicht real. Selbst schlafend wusste er das. Mit zuckenden Lidern stieg er langsam in einen Zustand auf, der dem Wachsein glich, öffnete zaghaft die Augen, drehte den Kopf ein paar Zentimeter nach links, dann ein paar Zentimeter nach rechts, nickte befriedigt. Kein Grund zur Sorge. Kein Feuer, kein Rauch, kein schwelendes Fleisch. Alles in Ordnung. Mit einem leisen

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