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Kolyma

Kolyma

Titel: Kolyma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Rob Smith
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mit Karoly umging. Zwei ehemalige Agenten, die einander nicht trauten und trotzdem miteinander verbunden waren wie Angehörige derselben Gesellschaft. Soja würde fragen: Ihr habt zwei KGB-Agenten geschickt, um mich zu retten? Ihr würde schlecht werden bei der Vorstellung. Wie wenig sie wussten von dem, was in Soja vorging. Frajera dagegen hatte Sojas Gemütslage bestimmt für sich ausgenutzt und behauptet, ihre Verlassenheit zu verstehen.
    Dass Leo sich eingestehen würde, sie sei absichtlich verschwunden, bezweifelte Raisa. Karoly würde vielleicht ihre wahren Motive erahnen, aber Leo würde es von sich weisen. Diese Verzögerung verschaffte ihr einen kleinen Vorteil. Für den Fall, dass sie sich verlieren sollten, hatte Karoly beiden einen Stadtplan mitgegeben, auf dem seine Wohnung eingezeichnet war. Sie schätzte, dass sie irgendwo in der Nähe die Stahly ut sein musste. Also musste sie sich direkt nach Süden wenden und dabei die offensichtlichsten Strecken zum Corvin-Kino, wo man Soja gesichtet hatte, vermeiden.
    Weil sie ihren Stadtplan verborgen halten musste, kam sie nur langsam voran. Endlich erreichte sie die Ulloi ut. In diesem Stadtbezirk war heftig gekämpft worden. Überall auf dem Pflaster lagen leere Granathülsen. Obwohl es eine große Straße war, konnte Raisa nur wenige Menschen entdecken. Gelegentlich huschte eine Gestalt von einem Türeingang zum nächsten, dann wieder nichts - angesichts einer so wichtigen Durchgangsstraße herrschte hier eine gespenstische Stille. Raisa hielt sich dicht an den Hauswänden und bewegte sich vorsichtig weiter. Irgendwann hob sie einen zerbrochenen Ziegelstein auf. Wenn sie in Deckung gehen musste, würde sie sich entweder in einen Türeingang kauern oder damit ein Fenster einschlagen und hineinklettern. Als sie den Ziegel nahm, merkte sie, dass seine Unterseite ganz feucht war. Verdutzt schaute sie hinunter und sah, dass die ganze Straße mit irgendetwas Glitschigem überzogen war.
    Über die gesamte Straßenbreite hinweg hatte man eine Art Stoff ausgelegt. Es war Seide, Ballen kostbarer Seide, und sie war in Seifenschaum getränkt. Verwirrt machte Raisa einen vorsichtigen Schritt, und sofort rutschte sie mit ihren glatten Schuhsohlen aus. Jetzt kam sie nur noch weiter, wenn sie sich stets mit einer Hand an der Wand abstützte. Als hätte sie einen Alarm ausgelöst, schrie man ihr aus den Fenstern über ihr etwas zu. Zu beiden Seiten tauchten in den Fenstern und auf den Dächern Menschen auf, die alle bis an die Zähne bewaffnet waren. Raisa hörte ein Poltern, spürte die Erschütterungen und blickte sich um. Gerade fuhr ein Panzer in die Straße ein. Er drehte sich einmal um die eigene Achse, kontrollierte beide Seiten, dann schwenkte er in ihre Richtung und beschleunigte. Die Menschen in den Fenstern und auf den Dächern verschwanden und ließen sich nicht mehr blicken. Das hier war eine Falle. Und sie steckte mittendrin.
    Raisa hetzte über die nasse Seide, schlug hin, rappelte sich wieder hoch und hielt auf das nächstgelegene Geschäft zu. Die Tür war verriegelt. Der Panzer war schon dicht hinter ihr. Sie holte mit dem Ziegelstein aus und zertrümmerte die Scheibe. Ringsherum fielen große Scherben zu Boden. Kaum war Raisa hineingeklettert, hatte der Panzer auch schon den Anfang der seifigen Seide erreicht. Raisa warf einen hastigen Blick zurück, überzeugt, dass der Panzer dieses lächerliche Hindernis mit Leichtigkeit nehmen würde. Doch der rutschte sofort zur Seite. Nutzlos mahlten die Ketten auf der glitschigen Seide, sie fanden keinen Griff mehr. Der Panzer war manövrierunfähig. Als Raisa wieder zu den Dächern hochblickte, sah sie, wie sich die Aufständischen dort wieder versammelten. Ein Hagel von Molotowcocktails schlug rund um den Panzer ein und setzte ihn in Brand. Der Panzer richtete sein Rohr auf eines der Dächer aus und feuerte eine Granate ab, doch weil er keinen festen Stand hatte, traf sie nicht, sondern jagte in den Himmel hinein.
    Hektisch verkroch sich Raisa ins Innere des Geschäfts. Die Wände fingen an zu zittern. Sie schaute rasch über die Schulter. Durch das zerborstene Fenster sah sie, wie der Panzer sich in ihre Richtung drehte. Raisa warf sich zu Boden, und im nächsten Moment krachte der Panzer auch schon durch die Fassade des Geschäfts, der Turm durchstach die Decke über ihr. Die Mauern stürzten ein. Der Panzer war festgekeilt.
    In dem Rauch und den Staubwolken rappelte Raisa sich wieder hoch und taumelte in die

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