Kollaps
zuverlässig regnet (oder früher geregnet hat). Solange der Boden in solchen Regionen noch mit seiner natürlichen, ganzjährigen Vegetation bedeckt ist, nehmen die Pflanzenwurzeln den größten Teil des Niederschlags auf, sodass nur wenig Regenwasser in die Tiefe sickert und dort mit den salzhaltigen Schichten in Berührung kommt. Aber angenommen, ein Bauer rodet die natürliche Vegetation und baut stattdessen Nutzpflanzen an, die je nach Jahreszeit ausgesät und geerntet werden, sodass der Boden eine gewisse Zeit im Jahr nackt ist. Regen, der in diesen nackten Boden einsickert, gelangt schnell in die tief liegenden Salzschichten, sodass das Salz an die Oberfläche diffundieren kann. Im Gegensatz zur Bewässerungsversalzung lässt sich die Trockenversalzung nur mit großem Aufwand oder überhaupt nicht mehr rückgängig machen, wenn die natürliche Pflanzendecke einmal beseitigt wurde.
Das Salz, das durch Bewässerung- oder Trockenversalzung mobilisiert wurde und sich im Grundwasser befindet, kann man sich als salzhaltigen, unterirdischen Fluss vorstellen, und dieser Fluss hat in manchen Regionen Australiens einen dreimal höheren Salzgehalt als das Meer. Wie jeder Wasserlauf, so fließt auch dieser unterirdische Fluss bergab, allerdings viel langsamer als ein Oberflächengewässer. Irgendwann tritt er in einer Niederung zu Tage und lässt sehr salzige Tümpel entstehen, wie ich sie in Südaustralien tatsächlich gesehen habe. Hat ein Bauer oben auf einem Berg durch schlechte Bewirtschaftung die Versalzung seines Landes verursacht, fließt dieses Salz unter Umständen langsam durch den Boden auf tiefer gelegene Anwesen und schädigt diese selbst dann, wenn sie gut bewirtschaftet wurden. In Australien gibt es keinen Weg, auf dem der Besitzer eines tiefer gelegenen Hofes nach einer solchen Schädigung von dem Eigentümer des höher gelegenen Anwesens einen Ersatz verlangen könnte. Ein Teil des unterirdischen Flusses kommt nicht in tieferen Lagen ans Licht, sondern mündet in Oberflächengewässer wie den Murray/Darling, Australiens größtes Flusssystem.
Die Versalzung fügt der australischen Wirtschaft auf dreierlei Weise schwere finanzielle Verluste zu. Erstens macht sie weite Regionen, darunter einige der besten landwirtschaftlichen Flächen des Kontinents, für den Anbau von Nutzpflanzen und die Viehzucht weniger produktiv oder völlig nutzlos. Zweitens gelangt ein Teil des Salzes in die Trinkwasserversorgung der Städte. Der Murray/Darling liefert beispielsweise 40 bis 90 Prozent des Trinkwassers für Adelaide, die Hauptstadt des Bundesstaates Südaustralien, aber durch den steigenden Salzgehalt des Flusses ist sein Wasser unter Umständen irgendwann als Trinkwasser oder zum Bewässern von Feldern ohne zusätzlichen Aufwand für die Entsalzung nicht mehr geeignet. Noch größeren Schaden als diese beiden ersten Effekte verursacht das Salz, weil es Einrichtungen der Infrastruktur korrodieren lässt, beispielsweise Straßen, Bahnlinien, Landebahnen, Brücken, Gebäude, Wasserleitungen, Warmwassersysteme, Regenwasserkanäle, Kanalisation, Geräte in Haushalt und Industrie, Strom- und Telefonleitungen sowie Kläranlagen. Bei den wirtschaftlichen Verlusten, die sich in Australien durch die Versalzung ergeben, handelt es sich nach Schätzungen zu einem Drittel um unmittelbare Kosten in der Landwirtschaft; die Verluste »jenseits des Hoftores« und in nachgelagerten Bereichen wie Wasserversorgung und Infrastruktur sind doppelt so hoch.
Welches Ausmaß hat die Versalzung? Heute sind bereits neun Prozent aller gerodeten Landflächen Australiens davon betroffen, und wenn man die derzeitige Entwicklung fortschreibt, wird der Anteil nach Berechnungen auf etwa 25 Prozent ansteigen. Besonders stark ist die Versalzung derzeit in den Bundesstaaten West- und Südaustralien; der westaustralische Weizengürtel gilt als eines der schlimmsten Beispiele für Trockenversalzung auf der ganzen Welt. Die ursprüngliche, einheimische Vegetation wurde dort zu 90 Prozent gerodet, der größte Teil davon zwischen 1920 und 1980; den Höhepunkt bildete das Programm »Eine Million Acres pro Jahr«, das die Regierung des Bundesstaates Westaustralien Ende der sechziger Jahre ausrief. An keiner anderen Stelle der Erde wurde die natürliche Vegetation so schnell auf einer so großen Fläche gerodet. Der Anteil des Weizengürtels, der durch Versalzung unfruchtbar ist, wird den Berechnungen zufolge in den nächsten 20 Jahren auf ein Drittel der
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