Kommissar Katzorke: Süße Schrippen (German Edition)
einmal wahr.“
Sandor atmete flach. Prüfungsangst war schon jeher sein Problem gewesen. Fast hätte sie ihn sein Abitur gekostet.
„ Weiter!“
Katzorke ermunterte ihn. Miranda fieberte mit.
„ Berlin ist eine Stadt, die man nicht beschreiben kann.“
Schweißperlen bildeten sich an seinem Haaransatz. Er hatte den Eindruck, dass Mirandas Gesicht auf einmal zerknautschte. Er korrigierte sich.
„ Dennoch stellt es eine großartige Herausforderung dar, diese Stadt trotzdem in Worte zu fassen.“
Miranda würde ihn gleich wegen seines holprigen Gestammels auslachen. Nur um ihr Gelächter zu unterdrücken, verkrampfte sie sich so.
Sein Gehirn war auf einmal gähnend leer. Es war deprimierend. Sandor wusste es doch schon längst. In Berlin warteten an jeder Bushaltestelle zehn Autoren darauf, dass eine Chance aus dem Bus springt. Ha, ha! Den Witz hatte er neulich in der Kneipe seinen Kumpels erzählt.
„ Berlin ist nicht nur eine Currywurstbude, ein Dönerimbiss, ein Gewirr von Gebäuden und Straßen, sondern ein Träume spuckender Drache in einem Urstromtal.“
Der Satz stammte aus seinem Drehbuch. Die Schweißperlen machten auf einmal alle gleichzeitig den Abgang. Vor Prüfungen bekam er Angstschübe mit Fieber und Schüttelfrost.
Miranda applaudierte. Katzorke sah überrascht aus.
„ Schön, schön! Für meinen Geschmack etwas zu poetisch, aber das wird schon. Probieren Sie es auch!“
Der Weißhaarige sah Miranda auffordernd an.
Sandor, immer noch zittrig, reichte ihr das Smartphone. Miranda nahm es lässig in die Hand.
„ Vor mir ein großes Altbaufenster. Rechts daneben ein Blumentopf an einem Haken an der Wand. Die Blume darin hat einige vertrocknete Blätter. Durch die Fensterscheibe hindurch erkenne ich am gegenüberliegenden Haus vier Balkone pro Etage, versehen mit schmiedeeisernen Gittern, die bis zum Boden reichen. Die meisten Balkone sind mit Blumenkästen ausgestattet, in denen vor allem rote Geranien blühen. Nur ein Balkon zeigt eine andere Bepflanzung.“
Miranda wirkte souverän. Sandor applaudierte. Katzorke lächelte. Miranda schaltete das Handy aus.
„ Sie beide sind sehr vielversprechend!“
Katzorkes Gesicht hatte einen rosigen Farbton angenommen. Sein schütterer Bartwuchs erschien straffer.
„ High Fidelity Tonqualität! Das Teil ist spitze! Sie haben hervorragend eingekauft, Herr Katzorke.“
Katzorke nickte etwas gelangweilt.
„ Natürlich muss ich mich noch verbessern. Sehe ich selbst. Das Äußere beschreiben, nicht meine Bewertung dessen abgeben.“
Er vermied einen Blick in Mirandas Richtung.
„ Sie werden begeistert sein. Von Miranda und mir.“
Katzorke lachte. Er hatte wohl bemerkt, dass Miranda immer noch hin und her überlegte. Immerhin widersprach sie dem lustigen Rotschopf nicht.
„ Perfekt! Ich freue mich, zwei so talentierte Mitarbeiter für diesen Dienst gefunden zu haben!“
Miranda wunderte sich.
„ Dienst?“
Seltsamer Begriff für diesen Job. Sie maß den Bettlägerigen mit prüfenden Blicken. Sicher konnte er ihnen nichts zuleide tun. Aber seltsam war das alles. Zum Glück konnten sie den Job ja jederzeit wieder kündigen. Er verlangte offensichtlich keine Unterschrift unter einen Vertrag.
„ Einverstanden, Herr Katzorke! Probieren wir es miteinander aus.“
Sie strich sich mit einer mondänen Geste eine schwarze Locke aus dem Gesicht. So bewegte sich eine Frau in der bürgerlichen Oberschicht. Sandor war beeindruckt von ihrem Charme.
„ Wann beginnt unser Dienst für sie, Herr Katzorke.“
Mirandas Betonung auf Dienst ließ einen spöttischen Gedanken erahnen.
Katzorke räusperte sich, kramte eine Lesebrille mit dicken starken Gläsern aus einer Schublade seines Nachtschranks hervor, nahm Papier und Kugelschreiber und schrieb mit dem Gesicht dicht über dem Papier und mit krakeliger Schrift eine zweizeilige Vereinbarung auf.
Dann ließ er sich ihre Personalausweise zeigen, die er sich ungefähr zwei Zentimeter nah vor die Brille hielt.
„ Glasbausteine“, kam Sandor spontan in den Sinn.
Nachdem sie unterschrieben hatten, händigte er ihnen mit geschäftsmäßiger Routine das Smartphone und je zwei große Euroscheine aus.
„ Der Vorschuss! Auf das Handy bitte aufpassen, es ist nicht versichert. Ihr müsst euch mit dem einen noch abwechseln, bis ich ein zweites geliefert bekomme. OK?“
Sie nickten und hatten es dann eilig, sich von ihrem neuen Arbeitgeber zu verabschieden. Er reichte ihnen zum Abschied die Hand.
Als sie
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