Komm, spiel mit mir: Thriller (German Edition)
vorbei und schaue mich ein bisschen um. Vielleicht werde ich das Angebot annehmen«, sagt sie.
»Gut«, sagt er, »sehr gut. Ich werde dir den Campus zeigen.«
Sie folgt ihm durch Flure und über Treppen. Die Klassenräume haben nicht viel mit der Art Schule gemein, die sie früher besucht hat. Überall Teppichboden, gepolsterte Stühle, großzügige Schreibtische, Computernischen, Breitbildfernseher. Es gibt auch eine riesige Bibliothek mit Arbeitsnischen, die auf den See hinausgehen.
»Sehr beeindruckend«, sagt sie.
»Das geht nicht anders, wenn man auf dem internationalen Markt mitmischen möchte«, erklärt er. »Dort ist das meiste Geld zu holen.«
»Welche Fächer werden hier unterrichtet?«
»Die meisten Schüler kommen her, um ihr Englisch aufzupolieren, und nebenbei bieten wir die unterschiedlichsten Freizeitsportarten an.«
»Welche?«
»Skilanglauf und Abfahrt, Snowboarden. Mountainbiken, Kajakfahren, Rafting, Reiten. Was immer verlangt wird, wir bieten es an.«
Sie gibt sich interessiert und nickt. Was zum Teufel tut sie hier? Sie unterhält sich lächelnd und nickend mit dem Mann, der möglicherweise ihre Schwester auf dem Gewissen hat? Aber nur möglicherweise. Im Zweifel für den Angeklagten, heißt es nicht so?
»Warum bist du zurückgekommen?«
Er sieht überrascht aus, zuckt die Achseln. »Hübsche Stadt. Guter Job. Warum fragst du?«
»Nur so. Es ist lange her, dass du von hier weggezogen bist. Ich habe mich einfach gefragt, was dich wieder hergetrieben hat.«
»Ich bin damals nicht gegangen, weil mir der Ort nicht gefallen hätte.«
Warum dann?
»Wo warst du die ganze Zeit?«
»Mal hier, mal da. Ich war für eine Weile im Ausland, hauptsächlich in Australien. Ich bin gern unterwegs. Ich habe Hummeln im Hintern, du verstehst schon.«
Während er spricht, beobachtet sie sein Gesicht. Forscht nach Zeichen von Verlegenheit. Nach ausweichenden Blicken, nach veränderter Mimik, findet aber nichts. Absolut nichts. Wo im Ausland? Wo in Australien? Sind dort auch Kinder verschwunden?
»Und dann bist du zurückgekommen.«
»Hey, was soll das? Ist das hier ein Quiz?«
Sie zuckt die Achseln, lächelt. »Ich bin bloß neugierig.«
»Es hat mir hier immer gefallen, aber der Job wurde mir nach einer Weile zu viel. Die Kinder waren zu frech, nicht wahr, Stephanie? Die Kinder waren zu frech, und die Eltern haben sich ständig über Dinge aufgeregt, die ich nicht ändern konnte.«
»Deswegen bist du weg?«
Er lacht sie an und hebt beide Hände in die Höhe. Eine eingeübte Geste, die charmant wirken soll. »Freche Kinder, nörgelnde Eltern und fordernde Frauen. Frauen, die unbedingt geheiratet werden wollten. Du hast mich erwischt.«
»Lisa?«
Er sieht sie verblüfft an. »Du kannst dich an Lisa erinnern? Wow. Ja, Lisa wollte mich unbedingt heiraten, ich sie aber nicht, und auch sonst niemanden, wo wir schon beim Thema sind. Es war an der Zeit, sich aus dem Staub zu machen, bevor ich in irgendwelche tiefen, bedeutungsvollen Bindungen verstrickt wurde.«
»Hättest du ihr das nicht einfach sagen können?«
»Klar, schon. Aber ich hatte damals einfach das Gefühl, dass es Zeit für einen Ortswechsel war.«
Sie haben das Gebäude verlassen und stehen jetzt auf einer breiten Holzterrasse. Vielleicht steckte tatsächlich nicht mehr dahinter, vielleicht ging es nur um Lisa. Er zeigt auf den See. »Wunderschön, nicht wahr? Als mir der Job angeboten wurde, habe ich mich daran erinnert, wie schön es hier ist. Ich musste einfach zusagen.«
Der See an jenem Nachmittag. Das Glitzern auf dem Wasser. Das Flugzeug, das über den Bergen auftaucht.
»Hat man dir schon mal gesagt, dass du wie deine Mutter aussiehst?«
»Schon eine Weile nicht mehr.«
»Das ist ein Kompliment. Deine Mutter war eine sehr gutaussehende Frau. Um ehrlich zu sein, ich hatte vor Minna immer ein bisschen Angst.«
»Angst?«
»Ja. Deine Mutter war eine tolle Frau. Wie ich schon sagte, sie war sehr freundlich zu mir. Aber ich habe immer sehr darauf geachtet, ihr nicht in die Quere zu kommen. Nach allem, was ich erinnere, hatte sie eine scharfe Zunge. Hat Minna immer noch so eine scharfe Zunge?«
Stephanie kann nicht anders, sie muss lächeln. »Ja.«
»Nun, wie sieht es aus, willst du hier aushelfen? Hättest du Interesse?«
»Was würde ich machen?«
»Nächste Woche gehen wir wandern, da könnten wir eine zusätzliche Betreuungsperson gebrauchen.«
»Für wie lange?«
»Nur einen halben Tag. Auf den Matukituki,
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