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Komm her, Kleiner

Komm her, Kleiner

Titel: Komm her, Kleiner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lola Lindberg
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Arbeit bedeutete, weil der Film alles andere als anregend war, nun doch auch auf sie?
    Maria, du alte Kuh! Unwirsch schüttelte sie den Kopf. Er ist 22, und du bist nicht dumm. Also, konzentrier dich auf das, worum es hier wirklich geht. Und mit einem heftigen Ausatmen stieß sie ein finales „Jaaaaa, jaaaa, oh ja, ich ko- ko- KOMME! “ hervor.
     
    ***
     
    Ich weiß selbst nicht, wie es so weit kommen konnte. Vielleicht lag es daran, dass meine Freundin vor ein paar Monaten mit mir Schluss gemacht hat und seitdem bei mir nicht viel gelaufen ist. Am Film hat es sicher nicht gelegen. Und an Maria selbst? Ich weiß es nicht.
    Nein, eigentlich stimmt das nicht. Ich weiß es schon. Ich finde es nur komisch, das zuzugeben.
    Wer hat die Idee gehabt, noch etwas trinken zu gehen? Heiner, glaube ich. Aber der ist dann ziemlich schnell abgehauen, und Maria und ich sind in dieser Bar sitzen geblieben und haben uns angeschwiegen. Es war kein Schweigen, das irgendwie peinlich wurde; wir waren beide groggy, weil die letzte Stunde im Studio schon ziemlich anstrengend gewesen war, und es reichte uns, bei einem Glas Wein gemeinsam an der Bar zu sitzen, den Rauchkringeln nachzusehen, die von Marias Zigarette aufstiegen, und schweigend durch den Abend zu gleiten.
    Irgendwann lehnte ich mich nach hinten, um mich etwas zu strecken. So fiel mein Blick auf Marias Rücken, und ich sah, dass ihr Pullover nicht besonders lang war. Wie sie da so saß, leicht nach vorne gebeugt und die Ellbogen auf die Theke aufgestützt, war das flauschige Material ein paar Millimeter zu weit nach oben gerutscht und offenbarte einen schmalen, hellen Streifen Haut. Natürlich ist das nichts Ungewöhnliches; im Sommer tragen die Mädchen in meinem Freundeskreis T-Shirts, die mehr entblößen, als sie verhüllen. Der schmale Streifen von Marias Rücken aber, der nun vor mir lag, zum Greifen nah und doch auf eine merkwürdige Weise unendlich weit von mir entfernt, zog mich wie magisch an. Ich konnte nicht wegsehen. Immer wieder ließ ich meinen Blick über die wenigen Millimeter wandern, und ich merkte, dass ich einen Kloß im Hals hatte; wie ich plötzlich alles um mich herum ausblendete, wie die Bar, die Musik, der Rauch von Marias Zigarette, ja selbst Maria verschwanden und nichts anderes übrig blieb als ich und dieser schmale Streifen Haut, der mich anlockte wie ein Köder den Fisch. Ich sah meine Hand, die sich langsam nach vorne streckte, sah, wie ich den Zeigefinger ausstreckte, immer näher heranging, einen Hauch von der Haut entfernt aber innehielt und nicht Maria, sondern die Luft streichelte; und im nächsten Moment, gerade als ich das Gefühl hatte, mich nach vorne zu beugen und diese köstliche Stelle mit meinen Lippen schmecken und für mich zu erobern zu müssen, merkte ich, dass ich mir dies alles nur einbildete, dass es Gedanken waren, die sich verselbständigten, während ich einfach nur dasaß und auf Marias Rücken starrte.
    „Na?“ Marias Stimme klang rauh. „Gefällt dir das?“
    Ich riss mich von dem Anblick los, und wieder hatte ich das Problem, dass ich, was mein Denken gerade noch gefesselt hatte, nicht zusammenbringen konnte mit dem, was ich sah: Marias freundliches, aber müdes Gesicht.
    „Ich weiß nicht.“ Mehr konnte ich nicht sagen.
    Maria sah mich lange an, zog dann noch einmal an ihrer Zigarette. Ich sah, wie sie die Kippe im Aschenbecher vor ihr ausdrückte, wie sie den Rauch durch ihren geöffneten Mund ausfahren ließ, so dass er wie ein Schleier über ihr Gesicht glitt und sich über ihrem Kopf in immer dünner werdenden Wirbeln auflöste. Ich hörte, wie sie „Zahlen!“ zum Barkeeper sagte. Maria legte einen Schein auf die Theke, stand dann auf und griff nach ihrer Jacke. Ich blieb wie betäubt sitzen.
    Maria hatte ihren Mantel angezogen und strich sich mit der Hand eine blassrote Haarsträhne hinter das Ohr. Sie sah mich nicht an, als sie fragte: „Findest du mich attraktiv?“
     „Ich ... ich weiß nicht.“ Hätte ich einfach ja sagen sollen, ohne zu wissen, ob ich es ernst meinte?
    Maria nickte. Sie sah nicht beleidigt aus, eher erleichtert, auch wenn ich nicht verstand, warum. Dann spielte ein Lächeln um ihre Lippen, und sie sah mir direkt in die Augen. „Möchtest du mitkommen?“
    Ohne zu zögern, stand ich auf, und wir verließen schweigend die Bar.
     
    ***
     
    Sie gingen, ohne ein Wort zu sprechen, durch die Nacht. Es dauerte nicht lange, bis sie vor dem Haus ankamen, in dem Maria wohnte, und wenige

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