Komm stirb mit mir: Thriller (German Edition)
Taschentuch ab, schraubte ihn wieder an die Flasche und steckte sie in die Tasche. Er musste sich beeilen. Er hatte ein paar Selbstversuche mit GHB durchgeführt, und wenn es mit starkem Alkohol wie Brandy gemischt war, konnte die Wirkung schnell eintreten, erst recht bei einer so kleinen und schlanken Person wie Yolanda.
Er beugte sich über sie. »Wir müssen hier weg.«
»Du rufen Polizei, ja?« Sie hatte sich wieder an die Wand gelehnt und sah aus, als würde sie die ganze Nacht da bleiben, wenn es sein musste.
»Ja, aber nicht jetzt. Wir können hier nicht bleiben. Es ist gefährlich. Gefährlich.« Er wiederholte das Wort, um sie zur Eile anzutreiben.
»Meinst du, die kommen wieder?«
Erfreut erkannte er die Panik in ihren Augen und nickte. Dann sah er zu, wie sie sich mühsam aufrappelte, sich die Seiten hielt und sich an der Wand abstützte. Sie schloss die Augen und stöhnte. Aus Angst, sie könnte ohnmächtig werden oder sich wieder übergeben, trat er ein paar Schritte zurück. Aber nach wenigen Sekunden riss sie sich zusammen und tat ein paar unsichere Schritte auf ihn zu, bis ihre Beine nachgaben, sie taumelte nach vorn und landete hart auf den Knien. Er würde ihr wohl helfen müssen, auch wenn die Vorstellung, sie anzufassen, ihm Übelkeit verursachte. Er packte sie am Arm und zog sie hoch.
»Komm schon, Yolanda. Du schaffst das.«
»Wohin gehen wir?«
»Zurück in den Pub.«
»Den Pub?«
»Ja, da kriegen wir Hilfe.«
Sie nickte zustimmend, legte den Kopf schwer auf seine Schulter und ließ sich von ihm führen. Sie stank nach Erbrochenem und Brandy, aber da musste er jetzt durch, es würde ja nicht mehr lange dauern.
Er hatte das Gefühl, dass sie für hundert Meter mindestens eine Stunde brauchten. Im Licht einer Straßenlaterne schaute er zu ihr hinunter und stellte angewidert fest, das sie ihm auf den Mantelärmel gesabbert hatte. Wahrscheinlich hatte sie ihn auch vollgeblutet. Widerliche kleine Schlampe. Was wollte sie damit erreichen? Er versuchte den Arm wegzuziehen, aber sie klammerte sich an ihm fest und taumelte gegen ihn, sie kicherte. Das GHB fing an zu wirken. Er durfte sie nicht mehr loslassen, damit sie nicht von allein ins Wasser stolperte und alles vollends ruinierte. Seine Kleider konnte er wegwerfen, was ihn maßlos wurmte, aber das war es wert, sagte er sich. Es würde sich lohnen, dafür würde er verdammt noch mal sorgen.
Hinter der Biegung sah er in der Ferne den Pub. Von dort war es nicht mehr weit zu seinem Auto, aber er bezweifelte, dass sie es so weit schaffen würde. Sie hatte die Augen geschlossen und brabbelte auf Spanisch vor sich hin, der Kopf hing ihr auf der Brust, er hielt sie mit beiden Armen fest, damit sie nicht stürzte, und zog sie vorwärts. Sie war wie ein Sack Kartoffeln, und er war es langsam leid. Vielleicht sollte er sie richtig auf den Arm nehmen und zum Auto tragen. Falls jemand sie zusammen sah, würden die Leute wahrscheinlich denken, dass sie betrunken war und dass er sie nach Hause brachte. Aber zurzeit waren viel zu viele Bullen unterwegs, und er durfte kein Risiko eingehen.
Während er noch überlegte, was er tun sollte, sah er auf halbem Weg zum Pub die dunklen Umrisse einer kleinen Fußgängerbrücke. Sehr hoch über dem Wasser war sie nicht, aber besser als gar nichts. Er versuchte, Yolanda zu einem weiteren Schritt zu bewegen, doch sie glitt ihm aus den Armen und sackte leise jammernd zu einem kleinen Häufchen Elend zusammen. Sie war bewusstlos. Es ging alles viel zu schnell. Er war außer sich vor Wut, als ihm klar wurde, dass er sie nun doch hochheben und tragen musste. Er stopfte ihr den zerfetzten, feuchten Rock um die Beine, nahm sie auf die Arme und trug sie die kurze Strecke zur Brücke. Warum mussten die immer so verdammt schwer sein? Gott bewahre ihn vor einer Hünin.
Er war schon fast auf der Mitte der Brücke, als er hinter sich eine Klingel hörte. Ein Radfahrer, der auf dem Uferweg in seine Richtung fuhr. Scheiße. Das hatte ihm gerade noch gefehlt. Er konnte nur hoffen, dass der nicht über die Brücke fahren wollte, setzte Yolanda ab und lehnte sie gegen das Eisengeländer. Dann nahm er sie in die Arme, senkte den Kopf und küsste sie. Er schmeckte Blut und Erbrochenes, und ihm wurde schlecht. Er horchte, und Stunden später hörte er endlich die Räder unten auf dem Weg vorbeisausen, gefolgt von einem weiteren Klingeln, als der Fahrradfahrer in der Ferne entschwand.
Tom richtete sich auf, spuckte ins Wasser und
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