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Kolibri

Kolibri

Titel: Kolibri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Benvenuti
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muss ein paar Telefonate führen“, sagte er und zog sich in den hintersten Winkel des Sitzungssaales zurück.
    Berger und der Umweltstadtrat sahen einander an. Der Umweltstadtrat setzte sich zwei Plätze neben Berger auf eine der Bänke.
    â€žUnd Sie?“, fragte Berger herausfordernd, „Sie haben nichts zu tun?“
    Der Umweltstadtrat ließ mit einem forschen Schlenker seines Kopfes sein Haar vom Rücken schnellen und bedachte Berger mit einem müden Lächeln. „Ich kümmere mich um Sie“, sagte er.
    â€žUm mich braucht sich keiner zu kümmern“, sagte Berger trotzig.
    â€žDas sehe ich anders.“
    â€žSie mögen mich nicht, richtig?“
    â€žRichtig.“
    â€žWarum nicht?“
    Der Umweltstadtrat ließ sich mit seiner Antwort Zeit. Geistesabwesend befummelte er seine Haare. Schließlich hob er den Blickund schaute Berger direkt ins Gesicht. „Ich mag Sie nicht, weil ich mich in Ihrer Nähe immer unwohl fühle. Sie müssen irgendetwas beweisen und es ist Ihnen egal, wer oder was dabei auf der Strecke bleibt.“
    â€žVielleicht habe ich gute Gründe für das, was ich tue“, sagte Berger und versuchte, gelassen und entspannt zu klingen, obwohl er beides nicht war.
    â€žEs gibt Leute, die aus den richtigen Gründen das Falsche tun, Sie tun aus den falschen Gründen das Falsche.“
    Bergers Gesicht verzog sich zu einem spöttischen Grinsen. „Woher haben Sie den Spruch? Aus einer Frauenzeitschrift? Ich will Ihnen mal was …“
    â€žGenau das meine ich“, unterbrach ihn der Umweltstadtrat. „Ich ich ich. Selbst wenn Sie über das Klima auf dem Mond redeten, würden Sie es fertig bringen, jeden Satz mit
Ich
anzufangen.“
    â€žSie halten mich für einen simplen Egoisten?“
    â€žNein, so einfach gestrickt sind Sie nicht. Sie sind mir unsympathisch, aber dumm sind Sie keinesfalls.“
    â€žDanke für das Kompliment“, sagte Berger mit säuerlichem Lächeln und warf einen Blick zum Bürgermeister, der immer noch in der Ecke stand und mit aufgeregter Stimme in sein Handy sprach.
    â€žWissen Sie“, sagte der Umweltstadtrat und spielte mit dem leuchtendroten Haargummi herum, „ich war von Anfang an dagegen, dass Sie diese Firma übernehmen.“
    â€žIch beschäftige fünfunddreißig Mitarbeiter“, sagte Berger, dem diese Unterhaltung langsam auf die Nerven ging. „Wir machen rund fünf Millionen Euro Umsatz im Jahr und sind einer der größten Hersteller naturbelassener Kosmetika in Mitteleuropa. Hätte ich die Firma nicht übernommen, wäre sie jetzt zugesperrt, und das wissen Sie genau. Wir haben die Fassaden abgedämmt, von Heizöl Schwer auf Fernwärme umgestellt und praktizieren Wärmerückgewinnung durch kontrollierte Lüftung. Wir sind ein Musterbetrieb!“ Die letzten Sätze hatte er beinahe geschrieen.
    Der Umweltstadtrat lachte. „Das klingt ja wie aus demWerbeprospekt, Herr Berger. Aber bei all den guten Taten für die Umwelt wollen wir doch nicht vergessen, dass Sie von der Kommunalkredit einen Haufen Fördergelder erhalten haben.“
    Berger lachte. „Einen Haufen Fördergelder, so ein Unsinn. Fünfunddreißigtausend lumpige Euro. Peanuts.“
    â€žGenommen haben Sie das Geld aber trotzdem.“
    â€žDas Geld stand mir zu, mir und einem Haufen anderer Unternehmen, die ebenfalls für effektive Energiereduktion gesorgt haben.“ Er blickte zum Eingang des Saales, wo gerade Qualtinger mit zwei Taschen in den Händen erschien. Zeit, dieses unnütze und nervtötende Gespräch endlich zu beenden. „Ich weiß, Sie können mich nicht leiden, und ich weiß auch, dass Sie denken, ich klone Babys oder so was in meinen Kellern, aber ich habe eine Betriebsanlagengenehmigung. Abwasser, Abluft, alles in bester Ordnung.“
    Qualtinger legte den Schlüssel des Umweltstadtrates auf den Tisch, dann holte er einen Apparat aus einer der Taschen, der sich als Bildschirmtelefon entpuppte, und stöpselte ihn ein. Das Gerät erwachte mit einem leisen Summen zum Leben und zeigte das Gesicht eines ungefähr fünfzigjährigen Mannes mit so kurzgeschorenem Haar, dass die Kopfhaut durchschimmerte.
    â€žWas mich noch interessieren würde“, sagte der Umweltstadtrat mit hämischem Unterton, „warum haben Sie die Fabrik nicht selbst nach der Bombe

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