Komm stirb mit mir: Thriller (German Edition)
aus großer Höhe zu Tode gestürzt, und zwar in Ealing, wo sie auch gelebt hat, nur wenige Häuser von der Kirche entfernt, in der Gemma ermordet wurde. Ich persönlich finde das auffällig. Auf jeden Fall wert, genauer hinzusehen.«
Er wusste selbst, dass das nicht sehr stichhaltig klang. Aber den meisten Menschen konnte man ein Bauchgefühl einfach nicht erklären. Die einzige Begründung, die er für dieses Gefühl vorbringen konnte, waren ein paar Zeilen in einer Mail von Tom an Gemma, die ihn nicht losließen. Tom hatte Gemma gefragt, ob sie Höhen aufregend fand, ob sie dieses Kribbeln kannte, wenn man von einem hohen Gebäude oder einer Klippe in die Tiefe schaute. Nach seiner Rückkehr vom Friedhof hatte Tartaglia die Mail noch einmal gelesen, um sich selbst noch einmal zu vergewissern, warum er das Gefühl hatte, Marion Spears Tod sei eine nähere Untersuchung wert.
Spürst du die Anziehungskraft der Leere? Spürst du dieses Ziehen, wenn du von ganz oben über den Rand nach unten schaust und weißt, dass der Tod ganz nah ist, solltest du dich dafür entscheiden?
»Werden Sie Marion Spear exhumieren lassen?«, fragte Wightman und unterbrach Tartaglia in seinen Gedanken.
Er schüttelte den Kopf. »Vorher müssten wir sehr viel mehr über sie wissen. Fürs Erste konzentrieren wir uns auf die drei Opfer, von denen wir mit Sicherheit wissen. Fangen wir damit an, wo sie gelebt haben.« Er schaute Donovan an. »Sam, irgendwelche Ideen?«
Sie starrte auf die Tafel und wuschelte sich mit den Fingern durchs Haar. »Na ja, Gemma und Ellie haben nur wenige Meilen voneinander entfernt gelebt, was Zufall ist. Eine Verbindung zu Islington kann ich nicht erkennen.«
»Vielleicht ist er beruflich viel in London unterwegs«, sagte Wightman.
»Oder er hat sie übers Internet kennengelernt, und es spielt gar keine Rolle, wo sie wohnen«, warf Dickenson ein, die immer noch verbissen an ihrer Theorie festhielt.
»Aber ich habe doch schon gesagt, er hat Gemma nicht übers Internet kennengelernt«, widersprach Donovan und warf ihr einen genervten Blick zu. »Zumindest haben wir auf ihrem Computer nichts dergleichen gefunden. Es muss da eine andere Verbindung geben. Und was für sie gilt, könnte genauso gut für die anderen gelten.«
»Darüber wissen wir mehr, sobald wir die Ergebnisse von Lauras und Ellies Computern vorliegen haben«, sagte Tartaglia, und im gleichen Moment tauchte die große, schlanke Gestalt von Cornish im Türrahmen auf. Er trug eine glänzend schwarze Aktentasche aus Leder, die Tartaglia noch nie gesehen hatte, und wirkte in seinem maßgeschneiderten silbergrauen Anzug geschniegelt wie eine Schneiderpuppe in der Savile Row.
»Mark, entschuldigen Sie die Störung. Ich muss mit Ihnen reden.«
Cornish wirkte angespannt. Er nahm nur selten die Fahrt von Hendon nach Barnes auf sich, weshalb Tartaglia sofort misstrauisch wurde. Während seine Leute weiter über mögliche Interpretationen der Tatorte spekulierten, folgte er Cornish in Clarkes Büro.
Cornish schloss die Tür und deutete auf Clarkes Stuhl. »Setzen Sie sich.«
»Ich stehe lieber«, entgegnete Tartaglia und wurde noch argwöhnischer. »Nehmen Sie den Stuhl, ist ein kostbares Gut in diesem Büro.«
Er rollte den Stuhl zu Cornish hinüber und setzte sich auf die Schreibtischkante. Cornish begutachtete ihn widerwillig, bevor er mit der Hand über den Sitz wischte und sich behutsam niederließ. Dann öffnete er die Aktentasche und warf Tartaglia eine gefaltete Ausgabe des Evening Standard zu. »Lesen Sie das.«
Als Tartaglia die Zeitung auffaltete und die Titelschlagzeile las, krampfte sich ihm der Magen zusammen. »Metropolitan Police jagt Serienmörder«. Wie um alles in der Welt waren die so schnell dahintergekommen? Unglaublich, wie Journalisten es immer wieder schafften, mit ihren elenden Fühlern in alle noch so unwahrscheinlichen Winkel vorzudringen. Oft spielten Missgunst und Neid eine Rolle, und für ein Schmiergeld oder eine Einladung zum Mittagessen waren manche Leute zu allem bereit. Dabei war es praktisch unmöglich herauszufinden, wer geplaudert hatte. Wie dem auch sei: Dass die Presse schon so früh fast alle Einzelheiten kannte, war eine ausgesprochen schlechte Nachricht.
»Ich bin sicher, das Leck ist nicht bei uns«, sagte er, während er die ersten Absätze überflog. »Keiner meiner Leute würde …«
»Natürlich nicht«, zischte Cornish, doch sein Blick verriet etwas anderes. »Aber fest steht, dass die Informationen
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