Kommissar Joakim Hill - 01 - Die zärtliche Zeugin
nach hyperaktiven Penetrationswellen. Wellen, die nicht nur die Dunkelheit durchdringen, sondern sogar schwarze Gegenstände. Sie können sich Anwendungsbereiche wie Dechiffrierung, Beweissicherung und Ähnliches vorstellen. Ein Muster hinter dichten schwarzen Oberflächen erkennen zu können, wenn Röntgenaufnahmen unmöglich sind. Wie bei dieser eingemauerten Katze im Tower.«
Hill ahnte die Tragweite des Ganzen, und seine Gedanken kamen unausweichlich auf ein sehr spezielles Anwendungsgebiet.
»Und das ist ganz sicher, dass Sie die Technik noch nicht so weit entwickelt haben, dass sie sich praktisch anwenden lässt?«
»Ja. Darin besteht nämlich das Problem, einen Scanner zu konstruieren, wenn man das mal so nennen will. Einen Bildleser, der empfindlich genug ist, diese minimalen, fast nicht vorhandenen Unterschiede zu erfassen und in ein sichtbares Bild zu verwandeln.«
»Hatte jemand anderes auf irgendeine Art Zugang zu Ihrem Material?«
Am anderen Ende wurde es verdächtig still.
»Herr Heilenen? Hallo?«
»Nein. Dazu hatte niemand Zugang. Allerdings hatten wir vor etwa einem Jahr einen Einbruch. Jemand ist ins Labor eingedrungen, das war ganz klar. Aber nichts war gestohlen, und alles wirkte unberührt.«
Hill war auf einmal ganz Ohr.
Alles unberührt.
Aber unberührt bedeutete nicht ungesehen!
»Könnte jemand alles auf Mikrofilm aufgenommen haben?«
Dieser Gedanke war dem Dozenten sehr unangenehm – das war vollkommen klar. Aber er war schließlich Wissenschaftler und musste dann doch zugeben, dass das nicht auszuschließen sei. Sein singendes Finnlandschwedisch nahm einen verärgerten Ton an, als er dem Kriminalkommissar aus Schweden antwortete: »Doch. Das ist durchaus möglich.«
Hill jubelte innerlich, dankte dem Dozenten für das Gespräch und verabschiedete sich.
Sobald er aufgelegt hatte, klingelte das Telefon erneut.
»Hast du schon mit Harriet gesprochen?«, wollte Anderberg wissen.
Natürlich – Anderberg!
»Harriet? Nein.«
»Gut. Das kannst du dir sparen.«
»Wieso?«
»Ich habe eine schnelle Kontrolle durchgeführt. Nur deinetwegen, wenn du’s genau wissen willst. An der Jacke waren wirklich Überreste der Beschichtung eines Rubbelloses. Nicht viel. Überhaupt nicht viel, verstehst du. Aber da du mir so genau gesagt hattest, wo ich suchen soll, waren sie relativ leicht zu finden.«
Endlich hatte sich das Blatt gewendet! Hill spürte, wie ihm vor Spannung das Rückgrat kribbelte. Jetzt befand er sich auf dem Weg – eindeutig!
»Vielen Dank! Hoffentlich wird es heute Abend richtig nett bei deiner Schwiegermutter. Bis bald!«
Das Ferngespräch nach Idaho konnte er jetzt aufschieben. Joakim Hill hatte für heute genug telefoniert, zumindest dienstlich. Heute Abend würde er sich wirklich einen Whisky und etwas Entspannung gönnen. Erst ein ordentliches Glas zwölf Jahre alten McAllan, dann etwas Brubeck und Coltrane und zum Schluss einen langen Film mit Clint Eastwood und Unmengen Chips!
Und dann natürlich noch ein sehr wichtiges Telefongespräch – mit Catharina Elgh.
Elin Starbeck brauchte die neuen Zapfsäulen wirklich sehr dringend.
Sie hatte sogar bereits einen Antrag für den Ausbau gestellt. Obwohl sie sich bei dem geringen Gewinn, den ihre Tankstelle abwarf, wirklich keinen Ausbau leisten konnte. Trotz aller Beteuerungen des Gegenteils war die Regierung ganz und gar kein Freund der Kleinunternehmer, sondern ihr Feind und der Bettgenosse der Großindustrie.
Die Bedingungen waren für jemanden, der bereits riesige Summen beiseite geschafft hatte, günstig. Aber für die, die im Schweiß ihres Angesichts kämpften, um ihren kleinen Betrieb zu erweitern, gab es eine Sondersteuer nach der anderen.
Ihr hatten die Männer, die zu Besuch gekommen waren, zwar nicht gefallen, aber den etwas älteren hatte sie merkwürdigerweise sogar eine Spur sympathisch gefunden, während es ihr beim Anblick der beiden jüngeren eher übel geworden war. Doch die drei hatten ihr immerhin eine denkbare Lösung für ihr Problem angeboten.
Denn neue Zapfsäulen brauchte sie wirklich. Nagelneue Wayne, Modell 923.22.
So einfach war das. Ohne die würden ihr im nächsten halben Jahr auch noch die letzten Kunden wegbleiben. Preem wollte noch vor den Sommerferien am anderen Ende des Dorfes eine neue Tankstelle eröffnen, wo es dann auch Lebensmittel und sonst alles geben würde. Dann würde sie mit ihren Abendzeitungen, Zigaretten und Losen nicht mehr viel ausrichten können! Das war
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