Komm und küss mich!: Roman (German Edition)
ausdruckslos. Falls er Dallies Plan für einen Fehler hielt, ließ er sich das nicht anmerken.
›Das schaffst du nie!‹ flüsterte der Bär.
›Abwarten!‹ antwortete Dallie.
Der Ball schoß in den Himmel und drehte sich nach rechts über das Wasser – schwebte über die Mitte des Sees, dem Ben Hogan und Arnold Palmer und viele andere legendäre Spieler zum Opfer gefallen waren. Der Ball flog eine Ewigkeit, befand
sich aber immer noch über dem See, als er herunterfiel. Den Zuschauern stockte der Atem, sie standen steif da und starrten gebannt zum Himmel, es mutete an wie eine Szene aus einem alten Science-Fiction-Film.
Dann erschollen einzelne Schreie, schließlich ein ohrenbetäubender Lärm, als der Ball das Ufer erreichte und auf dem Grün niederging. Er hüpfte leicht in die Höhe und blieb zehn Fuß vor der Flagge liegen.
Seve legte seinen Ball auf das Grün und puttete, dann schüttelte er traurig den Kopf. Jack puttete sagenhafte sechzig Fuß, aber der Ball blieb am Rand des Lochs liegen. Dallie stand allein auf weiter Flur. Er hatte nur einen Zehnfußputter und war physisch und psychisch völlig erschöpft.
Noch einmal drehte er sich zu Francesca um. Er brachte es einfach nicht übers Herz, sie zu enttäuschen.
33
Dallie warf die Arme in die Luft und hielt dabei den Putter wie eine Siegesstandarte aus dem Mittelalter. Skeet weinte wie ein Baby, von Freude ganz überwältigt. Und so war Jack Nicklaus der erste, der bei Dallie war.
»Hervorragend, Dallie«, sagte Nicklaus. Er legte Dallie den Arm um die Schultern. »Du bist ein echter Champion.«
Dann fiel Skeet ihm um den Hals, klopfte ihm auf den Rücken. Dabei ließ Dallie seine Augen über die Zuschauermenge wandern, bis er endlich gefunden hatte, was er suchte.
Holly Grace brach sich als erste Bahn, dann Francesca, mit Teddy im Schlepptau. Holly Grace kam auf ihren langen Beinen dahergerannt, Beine, die ihr schon auf der High-School Ruhm eingebracht hatten, typisch amerikanische Beine, so schnell wie schön. Holly Grace rannte dem Mann entgegen,
den sie praktisch ihr ganzes Leben lang geliebt hatte, und blieb plötzlich wie angewurzelt stehen. Der Blick aus seinen blauen Augen streifte sie nur kurz und blieb an Francesca hängen. Schmerzlich berührt zuckte Holly Grace zusammen, aber es ging schnell vorbei. In ihrem Innersten gab sie ihn frei.
Teddy holte Holly Grace ein. Mit einem derartigen Gefühlsüberschwang wußte er noch nichts anzufangen. Sie legte den Arm um ihn, dann sahen beide zu, wie Dallie Francesca hochhob, bis ihr lachendes Gesicht auf ihn hinunterschauen konnte. Sie küßte ihn stürmisch, ließ ihre Haare und die albernen Silberohrringe in sein Gesicht baumeln. Die kleinen roten Pantoletten fielen ihr von den Zehen, eine landete auf seinem Golfschuh.
Francesca sah sich suchend um, streckte Holly Grace den Arm entgegen. Dallie setzte Francesca ab, ohne sie loszulassen. Er streckte Holly Grace auch einen Arm entgegen, um beide Frauen in die Arme zu schließen, diese beiden, die ihm alles bedeuteten – die eine seine Jugendliebe, die andere die Liebe seiner reifen Jahre; groß und stark die eine, klein und zierlich die andere, innen ganz weich und außen hart wie Stahl. Dallies Augen suchten Teddy. Aber er spürte, daß der Junge Zeit brauchte, und drängte ihn nicht. Im Augenblick bedeutete es schon viel, daß sie einander zulächeln konnten.
Ein UPI-Reporter schoß das Foto, das am nächsten Tag auf den Titelseiten sämtlicher Sportblätter prangen sollte – einen jubelnden Dallas Beaudine, der Francesca Day hoch in die Luft hielt, und neben ihm Holly Grace.
Francesca mußte am nächsten Tag in New York sein, Dallie hatte die Repräsentationspflichten eines Turniersiegers wahrzunehmen. Daher fanden sie nach dem Spiel kaum Zeit füreinander.
»Ich ruf dich an!« rief er ihr noch zu.
Sie lächelte, dann hatten ihn die Presseleute auch schon in Beschlag genommen.
Francesca, Teddy und Holly Grace flogen gemeinsam nach New York zurück, kamen aber erst mit großer Verspätung an. Es war bereits nach Mitternacht, als Francesca endlich im Bett lag, zu spät für einen Anruf von Dallie. Am nächsten Tag mußte sie zu einer Besprechung über die Einbürgerungszeremonie an der Freiheitsstatue, zu einem Essen für Frauen in der Rundfunkarbeit und zu zwei verschiedenen Konferenzen. Sie ließ ihrer Sekretärin Telefonnummern da, um rund um die Uhr für Dallie erreichbar zu sein. Aber Dallie meldete sich nicht.
Als sie aus
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