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Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition)

Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition)

Titel: Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles C. Mann
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Süßkartoffel in China hatte katastrophale soziale und ökologische Folgen, wie ich oben zu zeigen bemüht war. Sie bewahrte aber auch Millionen von Europäern und Chinesen vor Unterernährung und Hungertod. Die ungeheuren Vorteile der Artenverbreitung machen die großen Nachteile wett, obwohl das Verhältnis von Licht und Schatten wohl ausgeglichener ist, als die Fürsprecher des freien Austauschs bereit sind zuzugeben, wie Dean zum Beispiel: «Der Transfer von Saatgut, selbst über nationale Grenzen hinweg, selbst im Dienst rohen Profitstrebens, sogar im Interesse des Imperialismus, kann als entscheidender Beitrag zum Fortschritt der Menschheit gewertet werden.» [531]
    Zwei Monate, nachdem Wickham in London angekommen war, wurden die Sämlinge von Kew Gardens aus nach Sri Lanka, in die damalige Kronkolonie Ceylon, verschifft. Von Wickham genervt, hörten die Gärtner nicht auf dessen Empfehlung, die Bäume an offenen Hängen, weitab von Sümpfen und Flussufern, zu pflanzen, da die Wurzeln in durchweichtem Boden nicht richtig wachsen würden. Stattdessen setzten sie die Sämlinge in bewaldete Feuchtgebiete. Doch selbst wenn die Pflanzen gediehen wären, hätten die britischen Kolonisten 1876 wenig Interesse an einer Umstellung ihrer Plantagen gehabt. Zwei Jahrzehnte zuvor hatten sie im Hügelland der Insel fast zweitausend Quadratkilometer mit Kaffeesträuchern bepflanzt und eine Viertelmillion Inder zu deren Pflege geholt. Ein bis dahin ungekannter Pilz befiel 1869 «ein bis anderthalb Hektar» Kaffee. Drei Jahre später berichtete der Direktor des Botanischen Gartens in Sri Lanka, «nicht eine einzige Pflanzung ist ganz von ihm verschont geblieben». Wickhams Sämlinge kamen ausgerechnet zu dem Zeitpunkt, als die unglücklichen Kolonisten ihre befallenen Kaffeesträucher aus dem Boden rissen und statt ihrer Teebüsche pflanzten – gelegentlich wird behauptet, die Kaffeepest sei dafür verantwortlich, dass die Briten den Kaffee verschmähten und Teetrinker wurden. Wenige Pflanzer waren daran interessiert, ihre neuen Teesträucher durch Kautschukbäume zu ersetzen. Die gleiche Kaffeekrankheit ereilte Malaysia und Indonesien in den 1890 er Jahren. Zu einem Neuanfang gezwungen, machten die Plantagenbesitzer einen Versuch mit den Kautschukbäumen, die in Sri Lanka keine Verwendung fanden. Die Vermögen, die in Malaysia und in Indonesien – der Kolonie Niederländisch-Indien, die ebenfalls einige von Wickhams Bäumen abbekommen hatte – im Handumdrehen gemacht wurden, bewogen die Pflanzer in Sri Lanka, sich die Sache noch einmal zu überlegen. 1897 hatten Malaysia und Sri Lanka vierhundert Hektar Kautschukpflanzungen. Fünfzehn Jahre später waren es 260 000  Hektar. Zum ersten Mal kam mehr Kautschuk aus Asien als aus Amerika. Die Preise stürzten ab und die brasilianische Kautschukindustrie mit ihnen. [532]
    Kaum jemand in Manaus hatte diese Entwicklung kommen sehen – wenn es denn überhaupt eines Beweises für den Glauben des Menschen an den ewigen Fortbestand einer Glückssträhne bedurfte, dann war er hier zu finden. Nun versank die Stadt in Resignation, die Oper schloss ihre Tore, die Villen leerten sich. Entsetzt stellten die Kautschukbarone fest, dass Arbeiter, die einen Wald von der Größe eines Kontinents durchstreiften, den Latex nicht annähernd so effizient ernten konnten, wie Zapfer, die zwischen sauber aufgereihten, dicht gepflanzten Bäumen tätig waren. Von Panik ergriffen, versuchten die Unternehmen im Amazonasgebiet sogar, Plantagen anzulegen. Die erste echte Chance, sich zu erholen, bekam die Region 1922 , als die britischen Kolonien in Asien, die zu viel Kautschuk angepflanzt hatten, den Versuch unternahmen, dem Preisverfall durch Bildung eines Kartells entgegenzuwirken. Zu den darüber empörten Unternehmern gehörten Harvey Firestone, der größte Reifenhersteller der Welt, und Henry Ford, der größte Autohersteller der Welt. Firestone reagierte mit dem Aufbau einer riesigen Kautschukplantage in Liberia. Ford plante eine Pflanzung von gleicher Größe im Amazonasgebiet.
    Als Standort wählte er eine Gegend am Rio Tapajós, nahe bei Santarém, in dessen Umgebung Wickham seine Kautschuksamen gesammelt hatte. Unheilvoll war schon der Beginn des Projekts 1927 : Ford beauftragte einen brasilianischen Makler, der ihm 10 000  Quadratkilometer Land am Oberlauf des Tapajós verkaufte, die, wie es der Zufall wollte, dem Makler selbst gehörten. Zur Unterbringung seiner Arbeiter ließ Ford eine

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