Komm und küss mich!: Roman (German Edition)
daß das Kostüm völlig unwichtig war. Trotzdem mußte sie etwas unternehmen, um ein Hotelzimmer zu bekommen. Sie war nicht gewillt, noch eine Nacht in einem Haus ohne Zimmerservice zu verbringen.
Ihre hohen Absätze knirschten im Kies, als sie auf das Haus zuging, der Reifrock wippte hin und her. Dieses Mal würde sie sich gar nicht erst mit Lakaien abgeben, da war ihr gestern ein Fehler unterlaufen. Mit ihrer Mängelliste wollte sie sich direkt an den Produzenten wenden. Lloyd Byron hatte behauptet, Schauspieler und Crew müßten zusammenwohnen, um Teamgeist
zu entwickeln, aber das wollte sie ihm nicht abkaufen. Was sie betraf, so mußte man noch lange nicht wie ein Barbar hausen, wenn man an einem renommierten Filmprojekt mitwirkte.
Sie fragte sich zu Lew Steiner durch, dem Produzenten von Delta Blood. Er stand im Foyer des Hauses, wo gerade an der Kulisse für ihre Szene gearbeitet wurde. Sie war schockiert von dem ungepflegten Anblick, den er bot. Klein, dick und unrasiert. Der offene Kragen seines Hawaiihemds gab den Blick frei auf ein goldenes Ankh-Symbol, das er um den Hals trug. Der hätte in Soho gestohlene Uhren verkaufen können, so wie der aussah! Sie kletterte über die Stromkabel, die auf dem Teppich lagen, und stellte sich vor. Er blickte von seinem Klemmbrett auf, und sie ließ ihre Beschwerden vom Stapel, wobei sie sich um einen heiteren Ton bemühte.
»… Sie sehen also, Mr. Steiner, ich kann nicht eine Minute länger in diesem Loch bleiben; das werden Sie sicher verstehen. Ich brauche ein Hotelzimmer, bevor die Nacht anbricht.« Sie schenkte ihm ein einnehmendes Lächeln. »Man findet kaum Schlaf, wenn man Angst hat, von Kakerlaken verspeist zu werden.«
Er widmete sich ausgiebig ihren erhobenen Brüsten, dann holte er sich einen Klappstuhl zum Sitzen. Dabei spreizte er die Beine so weit, bis die Hose ganz stramm um seine Schenkel spannte. »Lord Byron hat mir schon gesteckt, daß du ’n richtiger Hingucker bist. Wollt’s ihm nicht glauben, ich Blödmann.« Er schnalzte mit der Zunge. »Nur die beiden Hauptdarsteller haben Zimmer im Hotel, Süße, das steht so im Vertrag. Das Fußvolk muß sich mit weniger begnügen.«
»Fußvolk?« fuhr sie ihn böse an, jedes Entgegenkommen über Bord werfend. Waren alle Filmleute so schmierig? Irritiert dachte sie an Miranda Gwynwyck. Ob die gewußt hatte, was hier für Bedingungen herrschten?
»Wenn du den Job hinschmeißen willst …« Lew Steiner zuckte mit den Achseln. »Ich hab’ ’n Dutzend Tussis an der
Hand, die sofort deinen Part übernehmen. Seine Lordschaft hat dich angeheuert – nicht ich.«
Tussis! Francesca stand kurz vor dem Explodieren, doch da spürte sie eine Hand auf der Schulter.
»Francesca!« rief Lloyd Byron aus, wirbelte sie herum und küßte ihr die Wange, was sie von ihrem Ärger ablenkte. »Du siehst einfach umwerfend aus! Ist sie nicht wunderbar, Lew? Diese grünen Katzenaugen! Der unglaubliche Mund! Hab’ ich dir nicht gesagt, sie ist perfekt für die Lucinda und das Geld wert, das sie mich gekostet hat?«
Gerade wollte Francesca ihn darauf hinweisen, daß sie ihn bisher keinen Pfennig gekostet hatte, es aber bald tun würde, doch er war nicht zu bremsen. »Das Kleid ist einfach genial. Voll kindlicher Unschuld und trotzdem sinnlich. Ich liebe dein Haar. Alle mal herhören, das hier ist Francesca Day!«
Byron zog sie beiseite. Er zog ein blaßgelbes Tuch aus der Tasche seiner maßgeschneiderten vanillegelben Shorts und betupfte sich die Stirn. »Wir drehen deine Szenen heute und morgen, meine Kamera wird schwelgen! Du hast keinen Text, brauchst also nicht nervös zu sein.«
»Ich und nervös?« fragte sie. Gütiger Himmel, war sie nicht mit Prinz Charles ausgegangen? Wie konnte er sich nur einbilden, dies hier könnte sie nervös machen? »Lloyd, dieses Kleid …«
»Es ist eine Pracht!« Er führte sie ins Wohnzimmer und bahnte sich einen Weg zwischen zwei Kameras und einem Gewirr von Scheinwerfern zur Vorderfront der Kulisse. Dort standen Hepplewhite-Stühle, ein Damastsofa und frische Blumen in alten silbernen Vasen. »In der ersten Einstellung stehst du an diesen Fenstern. Ich leuchte dich von hinten aus, du mußt dich nur bewegen, wenn ich es sage, und dein wunderbares Gesicht in Nahaufnahme zeigen.«
Das Kompliment brach ihrem Ärger die Spitze ab, sie sah ihn etwas freundlicher an.
»Denk nur an deine Aura!« drängte er. »Du hast gesehen, wie Fellini stumme Rollen einsetzt. Obwohl Lucinda kein
Weitere Kostenlose Bücher