Komm und küss mich!: Roman (German Edition)
richtig küssen – den Kuß nur in Gedanken vorwegnehmen. So – und jetzt gehen wir das Ganze mal durch!«
Francesca nahm ihre Position ein, mußte aber noch mal unendlich lange warten, bis alles mit der Beleuchtung stimmte. Dann bemerkte jemand einen Schweißfleck auf Fletchers Morgenmantel, und Sally mußte einen Ersatzmantel aus dem Kostümfundus holen.
Francesca stampfte mit dem Fuß auf. »Wie lange wollt ihr mich denn noch hinhalten? Das lasse ich mir nicht bieten! Ich gebe dir noch genau fünf Minuten, Lloyd, dann gehe ich!«
Er blickte sie eisig an. »Francesca, wir müssen schon professionell sein. Alle hier sind müde.«
»Alle tragen aber nicht zehn Pfund schwere Kostüme. Möchte nicht wissen, wie professionell die sind, wenn sie sich an meiner Stelle totschwitzen.«
»Nur noch ein paar Minuten«, sagte er besänftigend, ballte die Hände zu Fäusten und zog sie dramatisch an seine Brust. »Francesca, mach dir deine innere Spannung zunutze! Nutze sie für deine Szene. Laß sie in Lucinda überfließen – in ein junges Mädchen, das in ein fremdes Land gekommen ist, um einen Fremden zu heiraten. Ruhe, Leute! Still, still, still! Laßt Francesca ihre Spannung fühlen !«
Der Tontechniker, der sich den größten Teil des Tages mit Francescas üppigem Busen beschäftigt hatte, raunte dem Kameramann zu: »Ich würd’ gern ihre Spannung fühlen.«
»Dann stell dich in der Schlange an, Bruderherz!«
Endlich kam der neue Morgenmantel, und die Szene wurde gefilmt. »Rührt euch nicht von der Stelle!« rief Lloyd, als sie fertig waren. »Jetzt brauchen wir nur noch eine Nahaufnahme: Fletcher küßt Francesca auf den Hals. Dann machen wir Schluß für heute. Dauert nur ’ne Sekunde. Seid ihr bereit?«
Francesca hielt stöhnend die Stellung. Jetzt hatte sie so leiden müssen, auf ein paar Minuten mehr oder weniger kam es auch nicht mehr an. Fletcher legte ihr die Hände auf die Schultern und nahm ihr Haar. Es ekelte sie an, von ihm berührt zu werden. Er war richtig ordinär, überhaupt nicht ihr Typ.
»Den Hals ein bißchen tiefer beugen, Francesca«, kam Lloyds Anweisung. »Make-up, wo bist du?«
»Hier, Lloyd.«
»Dann komm mal her!«
Der Maskenbildner sah ihn mit ausdruckslosem Gesicht an. »Was willst du denn?«
»Was ich will?« Lloyd warf in gespielter Verzweiflung die Hände in die Luft.
»Schon gut.« Der Maskenbildner tat zerknirscht. Dann rief er Sally, die hinter der Kamera stand. »Hey, Calaverro, greif mal in meine Kiste und schmeiß mir Fletchers Beißerchen rüber, ja?«
Fletchers Beißerchen !
Francesca fiel aus allen Wolken.
7
»Beißerchen?« kreischte Francesca aufgebracht. »Was soll denn das schon wieder heißen?«
Sally klatschte die verhaßten Objekte dem Maskenbildner in die Hand. »Es ist doch ein Vampirfilm, Süße. Was braucht er denn deiner Meinung nach dazu, einen Lendenschurz?«
Francesca hatte das Gefühl, in einen Alptraum geraten zu sein. Sie sprang von Fletcher Hall weg und stürzte sich auf Byron. »Du hast mich belogen!« schrie sie. »Warum hast du mir nichts davon gesagt, daß es ein Vampirfilm ist? Du hinterhältiger, ausgebuffter … Mein Gott, ich bringe dich vor Gericht. Ich verklage dich auf Schadenersatz, das wird dein Ruin! Wenn du glaubst, ich gebe meinen Namen für … für …« Sie konnte das ominöse Wort nicht noch einmal über die Lippen bringen, absolut nicht. Vor ihrem geistigen Auge sah sie Marisa Berenson über ihr Mißgeschick lachen, bis ihr die Tränen in Sturzbächen über die Alabasterwangen rannen.
Mit geballten Fäusten schrie Francesca: »Du sagst mir jetzt auf der Stelle, wovon dieses elende Machwerk handelt!«
Lloyd rümpfte die Nase, sichtlich beleidigt. »Es geht um Leben und Tod, Blutübertragung, um das Lebenselixier, das von einem Menschen auf einen anderen übergeht. Es geht um metaphysische Dinge, von denen du offenbar nichts verstehst.« Schmollend stolzierte er davon.
Sally schien Gefallen an der Situation zu finden. Sie trat einen Schritt vor, schlug die Arme vor der Brust zusammen und erklärte: »Der Film handelt von ein paar Stewardessen, die ein Haus mieten, in dem’s angeblich spukt. Einer nach der anderen saugt der frühere Besitzer das Blut aus – das ist der gute alte Fletcher, der sich die letzten hundert Jahre oder so in Sehnsucht nach seiner verlorenen Liebe – Lucinda – verzehrt hat. Es gibt auch noch eine Nebenhandlung mit einem weiblichen
Vampir und einem Stripper, aber die setzt erst
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