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Komm her, Kleiner

Komm her, Kleiner

Titel: Komm her, Kleiner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lola Lindberg
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das Gefühl, dass schmiegen genau das richtige Wort ist. Alles an Maria scheint weich zu sein, weich und warm, und wenn ich noch länger auf den Ansatz ihrer Brustfalte starre, der durch den V-Ausschnitt freigegeben wird, wird sie es bemerken.
    „Lieb von dir, aber ich bin hier schon etwas länger im Rennen.“ Maria sieht mich prüfend an. „Wie alt bist du – 25, 26?“
    „22. Und du?“ Die Frage ist raus, bevor ich sie zurückhalten kann. Aber Maria scheint sie mir nicht übelzunehmen.
    „48. Und ich bin stolz darauf.“ Sie lächelt jetzt, und plötzlich sehe ich, wie die kleine Zauberin in ihren Augenfältchen unter dem schwarzen Kajalstift hervorblitzt und sich Marias Mund zu einem sinnlichen Versprechen wölbt, als würde mir die junge Sophia Loren einen großen Teller dampfende Pasta mit sämiger Tomatensoße und grob geraspeltem Parmesan anbieten.
    „Kinders, können wir dann?“ Heiner steht im Studio und sieht uns an. „Herrje, wer hat mich nur auf die idiotische Idee gebracht, dass wir Zeit und Geld sparen, wenn wir die Sprecher gleichzeitig aufnehmen? Also, weiter geht’s.“ Er zieht die Tür hinter sich zu, einen Augenblick später sehe ich ihn durch das Glasfenster im Tonraum hinter uns auftauchen. Maria und ich greifen zu unseren Kopfhörern. Es knackt, kaum dass wir sie aufgesetzt haben, und Heiners Stimme ist zu hören: „Maria, bitte reiß dich jetzt zusammen. Und du, Eric, lass dich nicht von ihr aus dem Konzept bringen. Wir machen weiter bei Szene 23. Maria, sag Hengst, wenn es dich glücklich macht. Und Eric, sei aggressiver. Dieser Mike will das Mädchen ficken und danach vergessen, nicht freundlich um ein zweites Rendezvous bitten. So, wir starten.“
    Auf dem Bildschirm flammt kurz ein blaues Testbild auf, dann sind wieder Mike und Sexy Mandys zuckende Körper zu sehen. „Yeah, I shove it up your hot cunt, bitch!“ , röhrt Mike, und instinktiv beuge ich mich näher ans Mikrophon, kneife die Augen zusammen und mache so gut wie möglich auf harter Kerl.
     
    ***
     
    Eric hieß er also. Maria musste sofort an Eric, den Wikinger, denken, einen Film, den sie vor ein paar Wochen im Fernsehen gesehen hatte. Nun, wie ein Wikinger sah dieser Eric hier nicht aus. Dafür aber gut, sehr gut sogar: groß und schlank, unter dem engen T-Shirt zeichneten sich deutlich trainierte Brustmuskeln ab. Dunkle, kurze Haare, einen Hauch von Dreitagebart um den Mund herum, wie er bei einem Mann in ihrem Alter ungepflegt aussehen würde und bei einem jüngeren ungemein anziehend.
    Jünger, dachte Maria. Genau das ist er: unglaublich jung! Was hatte er gesagt? 22. Sie war mehr als doppelt so alt. Sie könnte seine Mutter sein. Vielleicht sollte sie sich darum auch fühlen wie seine Mutter.
    Tat sie aber nicht.
    Maria war es gewohnt, mit attraktiven Männern zusammenzuarbeiten. Viele Schauspieler verdingten sich nebenher auch als Synchronsprecher, und so hatte Maria schon einige vermeintliche Prachtexemplare kommen und hochgradige Loser wieder gehen sehen: den charmanten Grandseigneur mit den grauen Schläfen zum Beispiel, für den all ihre Freundinnen schwärmten, wenn sie ihn in einem Fernsehkrimi sahen, und der, wenn er sich unbeobachtet fühlte, rülpste, furzte und in der Nase bohrte wie ein kleiner Junge. Oder die durchtrainierten Jungstars aus den Daily Soaps und Comedy-Shows, deren Stimmen werbewirksam auf Filmplakaten angepriesen wurden und die hinter ihrer jugendlich frischen Fassade arrogant und zynisch waren, so vom schnellen Ruhm überrannt, dass sie auf alles herabblickten, was ihrer Meinung nach nicht in ihrer Preisklasse kämpfte. Maria kannte sie alle. Es passierte ihr auch nicht zum ersten Mal, dass ein junger „Kollege“ auf ihre Stimme reagierte. Es machte sie weder an, noch störte es sie, und wen kümmerte es, wenn hinter ihrem Rücken über „die vertrocknete Alte“ gelacht wurde, die „einen nur noch mit ihrer Stimme aufgeilen kann“? Beim ersten Mal hatte sie das getroffen, ja. Heute dachte sie nicht einmal mehr darüber nach. „Prime Meat“ , nannte Heiner diese Jungspunde immer, „aber lass die Lendenfilets mal ein bisschen liegen; die werden nicht mürbe, die werden faulig.“
    Was also hatte dieser Eric, das ihr gefiel?
    Machte es ihr einfach Spaß, Sexy Mandy noch tiefer gurren zu lassen, weil er Mike immer mehr Machismo in die Stimme legte? Übertrug sich einfach nur ein bisschen der Erregung, die sie für diesen Job brauchte und die schon allein deswegen harte

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