Kommissar Katzorke: Süße Schrippen (German Edition)
sich aus den Augen verloren. Man verfolgte verschiedene Ziele, das prägte die Interessen, und kaum war die letzte Verabredung aus Termingründen geplatzt, war unversehens schon wieder ein Jahr vorüber.
„ Schone Gelegenheit für ein Update!“
Fatma wählte Elisabeths Nummer. Sie meldete sich sofort und schien kaum überrascht, die Stimme ihrer alten Schulfreundin zu hören. Vielleicht machte sie auch bloß auf gelangweilt, denn Elisabeth gab sich immer extrem cool. Sie verabredeten sich für den Abend in Mariendorf.
„ Warum ausgerechnet in Mariendorf?“
Fatma suchte nach einer Begründung.
„ Mariendorf ist total angesagt.“
„ Ach ja?“
„ Wusstest Du nicht?“
Elisabeth legte den Hörer auf. Fatmas Frage kam einer Beleidigung gleich.
Einfach aufs Geratewohl polizeiliche Ermittlungen durchzuführen, schätzten vorgesetzte Beamte allgemein nicht. Doch Fatma vertraute ihrem Instinkt. Der hatte sie nur selten im Stich gelassen.
Fatma spürte, dass sie sich nach so langer Zeit ihrer Abstinenz bei Freundinnentreffen auf Elisabeth freute. Sie besaß eine herausragende Eigenschaft, denn sie konnte ohne Punkt und Komma reden, wie ein Wasserfall aus Meinungen und Einschätzungen, was gerade cool und angesagt war. Einmal in Schwung gebracht, konnte kein Feueralarm, Mordanschlag oder Vulkanausbruch sie zum Schweigen bringen.
„ Radio Elisabeth.“
Fatma erinnerte sich an ihren Nicknamen. Den konnte jeder nachvollziehen, der einmal das Vergnügen eines Monologs mit ihr hatte.
Zu Elisabeths Lieblingsthemen zählten auch ihre zahlreichen Allergien. Früher in der Klasse hatte sie sich andauernd gekratzt. Und dann in den Pausen davon berichtet, welches Allergen aktuell dafür verantwortlich war.
Schulstaub vor allem, der war auch Schuld an ihren unterdurchschnittlichen Zensuren.
Bis zum Ende der Pause war sie mit ihrem Vortrag meistens nicht fertig geworden, und wenn ein Lehrer sie dann zu Beginn der Schulstunde um Ruhe bat, hatte sie ihr Schulbuch mit beiden Händen auf den Tisch geknallt und den Pädagogen angefaucht.
„ Wetten, dass Sie nichts Spannendes zu bieten haben!“
„ Ob ihr Temperament inzwischen nachgelassen hat?“
Fatma grinste. Wenn nicht, würde sie abends im Restaurant neben ihr so vollkommen verblassen, dass sie quasi unsichtbar die Betreiber des Restaurants observieren könnte. Ihr Plan gefiel ihr gut.
Zufrieden fuhr sie nach Hause.
Pünktlich um acht Uhr trafen sie sich vorm Restaurant. Elisabeth trug einen roten Regenmantel, der sie gegen Pollenflug und andere Schadstoffe schützte. Nach einer coolen Indianerbegrüßung gingen sie hinein und studierten die Speisekarte.
„ Warum soll dieser Laden hier angesagt sein?“
Elisabeth reagierte enttäuscht beim Anblick des gutbürgerlichen Inventars und der gewöhnlichen Auswahl auf der Speisekarte.
„ Das ist es ja gerade. Noch nichts bemerkt? Diese Schlichtheit! Denk mal an Jägermeister.“
Fatma flüsterte beinahe, während Elisabeth verächtlich die Mundwinkel verzog.
„ Na ja, wenigstens hast Du mich nicht zum Asiaten verschleppt!“
Elisabeth redete mit Vorliebe laut, so dass ihre Umgebung generell alles mitbekam.
„ In der asiatischen Küche verwenden sie mit Vorliebe Gluten. Allein wenn ich an der Küche vorbeikomme, kriege ich Pickel. Dann kannst Du den Notarzt anrufen!“
„ Ach ja, Deine Allergien. Wie geht es dir überhaupt?“
Fatma machte ein besorgtes Gesicht. Erst jetzt bemerkte sie, dass Elisabeth Gummihandschuhe trug.
„ Mit Ganzkörperkondom hervorragend! Sofern ich Klimaanlagen, Schimmelsporen und Schweinefleisch meide. Aus der Küche hier duftet es, da möchte ich gleich wieder gehen.“
Mit kritischen Blicken begutachtete sie die für sie auf der Karte überhaupt essbaren Gerichte.
„ Na, toll! Bei der Auswahl bleibt mir mal wieder nur der vegetarische Vorspeisenteller. Bauernsalat mit Pestiziden wirkt wie ein Attentat gegen mich!“
Elisabeth formulierte noch genauso krass wie auf dem Schulhof.
„ Entschuldige, Elisabeth! Ich frage den Kellner nach möglichen Allergenen. Der sollte sich auskennen mit seinen Gerichten.“
Fatma schien besorgt um das Wohlergehen ihrer Freundin. Von ihrer früher engen Freundschaft war noch Sympathie übrig geblieben.
„ Herr Ober?“
Der Kellner schritt an ihren Tisch und nuschelte eine Höflichkeitsfloskel herunter.
„ Die Damen haben gewählt?“
Fatma sah in ein schmales Gesicht mit zwei sie gelangweilt betrachtenden, braunen Augen. Seine Mimik
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