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Komm, suesser Tod

Komm, suesser Tod

Titel: Komm, suesser Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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Stenzl?"
    "Nein, danke."
    Wie soll man bei solchen Augen erkennen, ob jemand die Wahrheit sagt oder nicht? Jetzt hat der Brenner einfach gesagt: "Wenn du ihn nicht erschossen hast, muß es doch der Czerny gewesen sein."
    "Sehr witzig. Der Czerny ist mir zwar unsympathisch mit seiner Geschäftemacherei. Aber das mit den Versicherungen ist auch nichts anderes als ein Roulettespiel. Er setzt sein Geld auf verschiedene Menschen und hofft, daß einer von ihnen schon rechtzeitig sterben wird."
    "Hoffentlich kein russisches Roulette."
    "Das ist nicht viel anders als ihr anderen Fahrer, die ihr euer Geld verpokert. Euer Verein spielt im Kellerstüberl", hat die Nicole wieder ganz die resolute Krankenschwester gespielt, "und die Rettungsbündler spielen im
Golden Heart
. Es ist überall das gleiche. Mich überrascht das mit dem Lanz und dem Bimbo überhaupt nicht."
    "Woher weißt du das schon wieder?"
    "Was glaubst du, warum die Kripo heute noch einmal bei mir war?"
    "Vielleicht gefällst du ihnen."
    "Habe ich da ein
Vielleicht
gehört?"
    "Und dich hat es nicht einmal überrascht?"
    "Daß ich der Kripo gefalle?"
    "Daß der Lanz den Bimbo umgebracht hat."
    "Wirklich nicht. Bei den Spielschulden, die der Lanz beim Bimbo gehabt hat."
    "Was du schon wieder alles weißt."
    Sie hat ihn so strafend angeschaut, daß sie ein paar Sekunden den Kopf vollkommen still gehalten hat. Jetzt ist dem Brenner ihr ganz leichter Hansi-Munz-Bart aufgefallen. Aber ob du es glaubst oder nicht, das hat sie nur noch schöner gemacht.
    "Das weiß doch jeder mit euren Spielschulden. Aber die Rettungsbündler sind um nichts besser. Um welche Summe die im
Golden Heart
spielen, das glaubst du nicht."
    "Gehst du ins
Golden Heart
?" hat der Brenner sie gefragt.
    "Früher."
    "Wieso nur früher?"
    "Bevor der Stenzl mein Chef geworden ist. Dem hat ja der Laden gehört. Zumindest die Hälfte."
    "Und wem gehört die andere Hälfte?"
    "Was weiß ich. Seinem Bruder, glaub ich. Aber wie dann vor einem halben Jahr der Stenzl mein Chef geworden ist, wäre es mir komisch vorgekommen, wenn ich am Abend auch noch da hingehe. Noch dazu, wo er mit seinem Bruder zerstritten war."
    "Hast du das der Kripo auch erzählt?"
    "Glaubst du, ich geh mit so einem Sportsakko-Zwilling ins
Golden Heart
?"
    Der Brenner hat sich überlegt, ob das eine Einladung war.
    Aber vorsichtshalber hat er schnell noch was anderes gesagt: "Sakko-Zwilling ist gut. Und doch erkennt man sofort, wer der Chef ist."
    "Sicher. Am Schweißgeruch."
    Die Frauen immer mit ihrem Geruchssinn, hat der Brenner sich noch überlegt, aber nicht näher nachgefragt. Er hat ja noch auf die Einladung zurückkommen müssen. "Jetzt kannst du also wieder ins
Golden Heart
gehen?"
    "Jetzt könnte ich eigentlich wieder hingehen."
    "Heute um zehn?"
    "Da bist du aber der erste von eurem Verein, der sich da hineintraut. Ins Feindesland."
    "Mit dir fürchte ich mich nicht."
    "Papperlapapp!"
    "Also um zehn?"
    "Aber nur, wenn du auch die Tabletten abgibst, die du noch daheim hast."
    Jetzt hat der Brenner ein bißchen dumm geschaut, daß ihn die Nicole mit ihren Röntgenaugen so durchschaut hat.
    "Ich kenne meine Pappenheimer", hat sie ihn angelächelt.
    Und dieses Lächeln hat den Brenner bis zehn Uhr weit mehr beschäftigt als die Frage, wer den Bimbo und den Stenzl umgebracht haben könnte.
    Am Tag darauf hat der Brenner dann aber nicht gewußt, ob er so Schädelweh hat, weil er seine Tabletten abgesetzt hat, oder ob es einfach nur gewesen ist, weil er bis vier Uhr früh mit der Nicole im
Golden Heart
gezecht hat.
    Oder ob es ihm so zu denken gegeben hat, daß die Kellnerin im
Golden Heart
ausgerechnet die Angelika Lanz gewesen ist.
     

8
    Sein Kopf hat sich so angefühlt, als wäre ihm über Nacht ein brummender Ableger gewachsen. Wie er im Spiegel sein blutunterlaufenes Aug gesehen hat, ist es ihm dann langsam wieder eingefallen. Praktisch bruchstückhafte Annäherung, wie er die bruchstückhafte Haut auf seiner Wange betastet hat.
    Der Brenner hat zwar immer dieses rote, pockennarbige Gesicht gehabt. Und immer die zentimetertiefen, senkrechten Wangenfalten, als hätte er zwei Rasierklingen versteckt. Aber heute die ganze linke Gesichtshälfte abgeblättert wie bei einer schlechtlackierten Schaufensterpuppe. Und das linke Ohr komplett taub.
    Natürlich könnte man auch sagen, die Ohrfeige um vier Uhr früh muß noch lange nicht Grund für die Migräne sein. Da ist ja so ein Migräneschädel unberechenbar. Oft einmal ein Anfall

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