Komm und küss mich!: Roman (German Edition)
recht.«
»Lernst du für deine Einbürgerungsprüfung?« erkundigte er sich. »Als ich dich das letzte Mal abgefragt habe, hast du alles durcheinandergebracht. Wie die Regierung ein Gesetz verabschiedet und so.«
»Ich lerne im Flugzeug«, versprach sie. Den Antrag auf amerikanische Staatsbürgerschaft hatte sie zu lange verschoben. Sie hatte immer so viel zu tun, bis ihr eines Tages bewußt wurde, daß sie seit zehn Jahren im Land lebte und immer noch nicht wählen durfte. Noch in derselben Woche hatte sie den Antrag gestellt und bereitete sich jetzt mit Teddys Hilfe auf die Prüfung vor.
»Ich hab’ dich ganz, ganz doll lieb!« sagte sie.
»Ich dich auch.«
»Versprichst du mir, daß du ganz besonders nett zu Holly Grace bist? Du verstehst das wohl nicht, aber es macht sie furchtbar traurig, wenn sie Gerry trifft.«
»Versteh’ ich überhaupt nicht. Gerry ist prima!«
Francesca wußte sehr wohl, daß sie einem Neunjährigen die Feinheiten von Mann-Frau-Beziehungen nicht erklären konnte. Teddy fand sowieso alle Mädchen doof. »Sei trotzdem ganz besonders nett zu ihr, mein Kleiner«, sagte sie.
Nach dem Telefongespräch machte sie sich für den Abend mit Prinz Stefan Marko Brancuzi zurecht. Im gekachelten Badezimmer lagen schon ihre Lieblingsseife und ihr spezielles amerikanisches Shampoo bereit. Das »Connaught« hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die besonderen Toilettengewohnheiten seiner Gäste zu erfahren, welche Zeitungen sie lasen, wie sie ihren Kaffee morgens wünschten und in Francescas
Fall sogar die Tatsache, daß Teddy Kronkorken sammelte. Wenn sie abreiste, wartete immer ein Paket mit einem Vorrat an ungewöhnlichen europäischen Bierflaschendeckeln in der Rezeption auf sie. Sie brachte es einfach nicht übers Herz, ihnen zu sagen, daß Teddys Auffassung von Kronkorkensammeln eher etwas mit Quantität als mit Qualität zu tun hatte. Nach dem letzten Stand hatte er 394 mehr Pepsi- als Coladeckel.
Sie ließ sich ins heiße Badewasser gleiten. Gott, war sie müde! Sie war wirklich urlaubsreif. Überreif. Wie lange sie dieses Leben noch aushalten könnte? Tief im Innern machte sie sich schwere Vorwürfe – sie ließ ihr Kind ständig allein, um rund um den Erdball zu fliegen, an nicht enden wollenden Produktionssitzungen teilzunehmen und dann jede Nacht vor dem Einschlafen stapelweise Bücher durchzublättern. Holly Grace und Naomi hatten mehr Zeit mit Teddy verbracht als sie.
Der Gedanke an Holly Grace ließ sie zu Dallie Beaudine abschweifen.
Ihr kurzes Zusammensein war schon so lange her, daß es nur noch wie purer biologischer Zufall war, daß er Teddy gezeugt hatte. Er war es nicht gewesen, der das Kind geboren oder in den frühen Jahren auf Nylonstrümpfe verzichtet hatte, um orthopädische Kinderschuhe zu kaufen. Er hatte auch nicht nachts wach gelegen und sich Sorgen um die Erziehung eines Kindes gemacht, das einen um vierzig Punkte höheren IQ besaß als er selbst. Francesca hatte seine Persönlichkeit geformt, nicht Dallie Beaudine. Obwohl Holly Grace ihr stark zusetzte, war sie keinesfalls bereit, Dallie auch nur ein Stück weit wieder in ihr Leben zu lassen.
»Ach, nun hör aber auf, Francie! Es ist doch zehn Jahre her«, hatte Holly Grace das letzte Mal gesagt, als sie darüber diskutiert hatten. Sie hatten sich zum Lunch im neueröffneten »Aurora« getroffen. »In ein paar Tagen kommt Dallie in die
Stadt, um mit dem Fernsehen seine Golfturnierkommentare zu besprechen. Gib deinem Herzen einen kleinen Stoß, und laß mich Teddy mit ihm bekannt machen, ja? Teddy hat so viele Geschichten von ihm gehört, und Dallie ist auch neugierig auf Teddy, weil ich schon so viele Wunderdinge berichtet habe.«
»Kommt überhaupt nicht in Frage!« Francesca spießte ein Stückchen geröstete Ente auf ihre Gabel und brachte denselben Einwand wie schon seit Jahren, den einzigen, den Holly Grace zu akzeptieren schien. »Die Zeit mit Dallie war die demütigendste Episode meines Lebens, ich weigere mich, auch nur die allerkleinste Erinnerung daran aufzufrischen. Ich will ihn nie wieder sehen – und Teddy soll auch nichts mit ihm zu tun haben. Du kennst doch meine Gefühle, Holly Grace. Du wolltest mich doch nicht mehr bedrängen.«
Holly Grace war völlig aufgebracht. »Francie, der Junge wird ja schwul, wenn du ihn nicht öfter mit Vertretern des männlichen Geschlechts zusammenkommen läßt!«
»Du bist der beste Vater, den ein Junge sich wünschen kann«, konterte Francesca trocken.
Holly
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