Kommandosache HC-9
nächsten Kasten. Soeben fällt mir ein, daß es eigentlich töricht ist, einem Mann zu schreiben, der eine Verabredung nicht eingehalten hat. Solltest Du den üblichen Abdruck meiner Lippen auf dem Papier vermissen, so erinnere Dich daran, daß ich neuerdings Cutlafs-Lackstift benutze. Dazu habe ich mich entschlossen, weil Dich ein abfärbendes Präparat störte.
Dürfte ich Dich, da Du Dich immerhin mit mir verloben möchtest, höflichst bitten, morgen abend zu erscheinen? Ich bin pünktlich um 21 Uhr auf der Dachterrasse des Moonshine-Hotels. Ich warte höchstens fünf Minuten. Wehe Dir, wenn Du nicht eine sehr gute Ausrede mitbringst.
Ein winzig kleines Küßchen, Elis«.
Ich brauchte einige Minuten, bis ich den Inhalt des Briefes verdaut hatte. Gegen meinen Willen begann ich zu lachen. Meine Finger tippten beinahe automatisch auf die »peng-aus«-Taste des Erfrischungsapparates.
Ich war also ein »lieber Schurke«; eine Verabredung hatte ich nicht eingehalten und Ausreden sollte ich mir auch zurechtlegen. Das konnte heiter werden, denn von einer Dame namens Elis Teefer hatte ich noch nie gehört.
Mit ziemlich glasigen Augen sah ich auf die zierliche Handschrift und prägte mir nochmals den Satz ein, in dem sie behauptete, vergeblich auf mich gewartet zu haben.
Kleine Elis …, wenn sie eine Ahnung gehabt hätte, wie alleine ich am vergangenen Abend gewesen war!
Der zweite »peng-aus« wirkte. Das mochte wohl der Grund dafür sein, daß ich gerührt auf das Bild blickte und mit meinen Fingerspitzen über die dunklen Haare strich. Elis hieß sie – Elis!
Der Automat spendete mir ein alkoholfreies Eisgetränk. Als ich dadurch wieder munter geworden war, fiel mir ein, daß ich überhaupt keinen Anlaß hatte, mit einer Anwandlung zärtlicher Gefühle das Bild zu betrachten. Ich wußte nur zu gut, daß ich mit dem vollkommen unverfänglich wirkenden Brief einen Befehl erhalten hatte.
Alles war Tarnung, alles! Ich war Captain Thor Konnat, Spezialagent »ZBV« einer gigantischen Polizeiorganisation, die sich »Geheime-Wissenschaftliche-Abwehr« nannte. Ich war einer von den Männern, die niemand mit richtigem Namen kannte und von denen niemand wußte, womit sie ihren Lebensunterhalt wirklich verdienten.
Für die Bewohner des Apartmenthauses war ich Mister Konnat, Generalvertreter einer Hubschrauberfabrik. Mehr hatten sie nicht über mich erfahren. Aber das genügte auch.
Es gab in meiner Wohnung drei Bildtelefone. Es wäre für den Chef der GWA einfach gewesen, mich zur Befehlserteilung anzurufen. Das hatte ich jedoch noch niemals erlebt, seitdem ich ein Angehöriger dieser Einheit war. Einen »normalen« Polizisten, sogar einen Beamten der Bundeskriminalpolizei, konnte man anrufen, nicht aber einen »Schatten« der GWA.
So etwas gab es einfach nicht! Es gehörte nicht zur Dienstordnung der GWA, zumal es nur einen einzigen Mann gab, der alle Spezialagenten kannte. Das war der Chef, General Arnold G. Reling. Ich stand im Range eines Captains, doch ich hätte mit dem besten Willen nicht sagen können, wie meine Kollegen heißen oder wie sie aussahen. Der letzte Auftrag hatte mich mit zwei Agenten zusammengeführt. Da ich sehr eng mit ihnen zusammenarbeiten mußte, waren sie mir ausnahmsweise bekannt geworden. Ein solcher Sonderfall hatte sich vorher noch niemals ereignet.
Nirgends in der Welt gab es eine Organisation, die derart von Geheimnissen umgeben war wie die GWA. Diese Tatsache wurde mir erneut durch den Brief verdeutlicht, der mir von einer Dame geschrieben worden war, die ich nie in meinem Leben gesehen hatte. Von einem GWA-Mann wurde selbstverständlich verlangt,
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