Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition)

Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition)

Titel: Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles C. Mann
Vom Netzwerk:
Collections. In Diensten Fords reiste Weir zunächst auf die indonesische Insel Sumatra, die reich an Kautschukplantagen war. Die Pflanzer dort hatten besonders ergiebige Bäume entdeckt und gelernt, sie zu vermehren, indem sie ihr Holz widerstandsfähigen Wurzelstöcken aufpfropften. So hatten sie in dreißig Jahren riesige Bestände an höchst produktiven Klonen geschaffen. Im Dezember 1933 kaufte Weir 2046 okulierte Knospen. Wie die Brasilianer, die es versäumt hatten, Wickham Einhalt zu gebieten, äußerten sich die Bewohner Sumatras, die Weir hatten gewähren lassen, hinterher sehr empört. Fünf Monate nach seiner Abreise bildeten die Kautschukproduzenten in Asien ein zweites, noch stärkeres Kartell – und verboten ausdrücklich die Entnahme von «Blättern, Blüten, Samen, Knospen, Zweigen, Ästen, Wurzeln oder anderen lebenden Teilen der Kautschukpflanze». Zu diesem Zeitpunkt hatte Weir seine kostbaren Schösslinge bereits nach Brasilien gebracht, wo sie schon bald von
M. ulei
vernichtet werden sollten.
    M. ulei
kommt in vielen verschiedenen Stämmen vor; wenn ein Fungizid einen Stamm ausrottet, sind die anderen zur Stelle. Mittels eines improvisierten Testprogramms versuchte Weir die resistenten Bäume zu ermitteln. Gleichzeitig legte er eine neue, pilzfreie Plantage in einer Entfernung von 130 Kilometern auf besserem Land an, das sich näher an der Mündung des Tapajós befand. Dort ließ er die hochergiebigen Klone aus Sumatra setzen. Der Pilz machte der neuen Pflanzung noch schneller den Garaus als der alten. Indem die Pflanzer auf Sumatra bei der Züchtung ausschließlich die Latexergiebigkeit im Blick hatten, erhielten sie, ohne es zu wollen, Sorten mit besonders geringer Widerstandskraft gegen die Blattfallkrankheit. Diese Katastrophe war de facto das Ende von Fordlândia, obwohl das Experiment offiziell erst 1945 aufgegeben wurde. Sein Schicksal veranlasste die meisten Brasilianer zu dem Schluss, dass Kautschukplantagen im Amazonasgebiet nicht lebensfähig sind. Als Ford das Land in Brasilien kaufte, kamen zweiundneunzig Prozent des Naturkautschuks aus Asien. Fünf Jahre nach dem Ende von Fordlândia war diese Zahl auf fünfundneunzig Prozent gestiegen. [535]
    Auch die Einführung des Synthesekautschuks während des Ersten Weltkriegs konnte die asiatischen Produzenten nicht vom Markt verdrängen. Obwohl die Industriechemiker großartige Arbeit leisten, gibt es noch immer kein künstliches Material, das es mit der Widerstandskraft des Naturkautschuks gegen Ermüdung und Vibrationen aufnehmen könnte. Der Naturkautschuk behauptet nach wie vor mehr als vierzig Prozent des Marktes, eine Zahl, die langsam zugenommen hat. Nur Naturgummi kann in einem medizinischen Sterilisator dampfgereinigt, dann in ein Gefriergerät gelegt werden – und trotzdem flexibel an Glas und Stahl haften. Große Flugzeug- und Lkw-Reifen sind fast ausschließlich aus Naturgummi; auch für die Seiten von Gürtelreifen wird Naturgummi verwendet, während die früher verbreiteten Diagonalreifen ausschließlich synthetisch waren. Im Hightechbereich werden Schläuche und Dichtungen aus Naturgummi gefertigt. Gleiches gilt für Kondome – eines der wenigen verbliebenen Naturkautschukunternehmen Brasiliens ist eine Kondomfabrik im westlichen Amazonasgebiet. Das Militär, das schlachttaugliche Materialien braucht, ist ein Hauptabnehmer – weshalb die USA während des Koreakriegs eine Kautschukblockade gegen China verhängten. [536]
    Die Blockade brachte die Chinesen zu der Überzeugung, dass sie selbst
H. brasiliensis
anbauen mussten. Leider verfügt das Land nur über wenige Regionen, die warm genug sind für diese tropische Art. Die größte ist Xishuangbanna (Sipsongpanna) an der äußersten Spitze der Provinz Yunnan, an der Grenze zu Laos und Myanmar. Der autonome Bezirk, in dem die beiden chinesischen Minderheiten Dai und Akha (Hani) heimisch sind, ist Chinas tropenähnlichstes Gebiet. Obwohl Xishuangbanna nur 0 , 2  Prozent der Landesfläche umfasst, haben hier fünfundzwanzig Prozent der höheren Pflanzenarten, sechsunddreißig Prozent der Vögel, zweiundzwanzig Prozent der Säugetiere und ein beträchtlicher Anteil der Amphibien und Süßwasserfische Gesamtchinas ihren Lebensraum.
    Schon 1904 hatte man dort mit Kautschuk experimentiert, doch alle Bemühungen wurden wieder eingestellt. In den 1960 er Jahren versuchte die Volksbefreiungsarmee, den Bezirk in eine Kautschukregion zu verwandeln. Tatsächlich waren die

Weitere Kostenlose Bücher