Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)
Hotelzimmers, zusammen mit den Miniaturflaschen mit Shampoo und Bodylotion. Versuch es noch einmal, dieses Mal mit dem Namen Judas Johansen.«
Die Suche war nach weniger als fünfzehn Sekunden beendet.
»Negativ«, sagte Katrine.
»Verfluchter Mist«, schimpfte Hagen.
»Noch sind wir nicht am Ende«, sagte Harry und studierte das Tütchen. »Da steht kein Fabrikat drauf, aber normalerweise sind die Schäfte solcher Wattestäbchen aus Plastik. Diese hier sind aus Holz. Es sollte möglich sein, den Lieferanten ausfindig zu machen und zu fragen, welche Hotels in Oslo er beliefert.«
»Hotel supplies« , sagte Katrine, und ihre Insektenfinger machten sich wieder auf die Reise.
»Ich muss los«, sagte Ståle und stand auf.
»Ich bringe dich raus«, sagte Harry.
»Ihr werdet ihn nicht finden«, sagte Ståle, als sie vor dem Präsidium standen und in den Botsparken schauten, der in dem scharfen, kalten Frühjahrslicht badete.
»Wir, wolltest du wohl sagen?«
»Vielleicht«, seufzte Ståle. »Ich habe nicht wirklich das Gefühl, einen Beitrag zu leisten.«
»Beitrag?«, sagte Harry. »Du hättest uns Valentin beinahe auf dem Silbertablett serviert.«
»Er ist davongekommen.«
»Sein Alias ist zerstört, wie nähern uns. Warum glaubst du, dass wir ihn nicht finden?«
»Du hast ihn selbst gesehen. Was glaubst du?«
Harry nickte. »Und er hat gesagt, dass er zu dir gegangen ist, weil du einmal ein psychologisches Gutachten über ihn erstellt hast? Damals bist du zu dem Schluss gekommen, dass er juristisch voll zurechnungsfähig ist, nicht wahr?«
»Ja, aber wie du weißt, können Menschen mit schweren Persönlichkeitsstörungen verurteilt werden.«
»Und du hast ihn damals auf Schizophrenie untersucht und darauf, ob zum Tatzeitpunkt eine Psychose vorgelegen hat, oder nicht?«
»Ja.«
»Er könnte aber auch manisch-depressiv oder ein Psychopath gewesen sein. Sorry, bipolar oder soziopathisch.«
»Im Augenblick lautet die korrekte Bezeichnung dyssozial.« Ståle nahm die Zigarette entgegen, die Harry ihm reichte.
Harry zündete beide an. »Schon verrückt, dass er zu dir geht, obwohl er weiß, dass du für die Polizei arbeitest. Und dass er bei dir bleibt, obwohl er mitbekommen hat, dass du in die Jagd auf ihn involviert bist?«
Ståle inhalierte und zuckte mit den Schultern. »Ich bin vermutlich ein derart brillanter Therapeut, dass er bereit war, dieses Risiko einzugehen.«
»Andere Vorschläge?«
»Tja, vielleicht sucht er die Spannung. Viele Serienmörder suchen unter irgendeinem Vorwand die ermittelnde Polizei auf, um Einblick in die Jagd auf sie zu bekommen. Und um den Triumph zu genießen, die Polizei ausgetrickst zu haben.«
»Valentin hat sich ausgezogen, obwohl er davon ausgehen musste, dass du von der Tätowierung wusstest. Ein verdammt hohes Risiko, wenn man wegen Mordes gesucht wird.«
»Wie meinst du das?«
»Ja, wie meine ich das?«
»Glaubst du, er hat den unbewussten Wunsch, gefasst zu werden? Dass er mich aufgesucht hat, um wiedererkannt zu werden? Und dass er, nachdem ich das nicht geleistet habe, unbewusst nachgeholfen hat, indem er mir seine Tätowierung zeigte? Dann war es kein Zufall, dass ich sein Spiegelbild gesehen habe?«
»Und dann nimmt er Hals über Kopf Reißaus, wenn er sein Ziel erreicht hat?«
»Da hat wieder das Bewusstsein übernommen. Das lässt die Polizeimorde in einem ganz neuen Licht erscheinen, Harry. Valentins Morde sind Zwangshandlungen, die er unbewusst aufhalten will. Er wünscht sich Strafe oder Exorzismus. Jemand soll den Dämon in ihm stoppen, nicht wahr? Und weil es uns nicht gelungen ist, ihn wegen der Originalmorde zu überführen, tut er, was viele Serienmörder tun, er erhöht das Risiko. In seinem Fall, indem er sich die Polizisten vornimmt, die es beim ersten Mal nicht geschafft haben, ihn zu stellen. Außerdem weiß er, dass wir bei Polizistenmorden auf alle Ressourcen zurückgreifen. Und schließlich zeigt er die Tätowierung jemandem, der an den Ermittlungen beteiligt ist. Verdammt, du könntest recht haben, Harry.«
»Ich weiß nicht, lob mich nicht zu früh. Gibt es keine einfachere Erklärung? Valentin ist nicht so vorsichtig, wie wir es von ihm erwarten würden, weil er nicht so viel zu verlieren hat, wie wir glauben.«
»Das habe ich jetzt nicht verstanden, Harry.«
Harry saugte an seiner Zigarette. Atmete den Rauch aus und sog ihn durch die Nase gleich wieder ein. Diesen Trick hatte er von einem milchweißen deutschen
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