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Komm, suesser Tod

Komm, suesser Tod

Titel: Komm, suesser Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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geduldig.
    Aber wie er dann unten drei Minuten auf das Taxi warten hat müssen, ist er fast aus der Haut gefahren. Dann ist es aber flott gegangen, weil nie ist in einer Stadt so wenig Verkehr wie um halb drei Uhr früh.
    Und Gott sei Dank, muß man sagen. Weil wie der schwarze Ford Mondeo und der rote GTI an dem Taxi vorbeigeflogen sind, hätte es womöglich ein paar Tote gegeben, wenn auch noch Verkehr gewesen wäre.
    "Diese Wahnsinnigen!" hat die Taxlerin geflucht. "Die sollen sich den Schädel einschlagen an der nächsten Mauer!"
    Das war auch eine Unfallursache, die du als Rettungsfahrer in letzter Zeit besonders gespürt hast. Die Kamikaze-Duelle von den Führerschein-Neulingen. Weil in den letzten Jahren ist diese Mode aufgekommen, daß sich die Führerschein-Neulinge mit ihren auffrisierten Wägen in der Nacht Autorennen auf den öffentlichen Straßen liefern. Ich sage nur Golf GTI und getönte Scheiben und Spoiler und Schürzen und Wunschkennzeichen und Red Bull und, und, und.
    "Sonst ist es aber sehr ruhig heute", hat der Brenner versucht, die Taxlerin zu beruhigen. Weil einen Moment hat er gefürchtet, sie verfolgt die beiden Wahnsinnigen.
    "Die Nacht vor dem Donauinselfest ist immer ruhig."
    "Die Leute müssen Kraft sammeln für den großen Rausch."
    Weil der Brenner immer ein bißchen Psychologe.
    "Aber die Kamikaze-Fahrer werden trotzdem jeden Tag mehr", hat die Taxlerin den Kopf geschüttelt.
    "Obwohl es schon fast jeden Tag einen aufstellt." "Das hilft nichts", hat die Taxlerin resigniert auf ihr Lenkrad geschlagen. "Auf jeden, der krepiert, kommen drei neue nach.
    Das ist wie bei den Motten, eine kannst du erschlagen, aber die Eier kannst du nicht erschlagen."
    In Döbling, wo die Klara gewohnt hat, war es so ruhig, daß sich der Brenner fast nicht getraut hat, das Gartentor aufzumachen. Diese Hütte zahlt sie aber auch nicht von ihrem Lehrerinnengehalt, hat sich der Brenner noch gedacht, wie sie ihm schon entgegengekommen ist. Weil natürlich, so ein Neid ist fast so schwer totzukriegen wie die ganzen Führerschein-Neulinge.
    Die Klara war ganz normal angezogen, also nicht mordsmäßiger Millionärinnen-Hausanzug, wie es vielleicht zu der guten Adresse gepaßt hätte. Sondern so, als wäre sie gerade aus der Schule gekommen. Weil heute dürfen die Lehrer ja auch schon Jeans tragen, und bei der Klara sogar vollkommen zu Recht, weil die hat immer noch eine Spitzenfigur gehabt.
    "Heute siehst du ja viel besser aus", hat der Brenner gesagt, und das ist wirklich seine ehrliche Meinung gewesen.
    "Halb drei in der Nacht, das ist eben meine Zeit", hat die Klara gelächelt.
    Am liebsten hätte der Brenner gleich mit seinem Fall angefangen. Aber natürlich anstandshalber zuerst nach ihrer Krankheit fragen. Und wie es so geht, wenn man etwas eigentlich gar nicht sagen will, dann sagt man es leicht einmal zu schnell. "Was ist bei der Untersuchung herausgekommen?" hat er gefragt, bevor er richtig bei der Tür drinnen war.
    Die Klara hat ihm einmal in Ruhe einen Platz in ihrem Wohnzimmer angeboten, und dann hat sie gesagt: "Vor einem halben Jahr, bei der ersten Untersuchung hat der Doktor gesagt, meine Chance ist fiftyfifty."
    "Englisch noch dazu."
    "Ja, heute reden die Ärzte nicht mehr lateinisch. Aber er hat eh auf deutsch gesagt: 50 Prozent. Ich hab mir nur gedacht, fiftyfifty klingt besser."
    "Fiftyfifty, wie zwei Gauner, die nach einem Banküberfall fiftyfifty machen."
    "Genau. Als ob man auf jeden Fall etwas zu gewinnen hätte.
    Wenn man krank ist, muß man ja dauernd die Gesunden trösten, daß man ihnen den Schock zumutet."
    "Wem sagst du das. Die Kranken müssen sogar die Rettungsfahrer trösten."
    "Möchtest du was trinken?"
    "Ich möchte wissen, was der Doktor dieses Mal gesagt hat, nicht vor einem halben Jahr."
    "Vielleicht einen Whisky?"
    "Unglaublich, daß ausgerechnet die Doktoren alle soviel saufen", hat der Brenner sie absichtlich mißverstanden, damit sie endlich mit der Sprache herausrückt.
    "Neunzig Prozent", hat die Klara gestrahlt.
    "Neunzigprozentiger Whisky?"
    "Heilungschance."
    "Dann wird's nichts mit St. Erben", hat der Brenner schnell gesagt. Er hat jetzt auch ohne Whisky ein paarmal ordentlich schlucken müssen, bis er wieder etwas herausgebracht hat. "Das mit zwei Uhr früh stimmt aber nicht."
    "Was mit zwei Uhr früh?"
    "Weil du am Telefon gesagt hast, daß es ab zwei wieder besser wird mit der sentimentalen Phase."
    "Es wird nur langsam besser. Nicht hauruckartig, wie ihr Männer

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