Kommissar Joakim Hill - 01 - Die zärtliche Zeugin
Pläne sind von der Straßenbauverwaltung und von der Feuerwehr geprüft worden, und niemand hatte was einzuwenden. Wir schicken dir die Baugenehmigung, sobald alle Papiere unterschrieben sind. Vielleicht treffen sie bereits morgen bei dir ein, aber ich dachte, du würdest das gerne schon heute erfahren.«
»Danke, danke, das ist fürchterlich nett. Das ist fast ein Schock«, erwiderte sie atemlos.
Er lachte zufrieden, fast wie ein Weihnachtsmann, der gerade einer Fünfjährigen mit strahlenden Augen ein besonders schönes Geschenk gegeben hat.
»Ja«, fuhr er fort, »offenbar sitzen die Lieferanten ja bereits in den Startlöchern. Wie ich die Sache sehe, könntest du sofort anfangen oder zumindest spätestens Ende April. Vielleicht könntest du die neue Tankstelle dann noch vor Preem einweihen?«
»Das wäre natürlich klasse«, gab Elin zu, die es noch gar nicht fassen konnte. »Dann hätte die Konkurrenz nichts zu lachen.«
»Ja, wenn das mit der Finanzierung nur in Ordnung geht.«
Es entstand eine verlegene Pause.
»Die geht doch wohl in Ordnung? Du hast doch hoffentlich genug Geld? Nicht, dass dir die Bank jetzt auf einmal den Kredit verweigert?«
Elin hielt das Los so fest zwischen Daumen und Zeigefinger, dass ihre Fingerspitzen weiß wurden. Als wollte sie das Geld sofort aus ihm herauspressen.
Aber – wenn …?
Wenn sie es jetzt einfach nicht in dieser Box mit dem Schlitz verschwinden ließ, wie sie ausgemacht hatten? Wenn sie sich nun weigerte, es für immer aus der Hand zu geben? Wenn sie nichts erfuhren und wenn sie das Geld listig auf ihr Geschäftskonto schleuste? Dann würden sie auch nie etwas erfahren!
»Verlass dich drauf, Pelle. Hier gibt es ausreichend Mittel!«, entschied sie sofort.
Dann ließ sie das Gewinnlos in der tiefen Seitentasche ihres Blaumanns verschwinden, statt in dem Schlitz der Metallbox, die so begierig darauf wartete.
Den ganzen Tag über war das Los eine süße, aufreizende Liebkosung ihres Oberschenkels.
Das Telefonat, das Hill mit Catharina Elgh am Dienstagabend geführt hatte, war überaus erfreulich gewesen. Der Whisky hatte ihm die Zunge gelöst, und nach Vorbild Clint Eastwoods war er sogar etwas vorlaut gewesen.
Sie hatte tatsächlich ziemlich viel ihrer bisherigen Zurückhaltung fahren lassen und gefunden, dass sein Vorschlag recht interessant klinge. Sie versprach, am nächsten Tag gegen halb sechs auf dem Revier vorbeizukommen.
Am nächsten Morgen um Viertel vor acht rief er noch einmal bei der McCraw University in Idaho an, und genau wie er das vorhergesehen hatte, war dieses Gespräch bedeutend weniger erfreulich.
Peter Andersson war nicht gerade die Person, mit der er unbedingt ein weiteres Mal hatte reden wollen, aber leider ließ sich das nicht vermeiden. Es ging darum, ausreichend schwerwiegende Indizien zu finden, um die Mittel zu erhalten, von denen Hill überzeugt war, dass sie sie benötigen würden.
»Yea, it’s Peter.«
Die Stimme klang brummig und verschlafen, und Hill merkte begeistert, dass es in Amerika Nacht sein musste. Erst jetzt machte er sich über die Zeitverschiebung Gedanken.
»Hier ist Kommissar Hill von der Polizei Helsingborg. Ich habe Ihnen noch ein paar ergänzende Fragen zu stellen.«
Er machte sich nicht die Mühe, irgendwelche Höflichkeitsfloskeln zu verwenden, denn aufrichtig gesagt, war es ihm scheißegal, ob er Peter Andersson nun geweckt hatte oder nicht.
»Sind Sie nicht ganz …«, begann der Gaststudent verschlafen.
»Hatten Sie wirklich nie irgendeinen Verdacht, woher Ihr Vater dieses ganze Geld hatte?«
»Hören Sie, das schert mich einen Dreck. Und das gilt auch für Ihre idiotischen Nachforschungen!«
Das Nachlassverzeichnis war bereits an Peter Andersson in Idaho gefaxt worden, und somit wusste er, dass seine Geldquelle endgültig versiegt war. Waren die Kosten der Beerdigung erst einmal beglichen, reichte sein Erbe gerade noch für einen Hamburger.
Daher gab es für ihn keinen Grund, sich bei jemandem aus seiner Heimatstadt anzubiedern, am allerwenigsten bei einem Bullen.
Glaubte er.
»Dann«, antwortete Hill, »muss ich leider den schmerzlichen Schluss ziehen, dass Ihre mangelnde Bereitschaft zur Zusammenarbeit darauf beruht, dass Sie über den Ursprung der beträchtlichen Nebeneinnahmen Ihres Vaters Bescheid wussten.«
»Wie bitte?«
»Und das bedeutet nicht nur, dass wir sofort dafür sorgen können, dass Sie nach Hause geschafft werden, sondern auch, dass der schwedische Staat alles
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