kommen groß raus
als ihre Mutter gestorben war. Maja hörte gespannt zu. „Das hätte ich mir denken können, als du heute die tollen Kunststücke auf dem Pferd vorgeführt hast“, rief sie. „Komm, erzähl weiter!“
Aber Carlotta schüttelte den Kopf. „Ich habe jetzt genug von mir erzählt. Nun möchte ich etwas über Maja Stuart erfahren und warum sie alles daransetzt, unfreundlich und mürrisch zu tun - obwohl sie eigentlich ziemlich nett ist.“
Maja wurde todernst und errötete. Sie sah einen Augenblick nachdenklich vor sich hin, dann begann sie zu erzählen: „Meine Mutter ist gestorben, als ich noch ein Baby war. Ich bin also allein mit meinem Vater aufgewachsen. Wir wohnten in einem großen Landhaus in der schönsten Gegend Schottlands, die man sich nur vorstellen kann. Ich durfte fast immer frei herumrennen und verbrachte meine Zeit mit Reiten, mit Schwimmen im See und mit Fischen.“
„Musstest du denn nicht in die Schule?“, fragte Car- lotta.
„Doch. Ich bin in die Schule im Ort gegangen. Aber mein Vater ist Schriftsteller und arbeitet zu Hause. Und darum haben wir uns öfter zusammen einen ,Ausrei- ßer-Tag’ gegönnt, wie er das nannte. Oder besser gesagt eine ganze Reihe ,Ausreißer-Tage’! Wir haben uns einfach auf die Pferde geschwungen und sind fischen gegangen oder haben ein Picknick gemacht. Ehrlich, Carlotta, das war das beste Leben, das man sich vorstellen kann!“
Kein Wunder, dass Maja sich nicht einleben kann, dachte Carlotta. Lindenhof muss ihr danach wie ein Gefängnis vorkommen. Aber warum hatte ihr Vater sie plötzlich weggeschickt?
„Und dann kam Mary“, fuhr Maja fort, als hätte sie Carlottas Gedanken gelesen. „Sie war zu Verwandten ins Dorf gezogen, und mein Vater hat sie bei einer Einladung kennen gelernt. Plötzlich war es vorbei mit unseren ,Ausreißer-Tagen’, und er verbrachte jede freie Minute mit ihr. Und bevor mir klar war, was überhaupt geschah, waren die beiden verheiratet. Mary war mit der Art, wie mein Vater mich erzogen hatte, überhaupt nicht einverstanden. Ich begann daraufhin, widerspenstig zu werden und ihr das Leben schwer zu machen. Am Ende war für uns beide nicht mehr genug Platz im Haus. Und da bin ich nun also.“
„Trotzdem finde ich, dass du dich für deinen Vater freuen solltest“, sagte Carlotta. „Ich wäre jedenfalls froh, wenn mein Vater wieder eine Frau fände, die ihn glücklich macht.“
„So habe ich noch gar nicht darüber nachgedacht“, antwortete Maja langsam. „Ich glaube, ich war viel zu viel mit mir selbst beschäftigt.“
„Ganz bestimmt“, sagte Carlotta in ihrer unverblümten Art. „Und ich glaube, deine Stiefmutter hat dir sogar einen Gefallen getan, indem sie darauf bestanden hat, dass du hierher kommst.“
„Ach ja?“ Maja klang ausgesprochen zweifelnd. „Schließlich musst du verschiedene Dinge kennen lernen, um zu wissen, was du im Leben willst“, entgeg- nete Carlotta und klang für die verwirrte Maja in diesem Moment sehr weise und erwachsen. „Wenn du Lindenhof verlässt, kannst du natürlich auf deinen schottischen Landsitz zurückgehen. Aber du könntest dich auch für etwas ganz anderes entscheiden. Zum Beispiel dafür, einen Beruf zu erlernen oder aufs College zu gehen. Tatsache ist jedenfalls, wenn du nicht von zu Hause weggegangen wärst, hättest du eine ganz andere Sicht auf die Welt, und deine Möglichkeiten, zu wählen, wären viel geringer.“
„Du hast Recht“, sagte Maja, der das offenbar einleuchtete. „Ich war ganz schön dumm, nicht wahr? Aber das ist jetzt vorbei, das kannst du mir glauben.“ Carlotta glaubte es ihr.
„Kannst du mir etwas versprechen, Carlotta?“, fragte Maja mit feierlicher Miene.
„Alles, was du willst“, antwortete Carlotta. Diese neue Maja war ihr schon jetzt sehr sympathisch.
„Wenn du siehst, dass ich wieder in meine dumme, alte Art verfalle, dann tritt mich - aber kräftig.“
„Wird gemacht“, lachte Carlotta. „Obwohl das bestimmt nicht notwendig sein wird. Sag, hast du nicht vorhin von Limonade geredet? Von dem vielen Gerede habe ich einen ganz trockenen Hals bekommen!“
Patrizia bringt alles durcheinander
Im Gemeinschaftsraum der ersten Klasse braute sich etwas zusammen. Die Lacey-Zwillinge, die ihre endlose Strafe hinter sich gebracht hatten, hatten genug vom Bravsein und Lust auf ein bisschen Abwechslung.
„Ich glaube, mir fällt ein Streich ein“, verkündete Dora. „Vielleicht für morgen, in Mathe.“
Katie zog die Mundwinkel nach unten
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