Komm stirb mit mir: Thriller (German Edition)
zu ihr und schaute auf sie hinab. Sie zitterte, dennoch sah er Erleichterung in ihrem Gesicht, als sie ihn erkannte. Sie saß reglos auf dem nackten Boden, die Jacke um sich gewickelt, die Arme um die Knie, den Rock eng um die Beine gezogen. Bei genauerem Hinsehen erkannte er, dass der Rock in lange Fetzen geschnitten war. Auch die Strumpfhose war zerrissen, man konnte die nackte Haut ihrer Knie und ihrer Oberschenkel sehen. Er schaute sich hastig um, ob jemand in der Nähe war, dann ging er neben ihr in die Hocke. Da war etwas in ihrem Gesicht. Als er die Hand ausstreckte, um einen dunklen Fleck auf ihrer Wange zu berühren, zuckte sie zurück und schrie auf. In dem wenigen Licht sah er, dass sie an der Stirn und aus Mund und Nase blutete.
»Was ist passiert?«, fragte er sanft, aber da er ihre Tasche nicht mehr sah, konnte er es sich denken. Selbst schuld, warum war sie auch abgehauen? Das hatte sie jetzt davon.
Sie antwortete nicht, und er wiederholte die Frage.
»Männer, zwei Männer. Er …« Sie wich seinem Blick aus und fing wieder an zu flennen. »Sie haben...«, keuchte sie und suchte nach dem richtigen Wort. »… Messer.« Sie machte eine Geste, als hielte sie sich ein Messer an die Kehle.
Er begriff nicht ganz, was genau geschehen war, aber es spielte auch keine Rolle. Wenigstens hatte er sie wieder, auch wenn sie einen abstoßenden Anblick bot. Aber er musste sie beruhigen, er wollte nicht, dass jemand auf sie aufmerksam wurde. Er musste sie hier wegbringen, bevor noch jemand vorbeikam und die Polizei rief.
Er biss die Zähne zusammen und streichelte ihre Hand. Sie war kalt und ekelhaft feucht. »Bitte weine nicht, Yolanda. Ich bin ja da, alles wird gut.«
Ob sie ihn verstanden hatte oder nicht, sein Tonfall schien sie zu beruhigen, sie hörte auf zu heulen und wischte sich mit dem Ärmel über die Augen. Wenigstens hatte er die blöde Schlampe gefunden. Es war nicht so gelaufen, wie er geplant hatte, und er war sauer auf sie, weil sie ihm einen Strich durch die Rechnung hatte machen wollen. Aber wenigstens hatte er sie wieder. Und auch wenn sie noch so abstoßend war, sie würde ihm nicht noch einmal entkommen.
»Es war dumm von dir, einfach wegzulaufen«, sagte er sanft. »Was hast du dir dabei gedacht?«
Sie schüttelte den Kopf und musste sich sofort übergeben. Er schaute weg, bis sie fertig war, und überlegte derweil, wie er sie dazu bringen sollte, mit ihm mitzukommen. Wenn es hart auf hart kam, würde er Gewalt anwenden müssen, aber der Gedanke, sie noch einmal berühren oder gar tragen zu müssen, bereitete ihm wenig Freude.
»Hast du Wasser? Bitte«, flüsterte sie nach einer Weile.
Wofür hielt sie ihn, für einen verdammten Packesel? Er schüttelte den Kopf. »Kein Wasser.« Dann fiel ihm etwas ein. »Aber ich habe Brandy. Cognac, du weißt schon.« Er erinnerte sich, dass das spanische Wort dem französischen sehr ähnlich war. Er zog den großen silbernen Flachmann aus der Tasche, der einst seinem Großvater gehört hatte, und hielt ihn ihr mit seinem wärmsten und strahlendsten Lächeln vor die Nase. »Möchtest du? Wirst dich gleich besser fühlen.«
Das Lächeln schien zu wirken, oder vielleicht war es die Aussicht auf mehr Alkohol, jedenfalls nickte sie langsam.
»Eine Minute. Hier ist es zu dunkel. Ich brauche mehr Licht.« Er stand auf, drehte ihr den Rücken zu und ging zum Kanal. Er schaute nach rechts und links, um sicherzugehen, dass sie allein waren, schraubte den Verschluss ab, zog ein kleines Plastikröhrchen aus der Innentasche seines Mantels und goss den Inhalt in den Flachmann. Eine Schande, einen guten Brandy so zu verhunzen, aber was blieb ihm anderes übrig? Wenigstens würde sie so das GHB nicht schmecken. Er ging zu ihr zurück und hockte sich neben sie, drehte den ovalen Becher vom Flaschenboden ab und schenkte ihr großzügig ein. Er hob den Becher an ihre Lippen und flößte ihr den Brandy langsam ein. Beim ersten Schluck schnappte sie keuchend nach Luft und hustete. Wahrscheinlich brannte es höllisch. Aber sie schien es zu mögen, nahm den Becher in die Hände und leerte ihn in wenigen Minuten.
»Mehr?«
Sie schüttelte den Kopf und klammerte sich an dem Becher fest, als ginge es um ihr Leben. Er wand ihn ihr aus den Fingern und schüttelte die letzten Tropfen auf den Fußboden. Sie hatte Fingerabdrücke auf dem Becher hinterlassen, und er würde ihn sorgfältig saubermachen müssen, sobald er nach Hause kam.
Fürs Erste trocknete er ihn mit dem
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