Koma
haben die das Miststück reingelassen?«
Schwingtüren führten vom Umkleidezimmer in den Operationsvorraum. Susan wagte sich über die Schwelle. Hier sah es fast wie in einem normalen Krankenhaus aus. Das Licht kam aus Neonröhren von der Decke, die zu beiden Seiten der allgegenwärtigen Schienen für die Patientenkarren montiert waren. Nur bemerkte sie auch hier das seltsame Glimmen, wie sie es aus der Hauptstation kannte. Offensichtlich hatte das Licht einen ultravioletten Zusatz. Der Boden bestand aus weißem Kunststoff, die Wände waren weiß gekachelt.
Der OP-Vorraum war nicht eben groß. In der Mitte stand ein verlassenes Pult. Augenscheinlich gab es vier Operationssäle, zwei auf jeder Seite, jeweils mit Zwischenkammern. Susans Aufmerksamkeit wurde von gedämpften Geräuschen aus dem ersten Operationssaal erregt. Durch ein kleines Fenster in der Tür kam Licht, also wurde dort operiert.
Susan ging zur unbeleuchteten Nebenkammer, lugte hinein und trat ein. Sie brauchte einige Zeit, bis sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. In die Nebenkammer drang fahles Licht nur durch das Türfenster zum angrenzenden OP. Schließlich konnte Susan einen Mitteltisch ausmachen. Auf ihm standen mehrere große Objekte, die rhythmische Geräusche von sich gaben. Links an der Wand sah sie eine Metallspüle, rechts die Umrisse eines Sterilisiergeräts.
So leise wie möglich machte Susan den kleinen Schrank unter der Spüle auf und tastete den Hohlraum mit den Händen ab. Sie überzeugte sich davon, daß sie dort zur Not ein ausreichendes, wenn auch enges Versteck finden konnte. Dann ging sie zurück zur Flurtür und drehte den Knauf, bis die Verriegelung einschnappte. Einen Moment stand sie lauschend da. Die Geräusche nebenan hatten sich nicht geändert. Susan spähte nach den Objekten auf dem Mitteltisch, doch in dem schwachen Licht konnte sie nichts erkennen.
Jetzt erst schlich sie zur Tür, die von dem Nebenraum in den OP führte. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und lugte durch das Fenster. Sie sah zwei Chirurgen in Kitteln und mit Handschuhen, die sich über einen Patienten beugten. Aber es fehlte der Anästhesist. Auch gab es keinen Operationstisch. Statt dessen war der Patient immer noch in seinen Aluminiumrahmen gespannt. In seinem Unterleib klaffte ein Einschnitt, den die Ärzte gerade vernähten. Susan konnte jedes ihrer Worte verstehen.
»Ich möcht’ gern wissen, wohin das Herz geht. Von dem anderen, vorhin, meine ich.«
»San Francisco«, antwortete der zweite Chirurg und zog einen Knoten fest. »Bringt, soviel ich weiß, nur fünfundsiebzigtausend Dollar. Gewebeverträglichkeit nicht einwandfrei garantiert, aber es war ein Eilauftrag.«
»Man kann nicht alles haben«, meinte der erste. »Aber die Niere hier ist ein Prachtstück. Hab’ gehört, sie geht für fast zweihunderttausend weg. Und in ein paar Tagen bestellen sie vielleicht die nächste nach.«
»Also, die lassen wir nicht raus, bis wir Kundschaft für das Herz haben«, erklärte der zweite Chirurg beim nächsten Knoten.
»Unser größtes Problem ist die Bestellung aus Dallas. Da ist eine Million geboten, wenn wir was Passendes finden. Vater von dem Knaben ist Ölmillionär.«
Der zweite pfiff leise durch die Zähne. »Und? Bis jetzt kein Glück gehabt?«
»Weiß nicht, da liegt einer im Memorial, höchste Gewebeverträglichkeit. Kommt nächsten Freitag dran, Gallenblase, und wenn …«
Susans Hirn arbeitete wie rasend, suchte verzweifelt, einen anderen als den naheliegenden Sinn für das zu finden, was sie gerade gehört hatte. Doch bevor sie einen klaren Gedanken fassen konnte, wurde an der Tür zum Flur gerüttelt. Susans erster Impuls war, in den zweiten OP zu laufen. Aber sie besann sich und rannte zur Spüle. Im selben Moment hörte sie, wie jemand den OP betrat, in dem die beiden Ärzte arbeiteten. Sie quetschte sich in den Schrank unter der Spüle, zuckte zusammen, als mehrere kleine Krüge umfielen. Erst beim zweiten Versuch gelang es ihr, die Füße nachzuziehen, aber der Schrank war noch nicht ganz geschlossen, als die Verbindungstür zum OP nebenan aufging und das Licht in der Kammer eingeschaltet wurde. Susan hielt den Atem an.
Wenn sie den Kopf zur Seite drehte, konnte sie durch den Spalt in der Schranktür den Mitteltisch sehen. Darauf standen zwei Plexiglasbehälter, die wie kleine Aquarien aussahen. Jetzt begriff sie auch, was es mit dem Geräusch auf sich hatte: Es kam von batteriegetriebenen Motoren, die
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