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Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)

Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)

Titel: Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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Serienmördern gesprochen. Und er hatte Harry Hole als Hauptkommissar bezeichnet, während die meisten Menschen keine Ahnung von den Dienstgraden bei der Polizei hatten. Der durchschnittliche Zeitungsleser erinnerte sich nur an die blutigen Einzelheiten der Artikel und nicht an unwesentliche Details wie zum Beispiel das Pentagramm, das neben einer der Leichen in einen Balken geritzt worden war. Was ihm aber besonders aufgefallen war – und das konnte Bedeutung für die Therapie haben –, war, dass Paul ihn mit den Polizisten verglichen hatte, die ganz offensichtlich nicht in der Lage waren, diesen Serientäter und Vergewaltiger zu finden …
    Ståle hörte den Aufzug kommen und gehen, und da fiel ihm ein, welche Melodie das gewesen war. Sie war aus Dark Side of the Moon . Er hatte sich die Platte angehört, um herauszufinden, ob es dort irgendeinen Ansatz für Paul Stavnes Traum gab. Das Lied hieß »Brain Damage« und handelte von Verrückten. Verrückte im Gras, in der Halle, Verrückte im Kopf.
    Vergewaltiger.
    Die ermordeten Polizisten waren nicht vergewaltigt worden.
    Paul konnte natürlich so wenig Interesse an dem Fall haben, dass er die ermordeten Polizisten mit den anderen Opfern verwechselt hatte, die früher an den gleichen Tatorten ermordet worden waren. Oder er erachtete es als eine Selbstverständlichkeit, dass Serientäter auch vergewaltigten. Eine andere Möglichkeit war, dass er von vergewaltigten Polizisten träumte, was die Theorie der unterdrückten Homosexualität stützen würde. Oder …
    Ståle Aune verharrte mitten in der Bewegung und sah überrascht die Hand an, die auf dem Weg zu seiner Fliege war.
    Anton Mittet trank einen Schluck Kaffee und blickte auf den schlafenden Mann im Krankenbett. Sollte er nicht auch ein bisschen Freude verspüren? Die gleiche Freude, die Mona zum Ausdruck gebracht hatte, als sie von einem der kleinen Alltagswunder gesprochen hatte, die einen dafür belohnten, dass man sich als Krankenschwester so abrackerte. Natürlich war es toll, wenn ein Komapatient, den alle schon totgesagt hatten, es sich plötzlich anders überlegte und von den Toten wieder erwachte. Aber der Mensch dort im Bett, das blasse, ausgemergelte Gesicht auf dem Kissen – er bedeutete ihm nichts. Und dass er aufwachte, hieß für ihn nur, dass seine Arbeit damit bald zu Ende war. Was natürlich nicht bedeuten musste, dass damit auch sein Verhältnis zu Mona zu Ende war. Die heißesten Stunden hatten sie schließlich nicht hier verbracht. Jetzt brauchten sie sich wenigstens keine Sorgen mehr zu machen, dass den Kollegen die zärtlichen Blicke auffielen, die sie sich zuwarfen, wenn sie zu dem Patienten ging oder aus seinem Zimmer kam. Oder die intensiven Gespräche, die abrupt beendet wurden, wenn ein anderer auftauchte. Andererseits hatte Anton Mittet das Gefühl, dass ebendiese Heimlichtuerei die Voraussetzung für ihre Beziehung war. Das Verbotene. Die Spannung, zu sehen, aber nicht berühren zu dürfen. Warten zu müssen, bis er sich zu Hause wegschleichen konnte, indem er Laura die immer leichter von der Hand gehende Lüge von der Sonderschicht auftischte. Diese Lüge, an der er irgendwann ersticken würde. Und seine Untreue machte ihn in Monas Augen nicht gerade zu einem besseren Mann. Vermutlich malte sie sich bereits aus, wie er auch bei ihr irgendwann mit den gleichen Entschuldigungen kommen würde. Sie wusste, wie es war, betrogen zu werden, das hatte sie ihm gesagt. Und damals sei sie noch schlanker und jünger gewesen und nicht so eine alternde, fette Kuh wie jetzt. Es würde sie sicher nicht sonderlich schockieren, wenn er sie irgendwann abservierte. Natürlich hatte er protestiert und ihr gesagt, dass sie so etwas nicht einmal denken sollte. Dass sie das nur hässlicher machte, und ihn auch, als wäre er ein Mann, der alles nahm, was er kriegen konnte. Inzwischen war er ganz froh, dass sie das gesagt hatte. Irgendwann musste Schluss sein, und auf diese Weise machte sie es ihm leichter.
    »Wo haben Sie denn den Kaffee her?«, fragte der neue Pfleger und schob sich die Nickelbrille auf der Nase nach oben, während er das Krankenblatt las, das am Bettgitter hing.
    »Hinten auf dem Flur steht eine Espressomaschine. Außer mir nutzt die keiner, aber wenn Sie gerne möchten …«
    »Danke für das Angebot«, sagte der Pfleger. Seltsame Aussprache, dachte Anton. »Aber ich trinke keinen Kaffee.« Der Pfleger warf einen Blick auf den Zettel, den er aus der Kitteltasche genommen

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