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Komische Voegel

Komische Voegel

Titel: Komische Voegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerbrand Bakker
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zu leicht mit jedem an, meinte der Besitzer und gab sich große Mühe, empört zu klingen.
    Als wir wieder aufbrechen wollten, sprang Kane noch
einmal an mir hoch und versuchte sich an meinen Armen festzuhalten, genau wie Mawn es immer tut, ein Border Collie aus Nordwales, den ich schon lange kenne. Ich rief dem Besitzer zu, daß ich den Hund gern mitnehmen würde. »Von mir aus«, antwortete er, kurz bevor er zu den Schafen ging. »Ich kriege demnächst einen neuen, aus England.« Natürlich, England.
    Boris und Bürostuhl
    Freitag, 9. Februar 2007
    Gestern vormittag, bevor ich circa fünfunddreißig Frauen in einem Penthouse-Wohnzimmer in Lelystad traf, traf ich Boris. Boris lebt in Almere, ist zehn Jahre alt, hat dunkelbraune Augen und ziemlich kurze Beine. Boris ist ein Rauhhaardackel. Das neue Gebäude, in dem er wohnt (sein Herrchen ist Architekt), ist mit Fußbodenheizung ausgestattet, und innerhalb von zwei Tagen hatte Boris die wärmste Stelle entdeckt: hinter dem Kühlschrank. Der Kühlschrank steht jetzt woanders, es ist ja kaum sinnvoll, wenn etwas, das kühlen soll, an der wärmsten Stelle des Hauses steht. Boris kann sehr schön jaulen. Auch ich kann sehr schön jaulen, wir hatten also Spaß zusammen. Stöhnen kann er auch und mich dabei mit diesen rehbraunen Augen anschauen, oder meinen Mund anstarren, wenn Brot darin verschwindet. Und immer stöhnen und jaulen. Den Käsehändler, der Ware lieferte, mochte er auch sehr, aber der war vollauf mit Kassieren und Händewarmreiben beschäftigt und beachtete ihn nicht. Weshalb Boris wieder zu der Stelle trippelte, an der einmal der Kühlschrank gestanden hatte und jetzt sein Kis
sen liegt, der wärmsten Stelle im neuen Haus, die allein ihm gehört. Das für uns so aufregende Schneetreiben draußen interessierte ihn nicht.
    Die circa fünfunddreißig Frauen saßen auf Sofas, Küchenstühlen, Klappstühlen und vermutlich dem einen oder anderen Hocker. Der Autor saß neben einem kleinen runden Tischchen mit glänzender Platte, auf einem Bürostuhl. Es war einer von den Stühlen, deren Rückenlehne sich hydraulisch gegen den Rücken des Sitzenden preßt, das heißt, jedesmal, wenn man sich vorbeugt, beugt sich die Rückenlehne mit und schiebt einem das Hemd oder die Jacke hoch. Außerdem hatte der Stuhl Rollen, und der Boden war gefliest. Der Autor war froh, als er in der Pause auf dem Balkon eine Zigarette rauchen konnte. Der Schnee lag zwei Zoll hoch. Lelystad war weiß und still, drinnen wurde Tee getrunken.
    Später, vom Zug aus, der ganz normal fuhr, sah der Autor Hunderte von Rehen, die im Oostvaardersbos die Bäume auffraßen, und, so unwahrscheinlich es klingt, genau dieselben Kühe wie auf dem Umschlag seines Buches.
    Kurzmeldung
    Mittwoch, 14. Februar 2007
    Manchmal fallen Kurzmeldungen allzu kurz aus. Zum Beispiel ein Bericht, den ich vorletzte Nacht auf NOS -Videotext las: In einem Zoo im belgischen Olmen hat ein Gepard eine siebenunddreißigjährige Frau getötet. Sie war eine regelmäßige Besucherin des Zoos und hatte sich den Schlüssel zum Gehege verschafft .
    Bitte? Auch ich bin regelmäßiger Zoobesucher, das bedeutet aber noch nicht, daß ich mir den Schlüssel zu irgendeinem Gehege verschaffen könnte. Eine Kurzmeldung aus gerade einmal zwei Sätzen. Nur: Was steckt hinter diesen Sätzen? Hat sie vielleicht geglaubt, sie habe eine »Beziehung« zu dem Geparden aufgebaut, sie und nur sie habe durch innigen Blickkontakt das Wilde seiner Natur bezwungen? Wollte sie die Nacht mit einem großen Katzenartigen verbringen – inspiriert von dem Film Katzenmenschen mit Nastassja Kinski und Malcolm McDowell und mit dem wunderschönen Song von Giorgio Moroder ( Putting out the fire / With gasoline … See these eyes so green / I can stare for a thousand years / Just be still with me / You wouldn’t believe what I’ve been through ) –, vergaß aber zu bedenken, daß sie selbst sich bei sexueller Erregung noch nie in einen Panther verwandelt hatte?
    Oder wußte sie genau, was sie tat, als sie in den Käfig kroch, dachte sie: Ich mache es anders? Ich will nicht als zerstückelter Körper auf einem Bahngleis oder als Erhängte im Türrahmen meiner Küche in die Zeitung? Wenn ich so überhaupt in die Zeitung käme? Also schlich sie nachts in den Olmener Zoo, öffnete leise die Käfigtür und hielt ihre Kehle freiwillig dem Geparden hin, den sie schon seit Monaten zu reizen versuchte? Sie hatte das Tier adoptiert , lese ich gerade – als dritten Satz –

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