Kommissar Joakim Hill - 01 - Die zärtliche Zeugin
nichts.
»Aus deiner Trainingszeit«, erinnerte ihn Joansson verschlagen. »Was wird morgen aus dem Training, Hill, wenn ihr nach Småland verschwindet?«
Hill zuckte mit den Achseln.
»Abwarten«, entgegnete er ausweichend und ging mit energischen Schritten zurück zum Automaten.
Der Automat stand offen und bot einem Mann, der vor ihm auf den Knien lag und an ihm herumschraubte, sein kompliziertes Innenleben dar. Offenbar war Hill nicht der Einzige gewesen, der Lust auf einen Becher Java gehabt hatte. Jemand hatte den Wartungsdienst angerufen.
Hill blieb in einigen Schritten Abstand stehen, lehnte sich gegen die Wand und verfolgte, wie der Mann den Automaten auffüllte und den Mechanismus überprüfte. Zum Schluss stand er auf, klopfte sich Staub von der Uniform und füllte endlich den ersehnten Kaffee nach.
Als er die Maschine wieder zugemacht hatte und nach seiner Tasche griff, merkte er, dass Hill ihn beobachtete.
»Tag, Sie haben wohl einen ziemlichen Kaffeedurst?«, meinte er freundlich.
»Richtig«, gab Hill bereitwillig zu und hatte total vergessen, dass der Automat ihm noch zehn Kronen schuldete.
»Ich bin gleich fertig«, versicherte der Servicemann und zog einen Schraubenschlüssel aus seiner Tasche, »ich leere nur noch schnell das Münzfach, wenn ich schon mal hier bin. Können Sie einen Augenblick warten, oder haben Sie’s eilig?«
»Überhaupt nicht. Ich habe alle Zeit der Welt.« Hill seufzte.
Der Mann lächelte unsicher, als habe er durchaus verstanden, dass diese Bemerkung ironisch gemeint war, aber als wisse er nicht, wie er damit umgehen solle. Er hängte den Münzbeutel unter den Behälter, drehte einen Schlüssel herum und ließ die Einnahmen klirrend in den Beutel strömen.
»Fertig. Jetzt bekommen Sie gleich Ihren Becher«, versicherte er. »Ich muss nur noch …«
Sahlman kam die Treppe hinaufgerannt und unterbrach sie.
»Verdammt, Hill! Was machst du hier? Wir haben es eilig! Joansson sagt, dass wir sofort fahren sollen, schnell wie der geölte Blitz, sagt er!«
Hill gab jeden Gedanken an Kaffee und Süßigkeiten auf. Er sah ein, dass das wirklich nicht sein Tag war.
»Verdammt! Die Alte versucht uns reinzulegen!«
Es war kaum zu übersehen: Unerwartetes, Erstaunliches war in Ramseryd im Gang.
Bernard und Adrian starrten auf die Tankstelle, die noch bei ihrem letzten Besuch fast stillgelegt gewirkt hatte. Jetzt wurde gerade mit kleinen Bobcat-Baggern der alte Asphalt abgetragen. Dieser verschwand in großen Müllcontainern, die auf dem bisher immer leeren Vorplatz standen.
An den Zapfsäulen hingen protzige Schilder, die in grellen Farben verkündeten, dass gerade mit einem großen Umbau begonnen worden sei. Ein paar Schilder hingen sogar auf dem Dach, denn die Reklamefirma hatte sie in allen Größen hergestellt. Jetzt wusste wirklich jeder in der Gegend, dass die Besitzerin der Tankstelle zu Geld gekommen war.
»Wegen Umbau geschlossen.«
»Starbecks Benzin baut um – zum Besten der Kunden!«
»Entschuldigen Sie die Unordnung! Willkommen zur Einweihung des neuen, modernen Starbecks Benzin & Service am 1. Juni.«
Sonnengebräunte, kräftige Burschen in durchgeschwitzten T-Shirts bearbeiteten den unmodernen Vorplatz mit Presslufthämmern. Der Zementmischer stand bereit, und die Autos der Bau- und Installationsfirmen drängten sich in der Lichtung.
Hier war Leben – zweifellos waren bei der kleinen Tankstelle große Dinge im Werden.
Es roch nach Geld.
Viel Geld.
Bernard zweifelte keine Sekunde daran, dass das ihr Geld war. Jedenfalls laut ihrer kleinen Abmachung mit Elin Starbeck. Einer Abmachung, gegen die sie offensichtlich frech verstoßen hatte. Auf diese Herausforderung konnten sie nur auf eine Art reagieren.
Sogar Stoján hatte sich interessiert auf der Rückbank aufgesetzt. Er hatte genau denselben Schluss gezogen wie die anderen und ahnte nach den Misserfolgen der vergangenen Nacht neue Vergnügen.
Adrian fuhr ganz rechts langsam an der Tankstelle vorbei. Wie ein enttäuschter Kunde, der es nicht fassen kann, dass die Tankstelle außer Betrieb ist.
Von Elin Starbeck sahen sie nichts, aber das war auch nicht zu erwarten. Wahrscheinlich saß sie in ihrem Hinterzimmer und tat – das wussten die Götter. Sie hatte die Arbeitskräfte, die sie brauchte, angeheuert, und das konnte kaum billig gewesen sein. Offensichtlich machten alle Überstunden, da es bereits fünf Uhr war. Dass das extra kosten würde, war wohl jedem klar.
Aber Adrian übertrieb sein
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