Komische Voegel
vorhalten
Montag, 18. Dezember 2006
Gerade hatten wir in den Niederlanden das »nationale Vogelzählwochenende«. In allen Provinzen des Landes haben Familien am Samstag und Sonntag eine Stunde lang, insgesamt also zwei Stunden, mit Adleraugen (haha!) Ausschau nach Vögeln gehalten und auf Vordrucken Häkchen gemacht. Zu den erfreulichsten Ergebnissen gehört, daß der Haussperling wieder auf dem Vormarsch ist und fast schon von der roten Liste gestrichen werden kann. Außerdem deuten erste Hochrechnungen darauf hin, daß einige Arten (unter anderem der Zilpzalp) nicht mehr nach guter alter Sitte gen Süden ziehen, sondern dableiben. »Das ist auf den Klimawandel zurückzuführen«, sagte ein Sprecher des Vogelschutzbundes mit drohendem Unterton.
Bei meinen Eltern hat gestern niemand gezählt, denn der Geburtstag meiner Mutter war wichtiger. Mein Vater hat im Garten einen regelrechten Futterwolkenkratzer errichtet, und auch außen an diesem Bauwerk hängt noch alles mögliche Eßbare, zum Beispiel mit Fett getränkte Kiefernzapfen. Gestern haben zwei Türkentauben den Futterplatz für lange Zeit besetzt und die Zilpzalpe, Wiesenpieper, Gartenbaumläufer, ja sogar die frechen Kohlmeisen auf Distanz gehalten. Denn die kleinen Vögel waren natürlich keine Gegner für die fremden Tauben, die außerdem noch alles vollschissen und damit die Leckerbissen auf dem Boden für Vögel jeglicher Art ungenießbar machten. Ich hatte das mehrsprachige Große Wörterbuch der Vogelsprachen auf dem Schoß und übersetzte das Geschimpfe der vertriebenen, ungeduldig wartenden Vögelchen mit »Ausländer raus!«. Im Gegenzug versuchten die Türkentauben die Einheimischen
noch mehr zu provozieren, indem sie mit hochtrabendem Gurren das Massaker an den Kernbeißern leugneten, das sich vor fünf Jahren im selben Garten zugetragen hatte.
»Hol dein Gewehr!« riefen empörte Geburtstagsgäste meinem Vater zu. Aber der schaute nachdenklich hinaus, schüttelte weise den Kopf und aß ein zweites Teilchen.
Sjaak
Mittwoch, 27. Dezember 2006
Bevor wir gestern unser Weihnachtsmahl zu uns nahmen, trafen wir in den Donkere Duinen mit einem Bloodhound (auch Hubertushund genannt) zusammen. Buchstäblich. Wir waren etwas zu spät aufgebrochen, es war schon dunkel, und der Hund kam immer wieder von hinten angelaufen und drängte sich fröhlich an uns. Meine kleinen Neffen und Nichten suchten ängstlich bei mir Schutz (das Tier war doppelt so groß wie der kleinste der Jungen), aber ich sagte: »Wenn ein Hund frei laufen darf, tut er nichts.« Das jedenfalls möchte ich dann immer glauben. Ich kam mit dem Frauchen ins Gespräch und erfuhr, daß der Hund Sjaak hieß. In der Nähe des Parkplatzes rannte einer der Jungen vor. Sjaak schlug an und sprang bei jedem Bellen mit allen vieren gleichzeitig hoch. So etwas hatte ich noch nie gesehen, der Hund erinnerte stark an einen Springbock. »Ja«, sagte das Frauchen, »wenn einer aus der Gruppe wegläuft, fängt Sjaak an zu bellen, es gefällt ihm nicht, wenn die Gruppe nicht zusammenbleibt.«
Das gehört zu den Dingen, die ich an Hunden so phantastisch finde: Eine Katze holt sich Liebe und Geborgen
heit, ein Hund bringt Liebe und Geborgenheit. Auf doggynet.nl wird der Bloodhound als »schüchtern« und »schnell gekränkt« charakterisiert. Großartig. Was für ein sympathisches Tier.
Kane
Sonntag, 4. Februar 2007
Veluwe-Heideschafe sind edle Tiere. Doch als der kleine Fedor Henk Willem Gerbrand eins dieser Schafe hartnäckig als Kuh betitelte, wurde er von ihm rücksichtslos umgerannt. Er hat nicht geweint. Dieses Schaf war nicht nur edel, es war auch feinfühlig. Wie Kane, der Border Collie, der auf eine ganze Gruppe von Heideschafen aufpaßte. »Wenn man ihn zu hart anfaßt, verschwindet er einfach für einen ganzen Tag«, berichtete der Besitzer. »Ein sehr feinfühliger Hund.« Kane sprang an mir hoch, wobei er meinen Mantel schmutzig machte, und leckte mir übers Gesicht. Sehr feinfühlig.
Eigentlich waren wir nur aus Versehen an dem Schafpferch in der Loenermark gelandet. Auf der Rückfahrt von einer »Wochenendhochzeit« in der Nähe von Zutphen. Jetzt, einen Tag danach, denke ich vor allem an Kane, den feinfühligen Border Collie, der erst zwei Jahre alt und noch in Ausbildung ist. Ich glaubte zu hören, wie sein Herr ihm einige Befehle auf walisisch gab. Er hatte noch zwei andere Hunde, die beide weiter waren. Kane nahm den Maschendrahtzaun mit einem gewaltigen Sprung. Der Hund freunde sich
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