Komm, spiel mit mir: Thriller (German Edition)
Die Tür ist abgeschlossen.
Falls jemand sie anspricht, hat sie eine Ausrede parat ich habe gehört, hier wäre eine Wohnung frei, ich wollte mir nur mal das Haus ansehen. Stephanie drückt sich die Nase an der Glasscheibe platt. Sie kann vier Wohnungstüren erkennen und eine Treppe, die ins Obergeschoss führt. Sie sieht die Nummern an den Türen. Die Apartments zwei und vier liegen im ersten Stock.
Sie tritt einen Schritt zurück und schaut hinauf. Selbst wenn sie wüsste, in welcher Wohnung er lebt, käme sie nicht ohne weiteres hinein. Die oberen Apartments haben kleine Balkone, die über eine Leiter zu erreichen wären. Aber wahrscheinlich sind die Balkontüren ohnehin abgeschlossen.
Wie weit würde sie kommen, bevor jemand sie entdeckt und die Polizei ruft? Die Idee ist doch verrückt. Total verückt. Sie geht einmal ums Haus herum. Sämtliche Fenster sind geschlossen.
Sie setzt sich ins Auto, fährt nach Hause, holt sich Daves Gewehr und fährt zum Schießstand. So verrückt ist sie geworden. Sie zielt und schießt, und langsam beruhigt sie sich. Laden, zielen, Blick und Hände ruhig halten, sich auf das Ziel konzentrieren, langsam den Abzug betätigen.
Sie wird immer besser.
Ruhig bleiben. Konzentrieren. Zielen, schießen.
Was soll sie nur tun? Wie kommt sie in sein Apartment?
Sie trifft ins Schwarze. Falls sie Dan jemals wiedersieht und mit ihm auf die Jagd geht, wird sie nicht noch einmal versagen. Das schwört sie sich. Sie weiß jetzt, wie man mit einem Gewehr umgeht, fürchtet den Rückschlag und den ohrenbetäubenden Knall nicht mehr.
Sie könnte sich eine Leiter besorgen und einen Arbeitsoverall. Sie könnte sich als Handwerkerin ausgeben ich reinige die Regenrinne. Oder überall klingeln und sagen, sie sei gekommen, um die Stromzähler abzulesen. Nein, es würde nicht funktionieren. Nichts davon.
Was macht er tagsüber? Was hat er für Gewohnheiten, wie sieht sein Alltag aus? Denk nach. Denk nach.
Sie hat die Seitentür seines Wagens geöffnet. Wollte den Erste-Hilfe-Koffer herausholen.
Vormittag. Alle sind im Unterricht. Englisch oder Sporttheorie. Sie stellt ihr Auto abseits der Straße ab. Wenn sie den Haupteingang meidet, kommt sie unbeobachtet auf das Gelände. Sie lässt den Blick über die Straße schweifen und klettert über den Metallzaun. Der Parkplatz liegt abseits der Unterrichtsgebäude. Niemand ist zu sehen. Dort steht sein Geländewagen. Sie kommt geduckt näher. Der Wagen ist nicht abgeschlossen. Vorsichtig öffnet sie die Beifahrertür, steckt einen Arm hinein und tastet blind herum.
Ja, dort auf dem Fahrersitz. Wanaka ist eine sichere Stadt. In Wanaka kann man jedem vertrauen.
Sie nimmt die Schlüssel an sich. Hört ein Auto herankommen. Sie duckt sich und versteckt sich zwischen den Autos. Sie atmet schnell, ihre Kehle schnürt sich zu. Sie hört, wie das Auto stehen bleibt, der Motor verstummt, eine Autotür zugeschlagen wird. Dann hört sie Schritte, die sich über den Parkplatz entfernen. Stille. Stephanie steht auf und rennt los.
Sie setzt sich in ihr Auto und fährt in die Stadt zurück, den Schlüsselbund neben sich auf dem Beifahrersitz. Und wenn die Wohnungsschlüssel nicht dabei sind? Was, wenn er zu seinem Auto geht und bemerkt, dass sie fehlen? Wenn sein Verdacht auf sie fällt?
Fahr weiter. Du kannst das.
Sie schlendert auf das Haus zu, langsam und selbstbewusst. Stellt sich vor die Tür. Apartment zwei oder Apartment vier. Am Bund hängen vier Schlüssel.
Alles ist gut, hier ist niemand, keiner schaut zu.
Der erste Schlüssel lässt sich mit etwas Druck ins Schloss schieben, dann klemmt er. Stephanie muss drehen und ziehen, bis sie ihn wieder herausbekommt. Ihre Handflächen sind klamm und glitschig, sie spürt den kalten Schweiß auf ihrem Rücken.
Gleich kommt jemand, bestimmt kommt gleich jemand, o Gott was mache ich bloß wenn jemand kommt?
Der zweite Schlüssel passt nicht ansatzweise. Der dritte lässt sich problemlos einführen, aber nicht drehen. Der vierte ist ganz offensichtlich ein Zündschlüssel.
Vielleicht klemmt das Schloss und lässt sich nicht so einfach öffnen, ein wenig Fett könnte helfen, sie hat einen Lippenpflegestift in der Handtasche. Sie holt ihn heraus und schmiert etwas davon auf den dritten Schlüssel, der könnte der richtige sein, das dauert alles viel zu lange, wahrscheinlich hat man sie längst bemerkt.
Sie steckt den Schlüssel hinein, dreht. Sie ist drin. Sie geht die Treppe hinauf.
Im Haus ist es still, es
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